83,5 Meter langer Prototyp als weltgrößtes Rotorblatt auf dem Prüfstand
Marburg 23.10.2012 (pm/red) Bei allen lokalen Problemen für Windkraftanlagen, etwa um Standortfragen, geht zugleich die technische Entwicklung in diesem Bereich weiter. Inzwischen können Anlagen mit einer Erzeugungskapazität von 7 MW gebaut werden. Das freilich bedeutet immer größere Rotorblätter. Ein riesiges Frachtschiff passiert die Bremerhavener Doppelschleuse mit nur einem Frachtstück an Bord. Das längste Rotorblatt der Welt, in Dänemark gefertigt, hat am Samstag Kurs auf den Teststand des Fraunhofer IWES genommen. Dort werden Forscher in den nächsten Monaten prüfen, ob das Design des Prototypen Extrem- und Dauerbelastungen eines 25-jährigen Anlagenlebens standhalten kann. Die 2011 eröffnete Prüfeinrichtung ist weltweit die einzige, die Blätter dieser Länge testen kann.
Es gibt nur sehr wenige seiner Art. Der Prototyp des XXL-Rotorblattes, gefertigt von der dänischen Firma SSP Technology, setzt neue Maßstäbe. Eine Windenergieanlage mit diesen Rotorblättern erreicht einen Rotordurchmesser von 171 Metern und kann somit mehr Volllaststunden erzeugen. Rotorblätter sind im Betrieb millionenfachen Lastwechseln durch Änderungen der Windgeschwindigkeit und -richtung ausgesetzt, so dass höchste Anforderungen an das Material gestellt werden. Im Fraunhofer IWES weiterentwickelte Prüfmethoden liefern innerhalb weniger Monaten verlässliche Aussagen über die Belastbarkeit nach Vorgaben des IEC-Standards 61400-23.
Trend zu wachsenden Rotordurchmessern
Wenn die Ergebnisse der anstehenden Prüfungen in Bremerhaven überzeugend sind, kann die Serienfertigung beginnen. Dann könnten sich bereits 2013 in Korea Prototypen der neuartige 7-MW Offshore-Anlagen mit diesen Rotorblättern drehen. Weltweit gibt es derzeit nur eine Testeinrichtung, die Prüfungen dieser Größenordnung durchführen kann. Aufgrund der schnell wachsenden Rotorblattlängen erwies sich die Investition von 11 Millionen Euro in eine Prüfhalle für sehr große Rotorblätter, insbesondere im Offshore-Bereich, als strategisch wichtig und richtig.
„Wir sind froh, dass wir uns bereits vor sechs Jahren für den Bau von so großen Prüfständen entschlossen haben und dabei durch das Land Bremen, das BMU und die EU unterstützt wurden, auch wenn wir damals nicht schon 2012 mit Blättern von über 80 Metern Länge gerechnet haben“, erklärt Falko Bürkner, Technischer Abteilungsleiter Prüfstände am Fraunhofer IWES.
Da die Prüfzeiten aufgrund der niedrigeren Eigenfrequenz sehr langer Blätter zunehmen, müssen sich Hersteller frühzeitig Prüfkapazitäten sichern. Die Prüfhalle ist seit ihrer Eröffnung ausgelastet. Auch größere Blattlängen können am Fraunhofer IWES getestet werden. Hierzu muss lediglich die Blattspitze gekappt werden, die üblicherweise keinen kritischen Bereich in der Konstruktion des Rotorblattes darstellt.