Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

14.11.2024 (pm/red) Mit vielfältig intergalaktischen Programmen samt neuer Musikshow können Besucher in Hessens größtem Planetarium ab  1. November 2024 wieder zu fernen Galaxien reisen. Am 23. Oktober haben Wissenschaftsminister Timon Gremmels und Direktor Martin Eberle …

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Solide Finanzen alleine machen keine Stadtpolitik

Marburg 5.11.2012 (yb) Das unrühmliche Ende der letzten Sitzung der Stadtverordnetensversammlung haben nur wenige mitbekommen. Es fehlten sowieso einige gewählte Mandatsträger, darunter Steffen Rink als Fraktionsvorsitzender der größten Fraktion SPD. Die allermeisten der recht zahlreich erschienenen Zuhörer waren um 21 Uhr zum Ende der Aussprachen bereits gegangen. Damit ist ihnen jedoch ein entscheidender Teil dieses Abends – eine Eskalation bis beinahe hin zur Sprengung – dieser Zusammenkunft entgangen. Immerhin sah sich der Stadtverordnetenvorsteher in der letzten halben Stunde veranlasst – geradezu als Hilferuf und allerletzte Mahnung – das Wort ‚Ältestenrat‘ als Disziplinierungsinstrument zu gebrauchen. Das fruchtete freilich wenig und konnte das Entgleisen des Ablaufs und vor allem das Verhalten faktischen Niederstimmens vieler Anträge nicht beeinflussen. Nun ist es gerade nicht Aufgabe des Stadtverordnetenvorstehers das Abstimmungsverhalten zu beeinflussen. Zugleich müssen ordentliche Sitzungen sein, sind die Grundlage für parlamentarisches und parteienbezogenes Arbeiten gemäß der Mehrheitsverhältnisse. Und Arbeit gibt es in Marburg viel, verdammt viel sogar.

Es sollte ganz anders sein. Die Einbringung des Haushalts für das nächste Jahr ist die Stunde, der Abend, des Kämmerers, also des Oberbürgermeisters. Diese Haushaltseinbringung hat OB Egon Vaupel auch geleistet. Nich alleine mit Worten, sondern unterlegt mit zahlreichen Tabellen, Übersichten und sogar Fotos hat Vaupel das in der Größenordnung angewachsene Zahlenwerk eingebracht und erläutert.

Die klare und positive Aussage dabei war, dass der Haushalt solide und ausgeglichen sein wird. Das ist nicht wenig. Man muss schon weit ins Land blicken, dabei die Nachbarstadt Gießen sowieso übersehen, um eine Kommune mit solcher Leistungskraft zu finden. Das war und ist die positive Botschaft des Abends.  Zugleich nutzte Vaupel den Abend für seinen weitreichenden Vorschlag Marburg in 15 Jahren zum Ort einer Bundesgartenschau zu machen. Das kann der Oberbürgermeister, ist zugleich eine visionäre Idee. Dies hilft jedoch überhaupt nicht bei den Mühen, Widrigkeiten und Widersprüchen des Marburger Politikalltags weiter. Anders herum betrachtet, führt die Betrachtung vielleicht weiter.

Warum also begnügt sich der Oberbürgermeister nicht mit der Vorlage seines positiven, weil ausgeglichenen Haushalts? Wer oder was treibt ihn zu einer solchen ‚Flucht‘ nach vorne? Warum präsentiert er jetzt (s)eine Idee einer Bundesgartenschau, die es vielleicht in 15 Jahren geben kann?

Für informierte Beobachter der letzten Zeit, das ist die Zeit seit der Kommunalwahl, muss der Gedanke kommen, dass es nun wirklich nicht rund läuft bei Rot-Grün. Anhaltend. Trotz deutlich gestärkter Mehrheit gab und gib es Querelen. Ob Schlossaufzug und Millionenspende von Reinfried Pohl, Dezernentinnenfrage, Windräder auf den Lahnbergen oder die Altenpolitik – die Exponenten in den beiden Parteien der Rathausmehrheit sind sich nicht einig. Dazu hat man in letzter Zeit von der Opposition die Wohnungsfrage unabweisbar auf den Tisch serviert bekommen. Wohnungsnot – vor allem mit der Bedeutung des Fehlens von bezahlbarem Wohnraum – gibt es trotz des gewaltigen Baubooms, den die Stadt seit Jahren erlebt, ist für Marburg ein nicht mehr zu verleugnendes Problem.

