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Prognose: Deutsche Wirtschaft wächst 2012 um 0,6 und 2013 um 0,4 Prozent

Marburg 5.10.2012 (pm/red) Die Rezession und der strikte Sparkurs in vielen Euro-Ländern halten die deutsche Konjunktur auf einem Stagnationspfad. Da die wirtschaftliche Dynamik im kommenden Jahr auch außerhalb Europas, insbesondere in den USA, nachlässt, können Impulse aus Übersee die Schwäche wichtiger Handelspartner in der EU immer weniger kompensieren. Die in diesem Jahr noch recht positive Exportentwicklung verliert an Schwung, die Investitionstätigkeit ist insgesamt sehr schwach. Daher wächst das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2012 nur um durchschnittlich 0,6 Prozent, 2013 sind es lediglich 0,4 Prozent. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung setzt dem Rückgang der Arbeitslosigkeit ein Ende – auch wenn der Arbeitsmarkt insgesamt relativ robust bleibt: Die Arbeitslosenzahl sinkt im Jahresdurchschnitt 2012 noch einmal um 80.000 Personen. 2013 wird sie wieder um 90.000 Personen zunehmen, dann werden im Jahresdurchschnitt knapp drei Millionen Menschen ohne Arbeit sein. Der Euroraum findet bis Ende 2013 nicht aus der Rezession. Das BIP der Euroländer wird 2012 um durchschnittlich 0,5 und 2013 um 0,7 Prozent zurückgehen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung in seiner aktuellen Konjunkturprognose.

In diesem eher trüben Gesamtbild machen die Forscher jedoch auch einzelne Lichtblicke aus: Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Krisenländern aufzukaufen, entspannt die Krise im europäischen Währungsraum. Allerdings sieht das IMK die Gefahr, dass dieser Fortschritt blockiert wird, wenn Staaten erst übertrieben harte Sparprogramme beschließen müssen, bevor sie von der EZB unterstützt werden können. Positiv wirkt laut IMK auch die spürbare Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar, weil sie die Exportposition europäischer Unternehmen verbessert. Zudem stützt der relativ kräftige private Konsum in Deutschland die wirtschaftliche Entwicklung. Eine wesentliche Grundlage dafür sind von den Forschern erwartete reale Lohnzuwächse in diesem und im kommenden Jahr.

Gegenüber seiner Prognose vom Juni lässt das IMK die Vorhersage für die deutsche BIP-Entwicklung im Jahr 2012 unverändert. Für 2013 erhöht es die Prognose minimal um 0,1 Prozentpunkte. Die Prognose erfolgt unter der Annahme, dass die Vertrauenskrise im Euroraum durch den neuen Kurs der EZB und die Bereitstellung des permanenten Stabilisierungsfonds ESM abflaut. Allein die Ankündigung der EZB, sie sei zum Eingreifen bereit, habe positiv gewirkt: Das Zinsniveau der am stärksten von der Vertrauenskrise betroffenen Länder sei in kurzer Zeit um gut einen Prozentpunkt gesunken, schreiben die Forscher. „Die EZB hat endlich ihre Rolle als wichtigster Stabilitätsanker der Währungsunion übernommen. Aber das reicht noch nicht, um den Euroraum aus der Krise zu bringen“, sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Der überzogene Sparkurs in vielen EU-Ländern bremst die Konjunktur aus. Die deutsche Wirtschaft bekommt das zu spüren. Noch stärker im kommenden Jahr. Denn dann sollen nach den aktuell gültigen Budgetbeschlüssen auch die USA auf Austerität umschwenken, was die US-Wirtschaft in die Rezession treiben dürfte.“

Das IMK empfiehlt, die Konjunktur im Euroraum zu entlasten. Dazu trage es wesentlich bei, die Sparpakete in den Krisenländern zeitlich zu strecken. „Realistische Konsolidierung, die die Wirtschaft nicht abwürgt, nützt uns allen mehr als plakative Strenge, die ihr Ziel nicht erreicht“, sagt Horn. Parallel dazu sei es wichtig, dass solide Länder wie Deutschland durch zusätzliche staatliche Investitionen in Zukunftsbereiche wie Bildung, Infrastruktur und Kinderbetreuung weitere Impulse geben. Um die notwendigen Mittel zu mobilisieren, müsse die Bundesregierung nicht die Verschuldung erhöhen. Die Wissenschaftler sehen Spielraum für Steuererhöhungen auf hohe Einkommen, Kapitaleinkünfte und große Vermögen. Diese könnten so gestaltet werden, dass sie die Wirtschaftsentwicklung nur wenig belasten.

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