Über die Unterhaltungsrepublik Deutschland
Lage/Hörste 20.10.2012 (pm/red) Von Neil Postmann stammte die Betrachtung und das Buch ‚wir amüsieren uns zu Tode‘. Mit dem Zusammenhang von Lernen/bildung und Unterhaltung beschäftigt sich eine Publikation des Marburger Medienwissenschaftlers Prof. Andreas Dörner. Bildungsprozesse können demnach durchaus mit Vergnügen einhergehen, wenn sie unterhaltsam gerahmt werden. Diese Erkenntnis ist eine Leitthes aus dem neuen Buch hervor, das Professor Dörner von zusammen mit Professorin Ludgera Vogt aus Wuppertal publiziert hat.
Herausgegeben im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung, soll der Band ‚Unterhaltungsrepublik Deutschland verdeutlichen, auf welche Weise Unterhaltungsprodukte Anstöße zum Nachdenken bieten können. Wie handeln wir politische und soziale Konflikte aus? Wie organisieren wir ein friedliches Zusammenleben bei ethnischen und kulturellen Differenzen? Welchen Werten folgen wir, welche politischen Identitäten streben wir an?
All das wird in teils spannenden, teils lustigen Geschichten vor aufgen geführt. „Wir hoffen, dass der Band insbesondere in Schulen dazu führen wird, die Reflexion von Politik und Gesellschaft über das Vergnügen mit der Populärkultur weiter in Gang zu bringen“, erklären die Herausgeber. Die insgesamt 20 Beiträge von ausgewiesenen Experten beleuchten ein breites Spektrum von Medien und Formaten. Das gesellschaftliche Leitmedium Fernsehen etwa ist vertreten durch Serien („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, „Lindenstraße“), Talk- und Castingshows, monumentale Geschichtsfilme wie den ZDF-Zweiteiler „Dresden“ sowie durch das allgegenwärtige ‚Reality TV‘, das inszenierte Einblicke in den Alltag vor allem sozial schwacher Bevölkerungsgruppen bietet.
Beim Kinofilm wird die lange Tradition des politischen Films in den USA reflektiert, die teils kritisch, teils affirmativ immer wieder in den Kern des politischen Selbstverständnisses der US-Bürger vorstößt. Aber auch das deutsche Unterhaltungskino bietet Anschauungsmaterial, vom klassischen Heimatfilm bis zu Tom Tykwers „Lola rennt“. Die jüngere Generation, so wird deutlich, sucht ihre politischen Unterhaltungserlebnisse häufiger im Internet, bei „YouTube“-Videos, in Online-Computerspielen oder auf den zahlreichen Fan-Foren im Netz. Berücksichtigung finden auch traditionelle Printmedien, Boulevardzeitungen, Jugendmagazine und Bestseller, die teilweise immense Reichweiten beim Publikum erzielen und mit ihren Verschwörungszenarien die Wahrnehmungswelt der Bürger prägen.
‚Unterhaltungsrepublik Deutschland‘ soll eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme von politischen Bildungsprozessen mit Unterhaltungskultur bieten und als Handreichung für die Praxis dienen. Ein Alleinstellungsmerkmal des Bandes ist die beigefügte DVD. Sie enthält Beispielmaterial aus Film und Fernsehen, Video-Spots, Internetseiten und Zeitungen. Das Buch kann zum Preis von 4,50 Euro bei der Bundeszentrale für politische Bildung erworben werden.
Andreas Dörner, Ludgera Vogt (Hg.): Unterhaltungsrepublik Deutschland – Medien, Politik und Entertainment,
Bonn (Bundeszentrale für politische Bildung) 2012
ISBN 978-3-8389-0258-6, 320 Seiten, 4,50 Euro