Forschungsprojekt Dialogforum mit gemäßigten Islamisten
Marburg 19.1.2013 (pm/red) Seit 2006 betreiben am ‚Centrum für Nah- und Mittelost-Studien‘ (CNMS) in Marburg sieben Professuren Orientforschung. Sie sind damit zugleich größte universitäre Institution in Deutschland, die sich mit dem Nahen und Mittleren Osten befasst. Konstruktiven Austausch mit gemäßigten Islamisten aus dem arabischen Raum als Ziel verfolgt ein aktuelles Forschungsprojekt mit gemäßigten Islamisten in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt. Der Politologe Prof. Rachid Ouaissa samt Mitarbeiter Julius Dihstelhoff und Ivesa Lübben wollen eine Brücke schlagen zwischen Grundlagenforschung und Politikberatung. Vom Auswärtige Amt werden für das Projekt unter dem Titel ‚Dialogforum mit moderaten islamistischen Akteuren aus den Transformationsgesellschaften des Nahen Ostens und Nordafrikas‘ 265.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Es knüpft an eine Vorgängerstudie an, worin sich Ouaissa und sein Team mit den außenpolitischen Positionen moderater islamistischer Parteien beschäftigt haben. „Unter moderaten Islamisten verstehen wir Parteien, die Gewalt als Handlungsoption zur Erzielung politischer Mittel ablehnen und demokratische Rechtsstaatsprinzipien anerkennen“, erläutert das Wissenschaftlerteam. „Zu Beginn unserer Forschungsarbeit befanden sich alle berücksichtigten Parteien bis auf die MSP in Algerien noch in der Opposition“, berichtet Ouaissa. Nach dem so genannten ‚Arabischen Frühling‘ stellen einige dieser Parteien die Regierung oder wie in Ägypten sogar den Präsidenten. Das neue Projekt soll auf den Ergebnissen der Vorgängerstudie aufbauen und gewonnene Kontakte weiter pflegen.
„Viele Akteure aus dem moderat-islamistischen Spektrum befürworten eine stärkere Rolle Deutschlands im Nahen Osten“, konstatiert Ouaissa. Das Ziel des Vorhabens bestehe darin, eine Plattform für einen wissenschaftlich fundierten Austausch zwischen Entscheidungsträgern moderater islamistischer Parteien aus Ägypten, Tunesien, Marokko, Algerien, Jordanien und Libyen mit potentiellen deutschen Partnern zu bieten – mit Parlamentariern, Experten, Wirtschaftsvertretern. „Wir wollen die Chance nutzen und den Transformationsprozess in diesen Ländern positiv begleiten“, erläutert Projektmitarbeiterin Ivesa Lübben.
Foren für stabile und langfristige Zusammenarbeit entwickeln
Dazu werden Dialogforen geplant, die Austausch über Themen ermöglichen, die Wege zu einer stabilen und langfristigen Zusammenarbeit bereiten können. „Die Foren sollen sich an den herausragenden politischen Herausforderungen orientieren, vor denen die Transformationsländer stehen“, erläutert Julius Dihstelhoff. Eine der Gesprächsrunden ist dem Thema ‚Aufbau von Rechtsstaat und der Rolle der Zivilgesellschaft‘ gewidmet. Eine weitere gilt ‚Wirtschaft/Energiepolitik‘ und die dritte der ‚Sozialen Entwicklung‘.
Zur Vorbereitung werden Hintergrundanalysen erarbeitet, die Positionen der teilnehmenden islamistischen Parteien erfassen sollen und die Vorstellungen der deutschen Außenpolitik zu den Themen darstellen, die in den Gesprächsrunden behandelt werden. Um die Inhalte zu identifizieren, reisen Lübben und Dihstelhoff in die sechs genannten Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas sowie nach Berlin und Bonn.