GRÜNE legen Entwurf zu Tariftreue- und Vergabegesetz in Hessen vor
Marburg 17.10.2012 (pm/red) Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legt einen Entwurf für ein Tariftreue- und Vergabegesetz vor, dass für einen fairen und transparenten Wettbewerb in Hessen sorgen soll. Es schließt eine Regelungslücke weil das 2007 noch unter der CDU-Alleinregierung entstandene Hessische Vergabegesetz wegen Konflikten mit dem Europarecht nicht angewendet werden kann.
„Gerade nach den von uns aufgedeckten und von der Landesregierung zu verantwortenden gravierenden Missständen bei Auftragsvergaben des Landes, bedarf es hier klarer Regelungen statt Aussitzen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion, Kai Klose, zur Initiative seiner Partei. Hessen brauche endlich ein Vergaberecht, das dem Europarecht entspreche und den aktuellen Anforderungen an öffentliche Auftragsvergaben genüge. „Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, endlich ihren Sonderweg zu verlassen, und sich an dem zu orientieren, was im Bund und in vielen anderen Ländern bereits üblich ist“, erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der GRÜNEN. „Gesetzeskonforme Arbeitsbedingungen, nachhaltige Beschaffungsentscheidungen und maximale Transparenz sorgen für fairen Wettbewerb. Sie liegen somit im Interesse der Arbeitnehmerinnen und -nehmer, der Steuerzahlerinnen und -zahler aber auch im Interesse der hessischen Wirtschaft.“
Im Einzelnen setzt der Gesetzentwurf folgende Schwerpunkte:
Mindestlohn: Mit dem Vergaberecht sorgen wir dafür, dass Unternehmen, die für Landesbehörden oder Kommunen arbeiten, in Zukunft einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zahlen müssen. Darüber hinaus müssen sich Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, tariftreu verhalten und die für allgemeinverbindlich erklärten Tariflöhne zahlen. Ausdrücklich ist im Gesetzentwurf geregelt, dass sich auch Nach- und Verleihunternehmen an die gleichen Regeln halten müssen.
Öffentliche Ausschreibungen: Im Gesetzentwurf ist berücksichtigt, dass sich die Anforderungen an das Vergaberecht in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt haben. Um für fairen Wettbewerb zu sorgen und auch neuen Unternehmen eine Chance zu geben, wird die öffentliche Ausschreibung als Standardverfahren bei der Auftragsvergabe durch Landesbehörden oder Kommunen durchgesetzt.
Schwellenwerte für Ausschreibungen: Für die Abwicklung der Konjunkturprogramme sind die Schwellenwerte für freihändige Vergaben drastisch auf 100.000 Euro erhöht worden. Ebenso gelten in Hessen seit den Konjunkturprogrammen erhöhte Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen (200.000 Euro, bei Bauleistungen sogar 1.000.000 Euro). Dadurch wird der Grundsatz ausgehöhlt, dass der Staat grundsätzlich öffentlich ausschreiben muss. Der Gesetzentwurf orientiert sich an den wesentlich niedrigeren Schwellenwerten des Bundesrechts: Entsprechend VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) ist für freihändige Vergaben von Bauaufträgen ein Grenzwert von 10.000 Euro festgelegt. Für die beschränkte Ausschreibung von Bauaufträgen gilt eine Grenze von maximal 150.000 Euro. Bei sonstigen Leistungen betragen die Grenzen für freihändige Vergabe ebenfalls 10.000 Euro und für beschränkte Ausschreibungen 40.000 Euro.
Transparenz: Größtmögliche Transparenz sorgt zusätzlich dafür, dass Korruption begrenzt und fairer Wettbewerb erst möglich wird. Deshalb beinhaltet der Gesetzentwurf, dass die Veröffentlichungspflichten der bundesrechtlichen Vergabeordnungen auch als Standard für Hessen übernommen werden. Dazu gehört auch, dass als unzuverlässig aufgefallene Unternehmen einer zentralen Meldestelle mitgeteilt werden, damit sie für weitere öffentliche Aufträge gesperrt werden können. Der Entwurf regelt, dass die bereits bestehende Meldestelle bei der Oberfinanzdirektion Frankfurt in Zukunft auch verpflichtend von allen hessischen Kommunen benutzt werden muss.
Soziale und nachhaltige Beschaffungskriterien: Für die öffentliche Beschaffung gilt die Anforderung, dass Landesbehörden und Kommunen für Bauleistungen, Dienstleistungen und Waren ökologische und soziale Kriterien festlegen und angemessen berücksichtigen können. Das Gesetz ermöglicht z.B. das FAIRTRADE-Gütezeichen oder auch geeignete Umweltgütezeichen zu verlangen. Alle öffentlichen Auftraggeber werden aufgefordert, jeweils auch die Folgekosten ihrer Beschaffungen zu berücksichtigen und ein individuelles Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln.