Lenin in Deutschland – eine fotografische Spurensuche
Berlin 8.12.2012 (red) Denkmäler haben zu allen Zeiten Konjunktur und sind aus vielen Gesellschaften und Epochen überliefert. Ob Pharaonenreiche, Griechen, Römer oder Militarismusverherrlichung im Deutschen Reich nach 1871. In Marburg wurde erst kürzlich der ‚Garten des Gedenkens’ zur Vergegenwärtigung der Judenverfolgung in der Stadt nach 1933 eingeweiht. Es kann nicht verwundern, dass die politisch-ökonomische Verflechtung zwischen der DDR und der UDSSR als realsozialistische Staaten und im Militärbündnis ‚Warschauer Pakt‘ auch diesbezügliche Spuren hinterlassen hat. Als überdauernde Leitfigur des Sozialismus gilt Lenin. So wurden zu seinem Gedenken zahlreiche Bildnisse und auch Denkmäler, bevorzugt in Militäreinrichtungen der UdSSR auf dem Gebiet vormaligen DDR, als Denkmäler geschaffen. Was aus ihnen geworden ist, ob es überhaupt noch solche gibt und wie sie sich dem Auge darbieten, ist Thema dieses Gastbeitrags von Thilo Gehrke:
Verwittert, überwuchert, vergessen – Leninstatuen hatten vor noch gar nicht langer Zeit bessere Tage in den neuen Bundesländern erlebt.
Als die Rote Armee im Herbst 1944 Deutschlands Grenze im Osten überschritt, importierte sie unter Stalin mit dem Marxismus-Leninismus eine Ideologie des Kommunismus Moskauer Prägung als kompromisslose Weltanschauung nach Deutschland, deren ‚politischen Säuberungen’ allein im sowjetischen Mutterland mehr als 25 Millionen Landsleute zum Opfer fielen.
Zur Zeit des Realsozialismus nahm Wladimir Iljitsch Uljanow alias Lenin(1870 – 1924) als Gründer der Sowjetunion und ‚Befreier der Arbeiterklasse’ die Rolle einer politischen Leitfigur ein. Daher wurden auch weltweit in vielen sozialisitschen Ländern ihm zu Ehren Denkmäler errichtet. Nach Jahren im Exil kehrte Lenin 1917 über Deutschland nach Russland zurück, um die kommunistische Machtergreifung zu vollziehen und um dann 28 Jahre später als steinernes Götzenbild zurückzukehren.
Stalin-Bilder und Lenin-Denkmäler mit kommunistischen Losungen beherrschten somit rasch das Alltagsbild zunächst in der ‚sowjetisch besetzten Zone’ in Deutschland und dann in der deckungsgleichen späteren Deutschen Demokratischen Republik (DDR), die von 1949 bis 1990 als Staat existiert hat.
Als der letzte Soldat der einst ‚Ruhmreichen Roten Armee’ im Spätsommer 1994 Deutschland – als Folge des des 2+4 Vertrages zur Deutschen Einheit, der die DDR Teil der Bundesrepublik Deutschland werden ließ – verlassen hatte, offenbarte sich schnell in ihren nun zugänglichen Liegenschaften der religiös verbrämte Personenkult um den Begründer der Sowjetunion.
Lenin-Denkmäler, Hammer und Sichel, Helden der Sowjetunion mit kommunistischen Losungen und der glorifizierte Rote Stern waren stets herausgeputzt, gleichsam als Symbol und Ordnungsfaktor in einer Zeit mit ungewisser Zukunft für das Militär im Um und Aufbruch in postsowjetischer Zeit.
Deutschland hat sich im Zuge der Abzugs- und Friedensverhandlungen vertraglich verpflichtet, die 800 Heldengedenkstätten und Soldatengräber aus der Stalinzeit zu pflegen. Lenins Andenken und damit die Glorifizierung des Bolschewismus, des sowjetischen Kommunismus, war jedoch nicht Bestandteil der Verträge.
Lenin ist in den zu neuen Bundesländern in Ost-Deutschland gewordenen Teilen der Bundesrepublik auch heute noch gegenwärtig. Pflege und Rückbau ist nun einmal teurer und aufwendiger als ‚kontrollierter Verfall’.
Selbst in vielen Ortschaften des heutigen Russland weißt einem auch heute noch Lenin den Weg – als Statue mit ausgestrecktem Arm auf dem Dorfplatz, was einen Kontext zur postsowjetischen Erinnerungskultur und Vergangenheitsbewältigung kommunistischen Unrechts im heutigen Russland erkennen lässt. Vergleiche dazu: Thilo Gehrke: Lenin und Stalin im Kontext postsowjetischer Erinnerungskultur, GRIN-Verlag München 2012.
Unter seinen Nachfolgern in postsowjetischer Zeit lebt Lenin auch heute im heutigen Russland als Befreier der Arbeiterklasse fort. Einbalsamiert und zur Schau gestellt findet sich sein Leichnam im Mausoleum neben dem Kreml in Moskau
Der Beitrag ‚Lenin in Deutschland- eine fotografische Spurensuche‘ ist ein aktualisierter Teil der Fotoausstellung zum Buch ‚Das Erbe der Sowjetarmee in Deutschland‘ von Thilo Gehrke.
Die Fotoausstellung ‚Das Erbe der Sowjetarmee in Deutschland‘ wurde vom 8. August bis 30. November 2012 im ‚Deutschen Panzermuseum Munster‘ präsentiert.
Thilo Gehrke ist Journalist, Fotograf und freier Autor in Hamburg. Er hat die deutsche Wiedervereinigung unter sozialen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Aspekten medial begleitet und ist Gastdozent an der Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg.