Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter – Archivschule Marburg untersucht Bedeutung der Archive für Schule und Gesellschaft
Marburg 8.1.2012 (pm/red) Unter dem Titel ‚Transparenz für die Bürger? Perspektiven historischer Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit in Archiven‘ untersucht die Archivschule Marburg während ihres 17. Archivwissenschaftlichen Kolloquium am 15. und 16. November die Bedeutung der Archive für die demokratische Gesellschaft im digitalen Zeitalter. Lässt sich der Anspruch der Archive, die Relevanz des Verwaltungshandelns langfristig sicherzustellen, angesichts von Aktenvernichtungen, digitalen Unterlagen und Wikileaks noch aufrechterhalten? Welchen Beitrag können die Archive zur historischen Bildungsarbeit in der digitalen Welt leisten? Diesen Fragen wird in drei Sektionen nachgegangen. Einen breiten Raum nehmen Vorträge zur aktuellen Ausgestaltung der Archivdidaktik und dem Archiv als außerschulischem Lernort ein. Als Besonderheit wird in diesem Jahr das Kolloquium mit dem Seminar für Didaktik der Geschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Hessischen Staatsarchiv Marburg angeboten.
In der globalisierten und multimedial geprägten demokratischen Gesellschaft sind Archive nicht nur Dienstleister der Verwaltung und der Forschung, sondern wenden sich an alle Bürgerinnen und Bürger. Als eine Kulturinstitution neben anderen werben sie aktiv um Benutzerinnen und Benutzer und versuchen, ihre Relevanz auf dem freien Markt der Informationsanbieter zu behaupten. Das 17. Archivwissenschaftliche Kolloquium greift die aktuellen Thesen zur gesellschaftlichen Bedeutung der Archive auf und fragt, wie eine Archivdidaktik aussehen kann, die Bürgerinnen und Bürger in die Archive führt und den besonderen Wert der Archive – auch als Zentren der Historischen Bildungsarbeit – stärker in die gesellschaftliche Wahrnehmung rückt.
Archive schaffen Transparenz, indem sie die Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns langfristig sicherstellen. Das ist der Anspruch und zugleich die zentrale gesellschaftliche Aufgabe der öffentlichen Archive. Die Vorträge der ersten Sektion zeigen auf, wie weit die Archive den gesellschaftspolitischen Ansprüchen gerecht werden können und inwieweit sich durch die Umstellung auf digitale Aktenführung neue Herausforderungen ergeben.
Die zweite Sektion ist der Rolle des Archivs als Erinnerungsort gewidmet. Die erinnerungskulturell und regionalgeschichtlich geprägten Formen einer Auseinandersetzung mit Geschichte bedürfen kompetenter Begleitung, wenn Geschichte ihre Orientierungsfunktion für die Gesellschaft nicht verlieren soll. Hierzu können die Archive einen entscheidenden Beitrag leisten. Der Lernort Archiv muss dabei vor Ort theoretisch fundierte, aber auch attraktive Zugänge für alle Nutzerinnen und Nutzer schaffen, ohne die fachlichen Ansprüche Historischer Bildungsarbeit zu vernachlässigen.
In der dritten Sektion präsentieren die Vortragenden aktuelle Konzepte und Ansatzpunkte der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit in der Praxis. Die Beiträge widmen sich der Zusammenarbeit mit Schulen ebenso wie der Heranführung von Erwachsenen an das Archiv, wobei auch Beispiele für neue mediale Angebote vorgestellt werden.