Oliver, B.C. – mitten im kanadischen Obstkorb
Marburg 23.7.2013 (red) Nach Vancouver ein nächster Beitrag von einer Reise in Kanada: Sie kennen mit Sicherheit den Assoziationstest, bei dem man die ersten Wörter sagen muss, die einem zu einem bestimmten Begriff in den Sinn kommen. Ich möchte behaupten, wenn ich ‚kanadische Landschaften‘ sage, denken die meisten Menschen an Wälder und Berge, an glasklare Seen und vielleicht noch an scheinbar unendliche Getreidefelder. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit, denn es gibt noch eine weiter Seite Kanadas – die einer Halbwüste. Hügel mit spärlicher Vegetation, die Täler gefüllt mit Obst- und Weinplantagen, tagsüber weit über 30°C und am Abend kommt für gewöhnlich ein warmer, sehr starker Wind auf, der die Stabilität deines Zeltes zur Genüge testet.
Oliver B.C. ist die offizielle Wein-Hauptstadt Kanadas und liegt in der Mitte dieses Landstrichs, etwa 450 Kilometer östlich von Vancouver und ich fahre dorthin um einen meinen besten Freunde zu treffen und die Kirschernte mitzuerleben. Wir treffen uns dafür auf einer Kirschplantage 3 Kilometer außerhalb von Oliver. Ein Freund aus Vancouver, der ein Auto besitzt, hatte mir angeboten mich zu fahren und ich habe dankend angenommen, in dem Wissen, dass die Fahrt an sich schon ein Erlebnis ist. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Kaum aus Vancouver raus, schlängelt sich Straße den gewaltigen Fraser River entlang, durch kleinere Ortschaften während die Hügel zu Bergen werden und wir den sogenannten Coast Range erreichen. Dabei handelt es sich um einen Gebirgszug, der das Inland von der Küste trennt. Nicht so hoch und mächtig wie die Rocky Mountains, aber der höchste Pass bringt uns immerhin auf gut 1300m über n.N. Die Diskrepanz hätte nicht größer sein können. Die ersten 3 Stunden der Reise waren die klassischen, wunderschönen Wälder, die schneebedeckten Berge und der Fluss an unserer Seite. Alles war in den Farben blau, grün und weiß. Kaum habe wir die Berge überwunden, sieht die Welt ganz anders aus.
Die dominierenden Farben sind nun gelb, braun und ein sehr viel matteres grün. Wir brauchen noch ungefähr 2 Stunden bis wir das Camp der Farm erreichen und ich mich mit Isomatte und Schlafsack häuslich einrichte.
9 Tage sind seitdem vergangen, das Camp hat sich gefüllt mit rund 30 Menschen, hauptsächlich aus dem französischen Teil Kanadas, aber auch aus Australien, der tschechischen Republik, Frankreich, Italien, Korea, Japan und natürlich aus anderen Teilen Kandas. Das Alter schwankt zwischen 19 und gute 40 Jahre, was es um so interessanter macht und wohl auch ein Grund für die großartige Stimmung ist, die seit dem ersten Tag herrscht. Trotz der Enge und der Tatsache, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes 24Std. am Tag zusammen sind ist noch kein Lagerkoller ausgebrochen. Wir sind vielmehr zu einer großen sehr diversen Familie geworden.
Wir stehen zusammen auf und gehen zur Arbeit, die einen pflücken, die anderen sortieren und verpacken Kirschen, die zum einen in Kanada verkauft werden, aber zu einem Großteil auch exportiert werden. Wir kochen und essen zusammen und in unsere Freizeit sitzen wir herum, tauschen Reiseerfahrungen, Lebensgeschichten und Kochrezepte oder fahren zum Baden an den Tuc-El-Nuit Lake.
Ich werde noch ungefähr zwei Wochen hier bleiben, dann ist die Saison vorbei. Was danach kommt ist noch offen, die Gruppe wird sich in alle Winde verteilen und ich werde einfach schauen, wohin der Wind mich weiter treibt.
Text und Fotos Hanna Grobe