Wer und was entscheidet über die Zukunft des Botanischen Gartens?
Marburg 26.11.2012 (yb) Über die Denkmaleigenschaft des Botanischen Gartens ist ausführlich berichtet worden. Doch was diese Klassifizierung als Kulturdenkmal wirklich bedeutet, lässt sich derzeit offenbar und ausweislich behördlicher Auskunft nicht sagen. So wurde in der vergangenen Woche ein Antrag der Redaktion von das Marburger. auf Einsichtnahme in das Denkmalbuch abgelehnt. Vom Landesamt für Denkmalpflege wurde zu einer schriftlichen Anfrage am 22.11.2012 mitgeteilt: „Es hat sich gezeigt, dass hinsichtlich des Umfanges der Ausweisung des Botanischen Gartens intern noch Klärungsbedarf besteht. Das hängt damit zusammen, dass die Denkmaltopographie für diesen Bereich noch nicht abgeschlossen ist. Wir können dies frühestens nächste Woche klären und ich muss hier um Geduld bitten.“
Nur wenige Tage zuvor waren es noch eindeutige und die Rechtswirksamkeit des Denkmalschutzes für den Kernbereich mit Gebäuden bejahende Aussagen, die der Redaktion von der Denkmalbehörde – allerdings mündlich – zu entsprechender Anfrage erteilt wurden. Diese Diskrepanz und plötzliche Unklarheit muss verwundern.
Einen Tag später, am Freitag, 23.11.2012, um 15.55 Uhr ist dann eine Mail vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) eingetroffen. Dr. Ulrich Adolphs, der Presssesprecher des HMWK, hatte für neun schriftlich übermittelte Fragen an das Ministerium und Ministerin Eva Kühne-Hörman die Beantwortung zugesagt. Diese Beantwortung ist allerding sehr knapp ausgefallen. Die meisten und wichtigen Fragen sind nicht beantwortet worden. Statt dessen verliert sich der Pressesprecher in einer ausweichenden Erläuterung denkmalrechtlicher Hintergründe, nach denen nicht gefragt worden ist.
Das ist deutlich und lässt nichts Gutes vermuten. Die Beantwortung der Anfrage an das HMWK von das Marburger. findet sich im ‚Dossier Botanischer Garten‘ veröffentlicht. Abschließend wird zum Stand der Dinge in der Antwort folgendes mitgeteilt: „Bisher ist keine Entscheidung für die eine oder die andere Option oder womöglich eine dritte Variante gefallen, die dann Grundlage für weitere Planungen bzw. Abstimmungen zwischen der Universität, der Denkmalpflege und dem Ministerium wäre.
Das weitere Verfahren wird transparent vonstattengehen und die Öffentlichkeit wird entsprechend informiert werden.“
Also gibt es noch keine Entscheidung. Es fällt der Redaktion allerdings ausgesprochen schwer auf die im Schlusssatz angekündigte Transparenz im weiteren Verfahren zu vertrauen, nachdem zugleich auf die meisten Fragen zuvor eine Beantwortug schlicht verweigert worden ist.
Wissenschaftsminsterin hat Doppelentscheidung zu treffen: für HMWK und als oberste Denkmalbehörde
Damit ist festzuhalten, dass beim Landesamt für Denkmalpflege derzeit und unerwartet intern noch Klärungsbedarf besteht. Beim Ministerium ist noch keine Entscheidung gefallen. Womöglich hilft diesbezüglich ein Blick in das Hessische Denkmalgesetz weiter. Darin gibt es eine eindeutige Reglung: § 3 Absatz 1 legt zu den Denkmalschutzbehörden fest: „Oberste Denkmalschutzbehörde ist der Minister für Wissenschaft und Kunst.“
Zur Einschätzung und Beurteilung der Abläufe und Entscheidungswege erweist es sich als hochbedeutsam zu wissen, dass die Ministerin für Wissenschaft und Kunst gemäß Hessischem Denkmalschutzgesetz die oberste Denkmalbehörde ist. Eva Kühne-Hörmann will als Wissenschaftsminsterin, dass der Botanische Garten in Marburg in seinen jährlichen Unterhaltungskosten ‚runtergefahren‘ wird. Zugleich obliegt es ihr qua gesetztlicher Stellung darüber zu befinden, ob das Denkmalrecht für dies Einrichtung überhaupt Anwendung finden kann und soll.
„ob sich womöglich unzumutbare Einschränkungen für den Eigentümer ergeben„, wie in der Antwort des HWKM (wohlweislich?) bereits formuliert und damit angedeutet, könnte Gegenstand der neuerlichen Prüfung werden. Das kan die Redaktion überhaupt nicht überraschen und war bereits Gegenstand unserer Fragen an das Ministerium.
Im Sinne der Eingangsfrage gibt es also eine eindeutige Antwort: Eva Kühne-Hörmann, die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst entscheidet über die Zukunft des Botanischen Gartens. Und das aus doppelter Zuständigkeit heraus.
Zuvor, am 30. November, wird allerdings das Verwaltungsgericht Gießen auch eine diesbezügliche Entscheidung zu treffen haben. Doch das ist eine andere und weitere Geschichte. Darüber wird hier morgen berichtet.