Green Economy für ein neues Wirtschaftswunder – Alter Wein in neuen Schläuchen
Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundesumweltminister Peter Altmaier wollen mit einer gemeinsamen Initiative den Umbau der Wirtschaft zu einer nachhaltigen „Green Economy“ beschleunigen. Schavan und Altmaier haben dazu rund 450 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verbänden und Gesellschaft sind zu einer zweitägigen Konferenz nach Berlin eingeladen, um über die Frage zu diskutieren, wie mit marktwirtschaftlichen Instrumenten nachhaltige Produktion, Preisbildung und Konsumverhalten erreicht werden können. Die Konferenz in Berlin soll der erste Schritt auf dem Weg zu einem neuen Forschungsprogramm ‚Green Economy‘ sein. Ziel einer solchen ‚Grünen Ökonomie‘ sei es, die Art des Wirtschaftens in Zukunft ressourceneffizienter, umweltverträglicher und sozial inklusiver zu machen, wird von Seiten des Bildungs- und Umweltministeriums als Veranstalter mitgeteilt. Bringt eine ‚Green Economy‘ neue Impulse und gar einen Ausweg aus der verzehrenden Produktionsweise in Zeiten des Finanzmarktkapitalismus?
Bundesforschungsministerin Annette Schavan gibt sich unbedarft zuversichtlich. Sie machte zum Auftakt der Konferenz deutlich, dass sie eine kohlenstoffarme und ressourceneffiziente soziale Marktwirtschaft anstrebe. „Die Art und Weise wie wir leben und wirtschaften, hat einen enormen Effekt auf unsere Umwelt. Daher wollen wir der Gesellschaft eine Gebrauchsanweisung für praktisches Handeln an die Hand geben, um den Herausforderungen durch Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit wirksam zu begegnen“, sagte Schavan. „Mit der Green Economy verfolgen wir das Ziel, in Zukunft nachhaltige Ideen von der Produktion über die Unternehmensführung bis in die Bereiche Konsum und Recycling in einem Kreislauf miteinander zu verknüpfen.“ So etwas gabe es noch vor wenigen Jahren in Stellungnahmen von Seiten der Grünen zu lesen.
Bundesumweltminister Peter Altmaier möchte das (verbal) um nicht nachstehen. Er betonte: „In Deutschland ist der Prozess eines ‚Greenings‘ der Wirtschaft schon weit vorangeschritten. Mit weniger Rohstoffen, weniger Schadstoffausstoß und geringerem Energieeinsatz als noch vor zehn Jahren erwirtschaften wir heute die gleichen Erträge. Die Marktchancen sind enorm: Energie- und Rohstoffeffizienz werden mehr und mehr zum Wettbewerbsfaktor, Umwelt- und Effizienztechnologien sind Wachstumstreiber entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette.“
Die internationale Staatengemeinschaft (UN) hatte in Rio die Green Economy als zentrales strategisches Instrument für nachhaltige Entwicklung anerkannt. Passiert ist freilich seitdem wenig, viel zu wenig. Wirtschaft und Konsumenten sollen in die Lage versetzt werden, aus eigenem Interesse den Umbau der Wirtschaft zu beschleunigen. Von Beginn an sind Vertreter aus der Wirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbände an diesem Prozess beteiligt, um die praktische Umsetzbarkeit und Anwendungsorientierung sicherzustellen. Doch über Proklamation hinaus ist in den meisten Ländern kaum etwas geschehen.
Deutsche Anbieter haben bei vielen Umwelttechnologien weltweit eine Spitzenposition. Bei den ‚Umweltfreundlichen Energien und der Energiespeicherung leisten sie über einen Weltmarktanteil von 23 Prozent. In der Umweltbranche arbeiten heute bereits über 2 Millionen Menschen. Dann fragt sich Mensch, warum es derzeit so viel Widerstände und Rückzieher in Sachen Energiewende gibt? Warum erklären Vertreter derselben Bundesregierung, dass die „Übertreibungen“ im Bereich der Förderung regenerativer Stromerzeugung abgebaut werden müssten? Dass die Projektförderung der Nachhaltigkeitsforschung in den letzten acht Jahren fast verdoppelt wurde – auf derzeit rund 430 Millionen Euro – erscheint dabei symptomatisch. Ein solcher Betrag ist viel zu wenig. Viel zu viel Wind machen dagegen in dieser Sache zweit angehörige des Bundeskabinetts.