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Fresenius-Absage zur Rhön-Übernahme beschäftigt Parteien und den Hessischen Landtag

Marburg 5.9.2012 (pm/red) Die SPD-Landtagsfraktion beantragt eine Beratung „des Scheiterns der Landesregierung beim UKGM“, um „das Scheitern des Ministerpräsidenten Bouffier und seiner Landesregierung beim Universitätsklinikum Gießen-Marburg“ noch in dieser Plenarwoche zum Thema zu machen. Es nimmt nicht Wunder, dass nach Bekanntwerden der gescheiterten Übernahmepläne von Fresenius am gestrigen Tag alle Landtagsparteien Stellung bezogen haben. So erscheint es sinnvoll diese Reaktionen zu dokumentieren, also ohne Kürzungen wörtlich zu veröffentlichen. das Marburger. will diesen Überblick geben, den Anfang erhalten die Regierungsfraktionen:

Christean Wagner – CDU: „Die Landesregierung wird auch nach der Ankündigung von Fresenius, nicht ein erneutes Angebot für die Übernahme des Rhön-Konzerns vorlegen zu wollen, die bereits begonnen Gespräche mit Rhön fortsetzen und intensivieren. Für uns stehen dabei die Sicherstellung der Patientenversorgung, die Situation der Beschäftigten und der Erhalt des hohen Standards bei Entwicklung, Forschung und Lehre der Medizin an erster Stelle aller Überlegungen“, reagierte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Christean Wagner, auf die Nachricht, dass die Fresenius SE & Co. KGaA auf absehbare Zeit auf den Versuch, den Betreiber des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (UKGM), die Rhön-Klinikum AG, zu übernehmen, verzichtet. 



Zu den „nach wie vor völlig überzogenen und unsachlichen Äußerungen“ der Opposition erklärte Wagner: „Die Opposition darf das UKGM nicht länger öffentlich beschädigen und schlechtreden. Die unverantwortliche Panikmache verunsichert Mitarbeiter und Patienten und ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Wahrheit ist: Rot-Grün hatte beide Universitätsklinika in Gießen und Marburg in einer desolaten Lage hinterlassen. Mit einem Investitionsstau von 200 Millionen Euro und einem jährlichem Defizit von 10 Millionen Euro standen beide Klinika vor großen Problemen. Eines der beiden Häuser hätte wahrscheinlich geschlossen werden müssen, wenn nicht erhebliche Investitionen getätigt worden wären. Hierzu wäre das Land seinerzeit nicht in der Lage gewesen. Mehr als 360 Millionen Euro wurden nach der Privatisierung in die Errichtung von Gebäuden und in die Modernisierung der Innenausstattung an beiden Standorten investiert. Die Qualität der Ausstattung liegt heute über dem Bundesdurchschnitt. Das Pflegepersonal wird besser bezahlt als zu Zeiten, als die Kliniken noch vom Land alleine getragen wurden. Die Privatisierung hat die Zukunft der Universitätsklinika langfristig gesichert, was auch die erhebliche Steigerung der Patientenzahlen beweist“, hob Wagner hervor.

Matthias Büger – FDP: „Wir als Liberale im Hessischen Landtag bedauern die Absage von Fresenius, keinen erneuten Versuch zur Übernahme der Rhön Klinikum AG machen zu wollen. Von einer Übernahme von Rhön durch Fresenius hatten wir uns einen Schub für die privatisierten Universitätskliniken Gießen und Marburg erwartet, zumal beide potenziellen Partner der Übernahmeofferte positiv gegenüber standen. Nun muss die Rhön AG überlegen, wie sie ohne großen Partner ihr Geschäft weiterführt. In der Vergangenheit wurde das Augenmerk zu einseitig auf die Rendite der Universitätskliniken Gießen und Marburg gerichtet, anstatt das Potential des Wissenstransfers vom Universitätsklinikum in andere Krankenhäuser des Rhön-Konzerns voll auszuschöpfen. Dieser Aufgabe muss sich Rhön nun stellen“, sagte der Sprechers für Hochschule, Forschung und Technologie der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Matthias Büger.

„Seitens der Politik werden wir nun die vor Monaten begonnene Mediation konsequent fortführen. Dabei haben die Mediatoren Friedrich Bohl und Wolfgang Gerhardt unser vollstes Vertrauen. Diskussionen um eine Rücknahme des Universitätsklinikums in Landeseigentum, die schon bislang politisch keinen Sinn ergaben, ist nun auch die rechtliche Basis entzogen und sollten daher von allen Beteiligten beendet werden“, so Dr. Büger abschließend.

 Thomas Spies – SPD: „Bouffier und seine zuständige Ministerin Kühne-Hörmann stehen vor einem Scherben­haufen. Die von ihm vollmundig angekündigte Übernahme durch Fresenius ist endgültig gescheitert. Zwischen Rhön und Kühne-Hörmann ist das Tischtuch durch die nicht gerade diplomatischen Äußerungen der Ministerin zerschnitten. Wir machen uns ernsthafte Sorgen darum, wie diese Landesregierung weiter mit dem UKGM umgehen und verhandeln will“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Thomas Spies am Dienstag in Wiesbaden.

