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Massive Kritik am KiföG-Entwurf in Wiesbaden – SPD sieht Einschätzungen bestätigt

In Marburg hatte es am Vortag der Anhörung im Sozialausschuss des Landtags eine Protestveranstsaltung gegeben

In Marburg hatte es am Vortag der Anhörung im Sozialausschuss des Landtags eine Protestveranstaltung, von ver.di und Eltern organisiert, gegeben. Foto Michael Weber

Marburg 9.3.2013 (pm/red) Im Rahmen der Anhörung zum Kinderförderungsgesetz (KiföG) im Hessischen Landtag sieht sich der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Gerhard Merz in der Kritik am vorgelegten Gesetzentwurf bestätigt. Das Urteil und die Bewertungen in der Anhörung seien eindeutig, teilt Merz in seiner ausführlichen Betrachtung mit. „Wie schon die schriftlichen Stellungnahmen belegen auch die mündlichen Darlegungen der Anzuhörenden, dass dieser Gesetzentwurf im Grundansatz und in vielen Einzelpunkten nicht geeignet ist, die Qualität der frühkindlichen Bildung zu halten oder gar zu steigern,“ erläutert Merz.

Dieser Entwurf entspreche nicht den Anforderungen an frühkindliche Bildung, den Bedürfnissen der Eltern, des Personals und vor allem nicht der Kinder. Da nutze es auch nichts, wenn der „Sozialminister kleinere kosmetische Korrekturen an dem Fraktionsgesetzentwurf ankündige“, obwohl er dafür nicht zuständig ist. Die Gesetzesvorlage ist von CDUI und FDP eingebracht worden. Kosmetik mache den Gesetzentwurf nicht besser und „ist nach Intention und Inhalt nur der Versuch einer Ablenkung“, sagte Merz am Freitag in Wiesbaden:
Als Brüskierung der Anzuhörenden kritisierte Merz erneut die gestrigen Stellungnahmen der Fraktionen von CDU und FDP. „Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte noch nicht einmal ein Viertel der Anzuhörenden Gelegenheit gehabt, sich zu äußern. Das zeigt, wie wenig Schwarz-Gelb die vorgetragenen Bedenken ernst zu nehmen bereit ist“, Ganz und gar grotesk sei es, von „breiter Zustimmung“ zu fantasieren. CDU und FDP hätten sich  wohl von dem moderaten Ton des Vortrags darüber hinwegtäuschen lassen, dass das Ergebnis der schriftlichen und der mündlichen Anhörung –  bei großer Sachlichkeit und Differenziertheit der Argumentation – insgesamt vernichtend gewesen sei.
„Alle Fachverbände, die Träger der Einrichtungen, die Verbände der Eltern und der Erzieherinnen und Erzieher sowie überwiegend auch die Kommunalen Spitzenverbände teilen ganz oder in großen Teilen unsere Bedenken. Die Kommunalen Spitzenverbände haben deutlich gemacht, dass sie unter den gegebenen durch das Land gesetzten finanziellen und rechtlichen Bedingungen keine Steigerung der Qualitätsstandards sehen. Der Städtetag hat erneut und zu Recht darauf hingewiesen, dass der Anteil der originären Landesmittel für die frühkindliche Bildung sinkt und dass die vorgesehenen Förderpauschalen nicht auskömmlich sind.

Es ist und bleibt eine Mär, dass durch das Kinderförderungsgesetz mehr Geld ins System der Kinderbetreuung kommt. Die Aufstockung der Mittel basiert einzig und allein auf dem von den Kommunen vor dem Staatsgerichtshof erstrittenen Urteil, wonach das Land die Personalmehrkosten im Gefolge der Mindestverordnung erstatten muss. Das hat mit dem KiföG selbst gar nichts zu tun“, so Merz. „Die Stellungnahme des Landkreistages geht sehr unzweideutig von einer Gefährdung der bestehenden Standards und von bedenklichen Konsequenzen durch den neuen Finanzierungsmodus aus. Insofern ist auch das Urteil der Kommunen mehr als kritisch“, fasste Merz die Positionen zusammen.
Das gelte aber ganz besonders für die Kirchen und die in der Liga der Wohlfahrtsverbände zusammengeschlossenen Verbände, die die übergroße Mehrheit der Einrichtungen und Plätze in Hessen vorhielten und deren fachliches Wort daher besonderes Gewicht habe. „Das sind die Fachleute, die das alltägliche Geschäft des Betriebs einer Einrichtung und die Arbeit in den Gruppen kennen. Hier wurde klar herausgearbeitet, dass die wesentliche pädagogische Arbeit, vor allem auch in Bezug auf die Förderung der sozialen Integration und der Inklusion, eben in den Gruppen stattfindet und dass deshalb vollere und größere Gruppen, ständig wechselnde Betreuungsschlüssel mit der Folge von häufigeren Personalwechseln und vor allem der verstärkte Einsatz von weniger qualifiziertem Personal der Qualität der Arbeit in den Gruppen schaden muss. Gerade was den Einsatz der berühmt-berüchtigten fachfremden Fachkräfte angeht, bleibt die Ablehnung hier zu Recht einhellig“, so der SPD-Politiker aus Gießen.
Das gelte ganz gewiss auch für die fehlenden Regelungen zur Inklusion. Das Land müsse hier landesweit verbindliche und einheitliche Standards zur Absicherung und Weiterentwicklung der Betreuung, Erziehung und Bildung behinderter und beeinträchtigter Kinder setzen, wenn es die UN-Behindertenrechtskonvention und den eigenen Landesaktionsplan zu deren Umsetzung ernst nehmen wolle. Der ständige Verweis auf die zwischen Kommunen und Verbänden abzuschließende Rahmenvereinbarung Integration gehe am Thema vorbei und sei eine Ausrede, weil Schwarz-Gelb offenbar Angst vor den finanziellen Konsequenzen habe.
Aus Sicht der Eltern stehe natürlich nach wie vor auch die Betreuungsqualität im Mittelpunkt der Kritik. „Die vielbeschworene Flexibilisierung – die in weiten Bereichen nichts anderes ist als die Lizenz zur Unterschreitung bestehender Standards – findet gerade bei den Betreuungszeiten ein Ende. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird erschwert, denn die Berechnung des Personaleinsatzes nach einem rechnerischen Betreuungsmittelwert und die Kappung der Förderung bei einer Öffnungszeit von 35 Stunden bestraft diejenigen, die lange Öffnungszeiten anbieten und zunehmend mehr anbieten müssen. Gerade aus Elternsicht – wie übrigens auch aus Sicht der Wissenschaft und der Aus- und Fortbildungseinrichtungen – ist aber auch scharfe Kritik an der absehbaren Entwicklung der Gruppengrößen und am Einsatz fachfremder Fachkräfte geübt worden.

Die Liste der Kritikpunkte ist endlos lang und der Protest massiv. Als Konsequenz muss der Gesetzentwurf zurückgezogen werden“, sagte Merz abschließend.

 

 

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