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Schwarz-gelbe Bildungspolitik mit neuer Ministerin Beer im Kreuzfeuer der Oppositionsparteien des Landtags

Marburg 6.9.2012 (pm/red) Eine  Regierungserklärung von Hessens Kultusministerin Nicole Beer (FDP) zur Schulpolitik hat die drei Oppositionsparteien zu Reaktionen verlasst. So erklärte Barbara Cárdenas, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag: „Realität und Regierungserklärung könnten nicht weiter auseinanderliegen. Wenn Nicola Beer wiederholt behauptet, Hessens Schulen gehe es gut, stellt sich die Frage: Warum haben ihre bisherigen Besuche an Schulen offenbar keinerlei Erkenntnisgewinn gebracht?“ Mit ihrer Regierungserklärung habe Beer den Vorwurf zu ihren Amtsantritt, dass sie bisher nicht als kompetente Bildungspolitikerin in Erscheinung getreten ist, jedenfalls nicht entkräften können, meint die Abgeordnete der Linken. „Wirkliche Kenntnis von bildungspolitischen Zusammenhängen war nicht zu erkennen.“

Die einzige Veränderung, die Ministerin Beer zielstrebig in Angriff nehme, sei die Einrichtung eines völlig unsinnigen Landesschulamtes, so Cárdenas. Würde dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt, habe das einerseits einen Stellenabbau von etwa 120 Arbeitsplätzen und andererseits die Schaffung von unnützen hochdotierten Stellen zur Folge.

„Die Ministerin ist neu, aber die Rede war alt“, kommentiert der bildungspolitische Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag, Mathias Wagner die erste Regierungserklärung von Kultusministerin Beer zum Schuljahresbeginn. „Man fragt sich, warum die frühere Ministerin Dorothea Henzler zurück treten musste, wenn Frau Beer die gleichen Reden hält und an der bisherigen Politik nichts ändern will.“ Leider habe auch die vierte Kultusministerin in vier Jahren die Chance für einen Neuaufbruch in der Bildungspolitik verpasst.

Auf Antrag der GRÜNEN stimmt der Landtag mit der Regierungserklärung darüber ab, ob die Beratung zum Landesschulamt vorerst ausgesetzt und der Gesetzentwurf geprüft und überarbeitet wird. „Nach der einhelligen Kritik in der Landtagsanhörung ist das das Mindeste, was geschehen muss. Es macht keinen Sinn, Politik gegen die komplette Bildungsverwaltung machen zu wollen.“

In der laufenden Legislaturperiode zeichne sich die schwarz-gelbe Bildungspolitik vor allem durch gebrochene Wahlversprechen aus, lautet das Urteil von Seiten der GRÜNEN. „Weder gibt es die 105prozentige-Lehrerversorgung noch die Drittelfinanzierung bei der Schulsozialarbeit. Entgegen der Ankündigungen vor der Wahl wurde im Bildungsbereich gekürzt, worunter vor allem die Lehrerausbildung leidet. Und von der versprochenen Ruhe und Verlässlichkeit kann auch keine Rede sein.“  Der Ausbau von echten Ganztagsschulen komme nur im Schneckentempo voran. G8 sei in Hessen grottenschlecht eingeführt worden.

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Heike Habermann bezeichnete die hessische Schulpolitik als „mehr Schein als Sein“ bei der gestrigen Plenardebatte zur Regierungserklärung zum Thema Schule. „Hessens Schulen geht es nämlich nicht gut. Sie haben zwar ein unglaubliches Potential – ihnen fehlt aber die notwendige Unterstützung dieser Landesregierung“, so Habermann.  Ein Schritt zum Besseren sei, G8 zurückzudrehen und die Verkürzung der Gymnasialzeit in der Mittelstufe zu beenden. „Steigende Nichtversetzungszahlen und frühzeitige Schulwechsel sind ein Alarmsignal. Sie belegen eindrücklich, dass erhöhte zeitliche Belastung, Stress und verdichteter Lernstoff Bildungschancen verschlechtern“, so Habermann.

Sie wies darauf hin, dass insbesondere beim Thema Chancengleichheit Hessen einen hohen Nachholbedarf habe. „Wenn die Ministerin behauptet, dass Kinder aus unteren sozialen Schichten in Hessen überdurchschnittlich gute Chancen hätten, ein Gymnasium zu besuchen, dann ist das äußerst fragwürdig.“ So belege der aktuelle Chancenspiegel der Bertelsmann-Stiftung, dass diese Kinder eine 2,8mal geringere Chance haben ein Gymnasium zu besuchen als Kinder aus oberen Sozialschichten.

Auch Habermann appellierte an die Ministerin, darauf hinzuwirken, dass der Gesetzentwurf für ein Landesschulamt zurückgezogen werde. „Der halbherzige Kompromiss zwischen CDU und FDP hat zu einer beispiellosen Anhörungspleite geführt“, so die SPD-Politikerin.

Hessens Schulen ging es auch besser, wenn der Ausbau von Ganztagsschulen endlich entsprechend des Bedarfs gefördert würde, so Habermann. „Die Zahlen des Ministeriums verschleiern die Realität. Von den 847 Schulen im Ganztagsprogramm sind nur 79 Ganztagsschulen mit einem rhythmisierten Schultag für alle Kinder. 80 Prozent dieser Ganztagsschulen gab es bereits vor 1999. 49 davon sind Förderschulen und nur sechs sind Grundschulen“, so Habermann. Auch die Zahl der Kinder, die überhaupt irgendein Nachmittagsangebot wahrnehmen könnten, sei im Vergleich der Bundesländer erschreckend niedrig.
Habermann kritisierte auch, dass man bei der Umsetzung der Inklusion die Aussagen der Ministerin nicht ernst nehmen könne. „Der  strikte Ressourcenvorbehalt bei der Einschulung von Kindern mit Förderbedarf ist der Weg zur Verhinderung von Inklusion und nicht zur Förderung.“

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