Tagung zu Leichenpredigten als Medien der Erinnerungskultur
Marburg 25.10.2012 (pm/red) Die Forschungsstelle für Personalschriften an der Philipps-Universität Marburg, eine Arbeitsstelle der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, veranstaltet vom 1.bis 3. November ihre fünfte internationale Fachtagung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Polen, Rumänien, Ungarn, der Schweiz und den USA ziehen ein Resümee der Forschung an und mit Leichenpredigten in der ersten Dekade des Digitalen Zeitalters.
Zugleich sollen – auch im europäischen Kontext – die Perspektiven zur weiteren Erforschung dieser wichtigen biographischen Quellen aufgezeigt werden. Leichenpredigten als Vermittler politischer Normen im Alten Reich und in England stehen im Mittelpunkt von Vorträgen wie auchz die Frage, welche Bedeutung Leichenpredigten bei der Bildung und Gestaltung dynastischer Erinnerungskulturen im Adel zukam. Darüber hinaus wird die bürgerliche Memoria in den Blick genommen.
Der Bogen der Themen spannt sich von den Besonderheiten weiblicher Lebenswelten über die Trauerarbeit von Eltern und die Wahrnehmung tragischer Todesfälle bis zur Darstellung von Grenz- und Raumüberschreitungen auf Reisen. Eingeschlossen in diese Betrachtungen sind dabei Leichenpredigten, die in den historischen Siedlungsgebieten der Deutschen in Ostmitteleuropa gehalten und gedruckt wurden. Dieser Thematik widmen sich mehrere Referate, die beispielhaft entsprechende Quellen aus Schlesien, Siebenbürgen und der Zips vorstellen.
Schließlich werden erste Ergebnisse eines DFG-Projektes präsentiert, in dem die Forschungsstelle für Personalschriften neue Wege der digitalen und inhaltlichen Erschließung der Leichenpredigten und deren Bereitstellung im Internet beschreitet, um damit zugleich die langfristige Sicherung dieser Quellen zu gewährleisten.
Im Mittelpunkt des öffentlichen Abendvortrages steht ein besonderes Medium der Memoria. Der Kupferstich eines außergewöhnlich großen Blasensteins, der sich in einer Leichenpredigt aus dem 17. Jahrhundert findet. Diese bildliche Erinnerung an die körperlichen Qualen, unter denen der Verstorbene zu Lebzeiten zu leiden hatte, steht am Anfang der Spurensuche, zu der die Referentin einlädt. Dazu werden weitere Quellen aufgespürt, die belegen, wie der Stein in gemalter, gestochener, geschriebener und modellierter Form durch Raum und Zeit wanderte – und sich schließlich sogar in unserer Gegenwart finden lässt.
Das Symposion findet statt im Vortragssaal der Universitätsbibliothek Marburg, Wilhelm-Röpke-Straße 4, 35039 Marburg. Der öffentliche Abendvortrag wird in Kooperation mit dem Marburger Geschichtsverein durchgeführt und findet statt im Landgrafensaal des Hessischen Staatsarchivs, Friedrichsplatz 15, 35037 Marburg. Die Tagung ist öffentlich ohne Tagungsgebühr.