Genossenschaft als Betreibermodell für das UKGM und die aktuelle Lage
Marburg 28.8.2012 (yb) In den Veranstaltungsraum des neuen ‚Allee-Café‘ in der Ockerhäuser Allee hatte der Betriebsrat des Universitätsklinikums Gießen und Marburg den Marburger CDU-Vorsitzenden und Vorsitzenden der CDU-Stadtverordnetenfraktion Philipp Stompfe eingeladen. Dem CDU-Politiker sollte damit Gelegenheit gegeben werden seine Idee und Gedanken für ein Genossenschaftsmodell zum zukünftigen Betrieb des UKGM vorzustellen. Im anschließenden Pressegespräch begrüßte es die Betriebsratsvorsitzende Bettina Böttcher zunächst ausdrücklich, dass die Diskussionen um die Zukunft der Unikliniken in Marburg „kein politisches Gezänk“ vor Ort ausgelöst haben. Übergreifende Zielstellung müsse bleiben und noch mehr werden „gemeinsames Handeln mit deutlichem Appell an die Hessische Landesregierung.“
Philipp Stompfe schloss sich dem an: „Alle wesentlichen Beteiligten müssen in die Diskussionen eingebunden werden. Das meint natürlich auch die Universität und den Medizin-Dekan. Dabei ist es unerlässlich den Betriebsrat einzubinden, wie es unerlässlich ist die Mitarbeiter mitzunehmen.“ Es müssten weitere und bessere Wege für die Zukunft des UGM gefunden werden.
- „So ist oder wäre es ein absoluter Pluspunkt bei einem Genossenschaftsmodell die Mitarbeiter beteiligen zu können“ führte Stompfe aus.
- Um zukünftig zu leistende Investitionskostenzuschüsse durchzusetzen, müsse grundlegend die Hessische Landesregierung eingebunden werden.
- Hinsichtlich des Rückkehrrechts der Beschäftigten in den Landesdienst hält Stompfe eine „Konkretisierung der Möglichkeiten seitens der Landesregierung“ für notwendig. Es bedürfe dazu präziser Arbeitsplatzbeschreibungen bezüglich zukünftiger anderer Arbeitsplätze. Nicht zuletzt sei dabei die Entfernung vom Wohnort für Rückkehrwillige ein wesentliches Kriterium.
Mehrere Betriebsratsmitglieder artikulierten neben Dankesworten an Stompfe („Heute ist mein bisheriges Bild von CDU ein Stück weit korrigiert worden“), dass neben vielen Aktionen und Überlegungen noch „sehr viele Unbekannte im Spiel“ seien, womit nunmehr die Politik gefordert sei. Bettina Böttcher verwies in diesem Zusammenhang auf die „große Solidaritätswelle in der Bevölkerung, die uns viel Rückhalt gibt und zeigt, dass wir als Beschäftigte nicht alleine da stehen.“ Angesichts „teilweise unsäglicher Beschäftigungsbedingungen“, als Grundlage dafür benannte sie das Fehlen jeglicher Personalmindeststandards, sei zu fordern, dass „Beschäftigte sich nicht krank arbeiten dürfen. Der Stellenabbau ist nach wie vor ein drängendes Thema, ist lange nicht vom Tisch.“ Dabei mache es keinen Sinn zwischen sogenannten ‚patientennahen Bereichen‘ und anderen Bereichen zu unterscheiden. Zum Betrieb eines großen Krankenhauses würden nun mal alle Beschäftigten beitragen.
Angesichts eines möglicherweise erneut bevorstehenden Übernahmeversuchs der Rhön AG durch Fresenius wurde von den versammelten Betriebsratsmitgliedern einmütig die Position vertreten, dass vor dem Hintergrund des Scheiterns der Privatisierung des UKGM mit einem anderen Betreiber die Probleme nicht gelöst würden. „Unser Klinikum gehört zurück zum Land“ sei daher klare Forderung, wobei ein Genossenschaftsmodell eine Option sein könne. In diesem Kontext wurde die „unsägliche Festlegung der Landesregierung auf Fresenius“ scharf kritisiert. Beim Fresenius Konzern gebe es noch höhere Renditeerwartungen als bei Rhön. „Was soll dabei für das UKGM und seine Beschäftigten rauskommen?“
„Gewinne sind nichts anderes als eingesparte Leistungen und werden an die Aktionäre abgeführt anstelle zur Verbesserung des Gesundheitssystems eingesetzt zu werden“ kam als resümierende Einschätzung von einem der Versammelten. „Die Arbeit einer jeder eingesparten Stelle bleibt, aber das Geld geht an die Aktionäre.“
Bezüglich des Rückkaufrechts konstatierte Philipp Stompfe, dass mit einem Kauf von Rhön durch Fresenius eine klare Situation entstehen würde. Wichtig sei zu ermitteln welchen Kaufpreis Rhön erzielen wolle und wie die von der Rhön AG getätigten Investitionen eingerechnet würden. Von daher sei eine Wertermittlung notwendig. Eine Aufgabe für die Stompfe Wiesbaden, also die Landesregierung, am Zuge zieht.
Die gesundheitspolitische Bedeutung der insoweit stellvertretend zu begreifenden Probleme wurde abschließend benannt. Eine Einführung von verbindlichen Personalmindeststandards an allen Krankenhäusern würde signifikant dämpfend auf Investorenbegehrlichkeiten wirken, lautete eine Einschätzung dazu. „Rhön will Investitionskostenzuschüsse“ kam dazu als Hinweis von einem Betriebsrat. „Alles ist besser als privat. Wie kann die Landesregierung bloß denken, dass mit Fresenius einkehren würde?“ blieb als Frage in der Versammlung unbeantwortet.