Die SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Spies und Gerhard Merz haben die Erklärung der Fresenius AG, keinen weiteren Übernahmeversuch von Rhön zu unternehmen, als „persönlichen GAU für den Ministerpräsidenten“ bezeichnet. „Bouffier hatte ja betont, die Fresenius-Übernahme sei seine persönliche Initiative gewesen.  Nun steht die Landesregierung vor einem Scherbenhaufen“, sagte Spies. „Nachdem Ministerin Kühne-Hörmann noch vor einigen Wochen erklärte, dass alles besser sei als die Rhön AG, dann ist das jetzt der denkbar schlechteste Fall. Sie muss nun erklären, wie es weitergehen soll“, so Merz.

Nach wie vor seien die zentralen Probleme ungelöst. Die Landesregierung müsse jetzt endlich die wenigen Möglichkeiten des Vertrages nutzen, um die Situation von Forschung und Lehre zu verbessern, die Patientenversorgung auf höchstem Niveau zu halten und vor allem die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten zu verbessern, so die SPD-Politiker. „Es geht nach wie vor um die Lösung der Probleme, die wir ohne die Privatisierung des Klinikums gar nicht hätten. Sie war und ist falsch. Daran besteht für die SPD kein Zweifel“, sagte Spies.
„Besonders in Sachen des drohenden Personalabbaus am UKGM muss die Landesregierung ihre Ankündigung, den Personalabbau zu stoppen, auch in die Tat umsetzen. Sie muss erklären, wie sich dies angesichts des zerrütteten Verhältnis mit Rhön zu machen ist“ sagte der Giessener SPD-Abgeordnete Gerhard Merz.

Kordula Schulz-Asche – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Als „Fiasko“ für die CDU/FDP-Landesregierung sieht die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Scheitern der Übernahme der Rhön AG durch den Fresenius-Konzern. DIE GRÜNEN fordern Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann (CDU)mnauf, umgehend ein Konzept vorzulegen, das sowohl eine gute Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten als auch die Freiheit und Unabhängigkeit von Forschung und Lehre in Gießen und Marburg gewährleistet. Der bei der Privatisierung schlecht ausgehandelte Vertrag, ein auf Privatisierung fixierter Koalitionspartner und eine fehlende Vision seitens der Wissenschaftsministerin machten jetzt dringendes Handeln notwendig.

„Wir fordern seit Monaten eine ernsthafte Prüfung verschiedener Optionen darüber, wie auf lange Sicht das Universitätsklinikum Gießen-Marburg als Standort für exzellente Forschung, Lehre und Patientenversorgung in Mittelhessen erhalten und ausgebaut werden kann. Wir bezweifeln stark, dass die Landesregierung auf den jetzt eingetretenen Fall vorbereitet ist. Einfacher wird die Kooperation mit der Rhön AG auch nicht durch die Äußerungen der Wissenschaftsministerin, die erklärt hatte, alles sei besser als Rhön“, erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin der GRÜNEN, Kordula Schulz-Asche.

„Auch wenn die Landesregierung vollständig und einseitig auf eine Übernahme durch Fresenius gesetzt hat, muss sie jetzt schnellstmöglich mit den Akteuren vor Ort auf Augenhöhe verhandeln und zu einer Einigung kommen. Dazu gehören zentrale Fragen der Kooperation mit den Hochschulen, die Vermeidung von Personalabbau sowie Transparenz bei der Qualität der Patientenversorgung. Das ist die Landesregierung Mittelhessen schuldig“, so Kordula Schulz-Asche.

Janine Wissler – Die LINKE: „Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg ist längst zum Spielball der Finanzmärkte geworden. Nun ist die Übernahme durch Fresenius vom Tisch. Damit geht die Hängepartie für die Beschäftigten weiter. Die Landesregierung tut nichts. Sie hängt ihr Fähnchen in den Wind und verbreitet Floskeln, die der ernsten Situation völlig unangemessen sind. Zu behaupten, die Patientenversorgung stünde im Mittelpunkt, wie das Volker Bouffier in einer Pressemitteilung getan hat, ist eine Mär. Bei einer Aktiengesellschaft stehen nicht die Patienten und Beschäftigten im Vordergrund, sondern die Quartalszahlen.

Und wie äußern sich Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU)? Absolut substanzlos! Der Verdacht, die Landesregierung sei hilflos überfordert mit den Folgen der von ihnen initiierten Privatisierung, verstärkt sich erneut. Die Landesregierung muss ein Konzept vorlegen, wie unter den gegebenen Bedingungen eine Rückführung des UKGM in die Öffentliche Hand vollzogen werden kann und sie muss endliche gesetzliche Personalmindeststandards einziehen, um die Beschäftigten zu schützen.“

Auf die Nöte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Klinikum gingen Bouffier und Kühne-Hörmann gar nicht erst ein, so Wissler. Ebenso fiele kein Wort darüber, wie man nun mit Rhön weiter verfahren wolle, denn immerhin habe die Ministerin zuletzt öffentlich geäußert, alles sei besser für das UKGM als die Rhön AG.

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