Lernstörungen deutlich häufiger als angenommen
Marburg 11.10.2012 (wm/red) Eine neue Studie, an der 2195 Grundschulkinder aus mehreren Bundesländern teilgenommen haben, belegt, dass bei 13,3 Prozent von ihnen eine Lernstörung vorliegt. Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation zeigen sie schlechtere Leistungen als die Norm in mindestens einer der schulischen Grundkompetenzen Lesen, Rechtschreiben und Rechnen, obwohl ihre Intelligenz weit bessere Leistungen erwarten lassen würde. Bisherige Studien gingen demgegenüber davon aus, dass nur knapp zehn Prozent aller Kinder eine Lernstörung aufweisen.
Die neue Studie wurde im Rahmen des langfristig angelegten Forschungsprojekts RABE durchgeführt und beruht auf aktuellen Methoden der Intelligenz- und Schulleistungsmessung. RABE untersucht die Relevanz des Arbeitsgedächtnisses für das Auftreten von Lernstörungen. Die Studie ergab zudem, dass bei insgesamt 23,3 Prozent der Kinder eine Lernschwäche in einer oder mehrerer der Grundkompetenzen besteht. Sie erbrachten bedeutend schlechtere Leistungen als der Durchschnitt. Bei mehr als der Hälfte dieser Kinder wurde zusätzlich die angesprochene deutliche Diskrepanz zwischen Intelligenz und Leistung und damit eine Lernstörung festgestellt.
„Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, das empirische Wissen zu Lernstörungen zu vertiefen“, erläutert Professor Marcus Hasselhorn, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und einer der Projektverantwortlichen. RABE ist ein Verbundprojekt des DIPF, der Goethe-Universität Frankfurt, der Stiftung Universität Hildesheim und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Das Vorhaben ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsschwerpunktes ‚Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten‘.
Im Rahmen des Forschungsschwerpunktes werden seit 2010 empirisch ausgerichtete Projekte gefördert. Sie sollen dazu beitragen, Kindern und Erwachsenen, die von Störungen im Bereich des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens betroffen sind, eine individuelle, ursachenbezogene Diagnostik und evidenzbasierte Förderung zu ermöglichen.