Schleppende Umsetzung der Energiewende in Hessen – Rückstand bei Windenergieanlagen
Marburg 12.2.2013 (pm/red) In Hessen gibt es 710 Windkraftanlagen, die es zusammen auf eine Leistung von 790 Megwatt bringen. Das ist so viel Strom, wie ein Block eines modernen Kohle- oder Gaskraftwerks erzeugen kann. In Niedersachsen als Spitzenreiter bei der Windenergie sind rund 7.000 Megawatt Leistung installiert. Hessen belegt derzeit lediglich Platz 10 beim Windkraftausbau. So wird der Ausbau der Windenergie in Hessen mehr als 20 Milliarden Euro nach Einschätzung von Experten kosten. 4.500 Windräder seien nötig um das Ziel der Landesregierung, im Jahr 2050 den kompletten Stromverbrauch aus erneuerbaren Energien zu decken, erreichen zu können. Das sagte Frank Matzen von der Beratungsfirma Ernst & Young mit Blick auf den Rückstand von Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern.
Als „Armutszeugnis“ für die schwarz-gelbe Landesregierung sieht die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Fazit dieser Studie von Ernst & Young. „Diese Erkenntnis ist nicht neu“, stellt die energiepolitische Sprecherin der GRÜNEN, Angela Dorn, fest und verweist etwa auf die jährliche Studie der Agentur für Erneuerbare Energien, die auch zu dem Ergebnis kam, dass Hessen bei der Energiewende unter den Flächenländern auf dem letzten Platz liegt. „Neu ist allerdings, dass jetzt auch die Wirtschaft Hessen kritisiert, dass Schwarz-Gelb nicht genügend unternimmt, um die Energiewende voran zu treiben. Immer mehr erkennen, dass diese Regierung erschöpft und verbraucht ist.“
Die GRÜNEN verweisen darauf, dass andere Länder wie auch das Nachbarland Rheinland-Pfalz bei ähnlichen Bedingungen mit großen Schritten vorangingen. Hessen verharre bei der Nennung von Zielen und werde wohl noch nicht einmal die zwei Prozent Landesfläche für Windenergie erreichen, wie es beim Energiegipfel vereinbart worden sei.
Die Kritik aus der Wirtschaft am Umsetzungsstand der Energiewende in Hessen begrüßt Timon Gremmels, energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Wenn selbst Wirtschaftsberatungsunternehmen wie Ernst & Young feststellen, dass Hessen bei der Energiewende hinterherhinke, so sollte die Hessische Landesregierung dies ernst nehmen und ihr Tempo deutlich beschleunigen. Die Kritik am langsamen Umbau der Energiewende wächst und kommt nun nicht mehr nur von der Opposition und Fachverbänden, sondern auch aus der Wirtschaft. Dort befürchte man zu recht, dass wichtige Investitionen an unserem Bundesland vorbeilaufen. Das sollte Umweltministerin Puttrich und Wirtschaftsminister Rentsch endlich zu denken geben“, sagte der SPD-Politiker in Wiesbaden.
Die Schuld an der schleppenden Umsetzung liege allein bei der schwarz-gelben Landesregierung. So sei bis heute der neue Landesentwicklungsplan nur als Entwurf existent, obwohl dieser wichtige Vorgaben zum Ausbau der Windenergie in Hessen enthalte. Es sei offen, wann er in den Geschäftsgang des Hessischen Landtags eingebracht werde. „Die SPD wird auf eine parlamentarische Anhörung ausdrücklich bestehen, da Regelungen wie die Mindestwindgeschwindigkeit und die Abstandsregelung bei der Windkraft strittig sind. Uns läuft die Zeit davon“, so der SPD-Politiker.
Erfreut zeigte sich Gremmels über die Aussagen von Ernst & Young, dass die Finanzierung der Energiewende kein Problem darstelle. „Wichtig ist uns aber, dass nicht nur Investmentfonds und Großanleger zum Zuge kommen, sondern Kommunen und Anwohner sich an den Windkraftanlagen in ihrem Ort beteiligen können. So können Bürgerenergiegenossenschaften dazu führen, dass die Akzeptanz von Windkraftanlagen steigt“, sagte Gremmels.