Kritik von der Marburger Linken: In Marburg soll sich auch das Sterben rechnen
Marburg 27.11.2012 (pm/red) Wer stirbt, sollte sich besser nicht in Marburg beerdigen lassen. So traurig das klingt. Das meint die Marburger LINKE, denn mit der neuen Friedhofsgebührenordnung, die die Stadtverordnetenversammlung am 30. November verabschieden soll, werden in Marburg Beisetzungen so teuer wie in keiner anderen vergleichbaren hessischen Stadt.
„Es ist erstaunlich, dass eine Stadt, die laut OB Vaupel kein Einnahmeproblem hat, und sich den niedrigsten Gewerbesteuerhebesatz gönnt, sich wiederholt bei den Gebühren bedient, um den Haushalt auszugleichen,“ kommentiert Jan Schalauske, Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss der Stadtverordnetenversammlung.
Eine Neuordnung der Gebühren und eine Gebührenkalkulation durch einen ‚externen Experten‘ habe Dezernent Franz Kahle genutzt, um erneut deftige Gebührenerhöhungen vorzunehmen.
Nico Biver, Mitglied des ehrenamtlichen Magistrats, hat die neuen Gebühren mit denen der anderen hessischen Städte verglichen: „Nimmt man alle Städte über 50.000 Einwohner wird Marburg bei den Urnenbestattungen, die 2011 fast 60 Prozent aller Fälle ausmachten, sowie bei den Erdbestattungen in Wahlgräbern (25 Prozent der Fälle) und in Reihengräbern (11 Prozent) Spitzenreiter sein. Lediglich bei Urnenbestattungen in Reihengräbern liegt Kassel knapp vor Marburg.“ Die Gebühren für Urnengräber und -kammern seien, wie schon 2008 als sie um 22 bis 115 Prozent zunahmen, besonders stark betroffen. Die Gebühren für die am häufigsten genutzten Urnenwahlgräber sollen um 18,9 Prozent steigen. Auch Urnenkammern sollen um 3 bzw. 20 Prozent teurer werden. Bei Urnenreihengräbern gibt es eine Preissenkung – aber nur auf dem Papier. Die neue Nutzungsgebühr für 20 Jahre wurde mit der alten Gebühr für 25 Jahre verglichen.
„Die Erhöhung der Gebühren steht in keinerlei Zusammenhang zu einem realen Kostenanstieg“ meint Stadtverordneter Schalauske zu den Plänen des Magistrats. „Die Urnenbestattungen tragen im Gegenteil dazu bei, die Kosten für die Friedhöfe zu senken, da sie weniger Aufwand und Fläche als Erdbestattungen erfordern.“
Aufgrund des hohen Anteils an Urnenbestattungen würden jedoch immer größere Flächen der Friedhöfe brachliegen. Um die Friedhofsanlagen zu erhalten, sei es daher vielmehr sinnvoller, den allgemeinen Zuschuss durch die Stadt zu erhöhen, als Urnenbestattungen zu überteuern. So könnten die Friedhöfe, die gleichzeitig auch als Park- und Grünflächen dienten, in ihrer Fläche erhalten bleiben. Die städtischen Mittel für diesen Zwecken seien 2008 willkürlich von 600.000 auf 500.000 Euro gekürzt wurden.
In der Beschlussvorlage des Magistrat sind die Gebühren für Erdbestattungen in Reihengräbern abweichend von der Kostenkalkulation aus ’sozialen Gründen‘ reduziert worden. Aber mit 2.635 Euro für Beerdigung und Grabnutzung liege man immer noch an der Spitze in Hessen. Die Städte Fulda, Wetzlar, Kassel, Rüsselsheim und Wiesbaden würden 1.000 Euro weniger nehmen.
„Sterben muss man sich leisten können, so schlimm ist es. Ein würdevoller Abschied darf aber keine Frage des Geldbeutels sein. Eine Gebührenerhöhung in diesem Ausmaß trifft diejenigen, die sowieso schon am wenigsten haben. Menschen sollten selbst bestimmen können, wo und wie sie beerdigt werden“, so Schalauske abschließend.