In der großen Zahl der Anträge zur Sitzung am 2.11.2012 sind solche von SPD und GRÜNE deutlich in der Minderzahl – ausdruck für die derzeitige politische Schwäche, des Fehlens von Sacharbeit bei Rot-Grün.

Das Stichwort Opposition kann auch weiterhelfen, wenn man einen Blick auf die Tagesordnung der zurückliegenden Sitzung wirft. Unter der sowieso großen, vielleicht zu großen Anzahl von Anträgen muss man solche der regieren und gestalten wollenden Parteien SPD und GRÜNE suchen. Das ist ein deutliches Abbild der gegenwärtigen Lage. Seit Monaten lassen SPD und GRÜNE, ganz und gar gemeinsam, es vermissen konkrete Themen, Anliegen und Initiativen zu entwickeln.

Wer wollte und könnte es dagegen den gewählten zahlreichen anderen Parteien und Gruppierungen in der Stadtverordnetenversammlng verdenken eigene Themen, Anliegen und Initiativen zu entwickeln?

Im Kontext der Schwäche der Mehrheitskoalition offenbart und verstärkt sich die Rolle und Position der Minderheitsfraktionen. Darin offenbart sich ein Zusammenhang.

Es ist allerdings zu fragen, welche Folgen diese Situation hat. Die Fraktionen der Opposition machen ihr Ding und Rot-Grün hält dagegen. Offenbar glaubt man bei den beiden Regierungsparteien dagegen halten zu müssen. Daraus ergeben sich dann schnell Probleme. Etwa dann, wenn es um Themen oder Anliegen geht, die man selbst auch hat oder gerne hätte.

Solches ist am Freitagabend geschehen. Anträge, etwa von der Fraktion Marburger Linke, zu einem ‚Runden Tisch preiswerter Wohnraum‘ oder zur bevorzugten Grundstücksvergabe an die Wohnungsbaugesellschaften (damit diese preiswerteren Wohnraum überhaupt bauen können) wurden abgelehnt. Bei solchem Gebaren schneidet sich besonders die SPD ins eigene Fleisch. Zugleich entgeht dies nicht den anderen Fraktionen. Verständlich, dass sie reagieren. So haben die Abgeordneten der Fraktion Marburger Linke unter Protest vorzeitig den Saal verlassen. Im Rahmen einer persönlichen Erklärung hat Thorsten Sawallies das auslösende Verhalten der Mehrheit mit deutlichen Worten zutreffend kritisiert.

Es fehlt unübersehbar an konkreter Politik in Marburg von denjenigen, die gewählt wurden und angetreten sind, die Stadtpolitik zu gestalten. Dabei fehlt es offenbar auch an geeignetem Personal, an Exponenten sachlicher und plausibler Politik. Die Beobachtung zeigt, dass es einen starken Mann gibt. Das ist Oberbürgermeister Vaupel. Der steht jedoch für den Magistrat als Regierung und für die Stadt als Ganzes. Wer kommt nach Vaupel? Wer hat sich mit Sachkompetenz, Vorschlägen oder Ideen bei Rot-Grün hervorgetan?

Ein starker Mann ist jedoch zu wenig. Es ist gut, wenn es starke Politiker gibt. Doch nicht alleine die demokratische Verfassung gebietet mehr. Ohne MitstreiterInnen, die das Handeln auf Parteiebene und insbesondere im Parlament überzeugend vertreten und verkörpern, steht auch Egon Vaupel bald allein auf weiter Flur. Dann ist es nicht mehr weit, bis schematische Wahrnehmungen und Verhaltensmuster, ein solches ist das Lagerdenken, um sich greifen. Genau das war die Kritik von Henning Köster (Marburger Linke), Thorsten Sawallies (FDP) und zuvor bereits von Hermann Uchtmann (MBL).

Der solide Haushalt für 2013, und damit die unmittelbare Arbeit derjenigen, die ihn aufgestellt haben, und die Leistungen aller Marburger, sind allemal eine entscheidende Ausgangslage für die Zukunft der Stadt, und damit auch für die Stadtpolitik. Zugleich ist es geboten die Stadtpolitik als ordentliches und positives Austragungsfeld zu beleben. Auch wenn sich derzeit niemand darum gravierende Sorgen machen muss, ist es dringender Impetus an Rot-Grün geworden diesbezüglich vorwärts zu kommen. Ansonsten steht sogar der starke Oberbürgermeister Egon Vaupel im Regen – trotz gutem Haushalt und weitreichenden Ideen.

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