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Folgewirkungen des deformierten Sozialstaats werden untersucht

Marburg 23.10.2012 (pm/red) Den Wohlfahrtsstaat früherer Zeiten gibt es nicht mehr. Er wurde im Lauf der neoliberalen Politiküberformung zurück gedrängt und zerstört. Viele europäische Länder haben als ‚Reformen‘ eingeleitet, wohinter sich rückwärtsgewandte einseitige Maßnahmen zur Begünstigung der Wirtschaft verbergen. Es Leistungen werden zurückgefahren, es wird mehr auf Eigenverantwortung des Einzelnen gesetzt, die zu entwickeln meist gar nicht möglich ist. Aber was bedeutet dies konkret für die Menschen? Wie sind sie abgesichert bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder zu niedrigen Renten? Das ‚Leben im transformierten Sozialstaat‘ untersuchen ab Anfang 2013 die Universität Duisburg-Essen (UDE) und die Fachhochschulen Düsseldorf und Köln in einem gemeinsamen Promotionskolleg.

Das Projekt, das zehn Professorinnen und Professoren hochschultypübergreifend betreuen, wird in den nächsten drei Jahren mit 1,5 Mio. Euro über das Programm ‚NRW.Forschungskooperationen‘ gefördert. Das Land schafft damit erstmals die strukturellen Voraussetzungen für gleichberechtigte Promotionen von FachhochschulabsolventInnen.

Wie wirkt sich die Sozialpolitik bei den Betroffenen aus?
Das Promotionskolleg will – auch international vergleichend – erforschen, wie sich Veränderungen in der Sozialpolitik auf die Zielgruppen der Sozialen Arbeit auswirken. Die sozialpolitische Wirkungsforschung soll damit erstmals systematisch mit der in der Sozialpädagogik etablierten Adressatenforschung zusammengeführt werden. Auf diese Weise kann herausgearbeitet werden, wie sich veränderte sozialpolitische Maßnahmen und Leistungen konkret auf die verschiedenen Zielgruppen auswirken. Ändern sich deren Verhaltensmuster und Lebenslagen? Und wie muss sich die Sozialpolitik und Sozialarbeit darauf einstellen?

Durch die ökonomische Globalisierung, De-Industrialisierung und soziale Modernisierung kann es zu Brüchen und Widersprüchen kommen. Politische Leitziele, Wirkungsweisen der Sozialpolitik und soziale Praktiken der adressierten Gruppen stimmen nicht mehr überein. „Die deutsche Familienpolitik hat neue Leitbilder der geteilten Elternschaft und der Erwerbstätigkeit beider Eltern entwickelt. Aber wie gehen Eltern damit um? Und welche Rolle spielen dabei Geschlecht, Einkommen und sozio-kulturelles Herkunftsmilieu?“, erläutert Prof. Sigrid Leitner eine der leitenden Forschungsfragen. Das Besondere der geplanten Promotionsprojekte ist, dass sie die grundsätzlichen Wirkungszusammenhänge mit der gelebten Alltagspraxis der Betroffenen verknüpfen. Im Fokus stehen vor allem Jugendliche, Erwerbstätige, ältere Menschen, Eltern, pflegende Angehörige sowie MigrantInnen.

Übergreifende Zusammenarbeit
Die genauen Themen werden in den nächsten Monaten ausgearbeitet. Zwölf DoktorandInnen können in dem Promotionskolleg forschen. Das neue Graduiertennetzwerk profitiert von den Erfahrungen eines bereits etablierten Forschungsverbunds: Die Universität Duisburg-Essen koordiniert schon ein von der Hans-Böckler-Stiftung gefördertes Promotionskolleg zur Sozialen Arbeit. Zusammen mit den Fachhochschulen Köln und Düsseldorf, der Hochschule Niederrhein und der Katholische Hochschule NRW wird seit 2011 das Themenfeld ‚Widersprüche gesellschaftlicher Integration. Zur Transformation Sozialer Arbeit‘ erforscht.

Dass nun ein weiteres Promotionskolleg hinzukommt, freut Prof. Klammer. „Es fehlen nicht nur Fachkräfte in den Sozial- und Gesundheitsberufen, sondern auch qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in den entsprechenden, meist von Fachhochschulen getragenen Studiengängen. Sie werden aber dringend gebraucht, um die komplexen sozialstaatlichen Veränderungen an das Fach- und Führungspersonal weiterzugeben.“

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