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Podiumsdiskussion zur Gesundheitspolitik: Wie geht es uns heute? Wie geht es uns morgen?

Marburg 13.5.2013 (pm/red) Der Stadtvorstand Bündnis 90/Die Grünen Marburg hatte im April auf kommunaler Ebene zu einer Podiumsdiskussion zur Gesundheitspolitik eingeladen. Moderiert von Dr. Karsten McGovern, Gesundheitsdezernent des Landkreises Marburg-Biedenkopf, diskutierten vier Referenten die jetzige Situation und Lösungsvorschläge: Privatdozent Dr. Friedrich Heubel, Vorsitzender der Gesellschaft für Ethik und Medizin, Leiter der Arbeitsgruppe Ökonomisierung der Akademie für Ethik in der Medizin Marburg, Erika Richter, Ärztin für Allgemeinmedizin, seit 20 Jahren in eigener Praxis in Marburg-Cappel. Außerdem waren präsent Hans-Georg Tacke, Facharzt für Neurologie, seit 1983 in eigener Praxis bzw. Gemeinschaftspraxis Rechtenbach bei Wetzlar und Micha Brandt, Psychotherapeut und Vertreter von NotRuf 113, seit 1993 in der Vitos-Klinik für forensische Psychiatrie in Haina.

Wege zu mehr Humanität, Qualität und Effizienz
Die gesundheitliche Versorgung ambulant wie stationär der Versicherten durch Hausärzte, Fachärzte, Psychotherapeuten steht vor enormen Herausforderungen. Dr. Heubel entwickelte schlüssig, dass eine vertrauensvolle Arzt-Patientenbeziehung die Basis einer guten Versorgung ist und davon abhängt, dass sich der Arzt seiner intrinsischen Motive, nämlich heilen zu wollen, bewusst ist und finanzielle Anreize diese Motive in keiner Weise positiv beeinflussen. Herr Tacke wies darauf hin, dass Qualität nicht messbar sei und ein immenser bürokratischer Aufwand seitens der Krankenkassen mit überblähtem Verwaltungsapparat die effektive ärztliche Arbeit behindere.

Frau Richter würde die ärztliche Ausbildung schwerpunktmäßig in Richtung Salutogenese erweitern und mit dem Ziel verbessern, dass auch Prävention und bewusstes Gesundheitsverhalten in die Grundversorgung übernommen werden. Herr Brandt schilderte an einem konkreten Beispiel, wie die Kombination aus wirtschaftlichen Interessen, Marketing und gezielten Manipulationen der Ängste von Patienten dazu führen kann, dass in unserem Gesundheitssystem Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten betrieben wird.

Im Rahmen einer nachhaltigen Gesundheitspolitik kann die ‚Bürgerversicherung‘ ansetzen. Alle Referenten waren sich einig, dass es im Gesundheitswesen keine Privatisierungen geben dürfe, denn damit treten gewinnorientierte Gesichtspunkte in den Vordergrund, und entwerten intrinsischen Motivationsfaktor und die nicht in Zahlen auszudrückende Qualität der Versorgung. Die Komplexität der Diagnostik und Therapien wächst. Neben medizinischen Indikatoren treten auch psychische, soziale, personale sowie Lebensweise und Lebenssinn bestimmende Indikatoren hinzu. Daher ist das Vertrauen des Patienten in den Arzt unabdingbare Voraussetzung. Das optimale Modell wäre nach Meinung von Facharzt Tacke die hausärztliche Versorgung als erste Anlaufstelle, organisierender, beratender wie auch kurativer Mittelpunkt für die Kranken. Jede Werbung und Angstmacherei, darunter ein Herumirren von Arzt zu Arzt bei fehlendem Vertrauen, dazu gehören auch Zahlenmanipulationen (wie Herabsetzung von tolerierbaren Cholesterinwerten, um ein bestimmtes Präparat in den Handel zu bringen), Wettbewerbe, Konkurrenzen, würden lediglich Kapitalinteressen dienen.

Nachhaltigkeit, Transparenz, Besinnen auf die ethischen Werte in der Gesundheitsversorgung sind Lösungsansätze, verbunden mit einem hartnäckigen Widerstand, gewinnbringende diagnostische Maßnahmen kritisch zu hinterfragen. Dazu brachte Frau Richter ein eklatantes Fallbeispiel für profitorientierte, diagnostische Maßnahmen bei einer moribunden Patientin. Die Politik solle da eingreifen, wo in Gesundheitserziehung, Gesundheitsberatung und unabhängigen Gesundheitsinformationsdiensten Daseinsvorsorge betrieben und die Rechte der Patienten geschützt werden. Zukünftig sollten diskutiert werden sollten politische Einflussmöglichkeiten wie Personalmindeststandards, eine Aufwertung ärztlicher Gespräche gegenüber apparativer, invasiver Maßnahmen, eine Neuausrichtung der stationären Fallpauschalen.

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