Lärmemissionen, Luftverschmutzung und Verkehrsbelastung – Tunnel für Stadtautobahn beschäftigt Stadtpolitik
140326 (yb) In Gestalt von drei gewichtigen Tagesordnungspunkten beschäftigten gravierende Bereiche der Belastung der Stadt Marburg durch Kraftfahrzeugverkehr die Märzsitzung der Stadtverordneten. Langfristige Lärmaktionsplanung, Maßnahmen zur Luftreinhalteplanung und eine Machbarkeitsstudie für eine Verlegung der Stadtautobahn unter die Erde waren Thema und sind verabschiedet worden. In den zugehörigen Unterlagen zu diesen Tagesordnungspunkten wurde anschaulich in welch hohem Maße die Stadt und ihre BürgerInnen durch das Verkehrsaufkommen mit Kraftfahrzeugen beeinträchtigt sind. Marburg ist eine laute Stadt, hat zudem mit einer ständigen Luftverschmutzung durch KFZ-Verkehr zu kämpfen und leidet überhaupt an einem hohen Verkehrsaufkommen. Die Verkehrsproblematik in der Lahnstadt wird dabei unstrittig durch die Trassenführung der Bundesstraße 3 in Gestalt einer Stadtautobahn angeführt. Die Trasse verläuft mitten durch das Lahntal, sie zerschneidet insbesondere die Kernstadt in zwei Teile und kann als ständige offene Wunde in vielerlei Hinsicht betrachtet werden.
Angesichts der hohen Belastungen für das Leben in der Stadt hat sich im August 2010 die ‚Bürgerinitiative Stadtautobahn‘ gegründet, die seither mit einer Vielzahl von Veranstaltungen über Probleme und Lösungswege informiert. Im Zuge vielfältiger Anstösse ist die Idee der Verlegung der Stadtautobahn unter die Erde in einen Tunnel, orientiert am Beispiel anderer Städte, mehr und mehr ins Gespräch und ins das öffentliche Bewusstsein getragen worden. Dies ist nicht ohne Folgen geblieben. Neben Aktivitäten der Bürgerinitiative Stadtautobahn und zugleich auch der Lokalen Agendagruppe Verkehr sind es Aktivitäten von Oberbürgermeister Egon Vaupel gewesen, die dem Thema den Boden bereitet haben.
Am vorläufigen Ende dieses mehrjährigen Prozesses stand jetzt eine Vorlage der Stadtverordneten zur Beauftragung einer Machbarkeitsstudie für eine Verlegung (eines Teils) der Trasse der Stadtautobahn zur Beschlussfassung an. Das ist bemerkenswert und es lässt sich damit sagen, dass eine Tunnellösung für die Stadtautobahn Bestandteil der offiziellen Stadtpolitik in Marburg geworden ist. Vor Jahren wenigen nicht denkmöglich, ist das verkehrsbezogene Kardinalproblem der Stadt auf die Tagesordnung der Politik gerückt worden. Dazu mussten und müssen zukünftig verstärkt dicke Bretter gebohrt werden, Grund genug zu versuchen sich dem Anliegen in grundlegender Betrachtung zu nähern.
Zunächst einmal steht jetzt seitens der Stadt Marburg an Kontakt zum Land Hessen und zum Verkehrsministerium in Berlin aufzunehmen. Eine Verlegung der Stadtautobahn unter die Erde kostet nicht nur einen dreistelligen Millionenbetrag. Es ist vor allem Sache des Bundes dies für die Bundesstraße zu finanzieren, was sich in einer prioritären Aufnahme in die Verkehrsplanung der Fernstraßen des Bundes niederschlagen muss. Zugleich muss eine Abstimmung und Verankerung mit dem Land Hessen erfolgen. Dafür könnten die Chancen gestiegen sein, wird doch Hessen inzwischen von einer Schwarz-Grünen Koalition regiert.
Nunmehr haben sich die Grünen in Marburg das Problem zu eigen gemacht und haben zuletzt dafür gesorgt, dass zumindest in Gestalt einer Protokollnotiz die bisherige Vorlage zum Tunnelbaus nur für einen Teilabschnitt der B 3 erweitert wurde. Demnach soll auch der Bereich der Hochbrücke am Bahnhof in die Planungen einbezogen werden. Die eigentliche Vorlage hat nur einen Bereich von 1,8 Kilometern beginnend südlich der Rudolph-Bultmann-Straße vorgesehen.
Nach der Märzsitzung der Stadtverordneten kommt jetzt eine längere Osterpause. Wegen der Ferien gibt es keine Sitzung im April und das Stadtparlament tagt erst wieder Ende Mai. Das gibt zeitlich einigen Raum für Bauverwaltung und Magistrat, bei denen jetzt die Aufgaben liegen die überörtliche Platzierung des Vorhabens zu verhandeln.
Tunnel der Stadtautobahn schafft erst Platz für BuGA Marburg
Das Projekt Tunnellösung für die Stadtautobahn – wenn es sich denn schon als solches bezeichnen lässt – ist zudem verknüpft worden mit einer in Vorbereitungs befindlichen Bewerbung von Marburg für die Bundesgartenschau im Jahr 2029. Dabei sollen die Flächengewinne durch die Verlegung der vierspurigen Schnellstraße unter die Erde zur „Entwicklung von innerstädtischen Bau- und Grünflächen“ genutzt werden. Bei einigem Nachdenken wird sehr schnell evident, dass das Tunnelprojekt überhaupt erst die Voraussetzung schafft in Marburg eine Bundesgartenschau platzieren zu können. Auf welchen Flächen könnte man ansonsten einer Bundesgartenschau in der Innenstadt überhaupt angemessenen Raum und Flächen bieten wollen?
Es kann mithin spannend werden in Marburg. Eine verkehrspolitsche Vision liegt auf dem Tisch. Deren Realisierung braucht dabei die Unterstützung aller politischen Kräfte aus der Stadt selbst. Dazu werden noch viele Diskussionen zu führen sein und wird vor allem politischer Wille und Druck aus der Stadt nach Wiesbaden und Berlin wirksam zu artikulieren sein. Die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie, wie jetzt vom Stadtparlament beschlossen, zusammen mit Land Hessen und Bundesverkehrsministerium mag ein sinnvoller und notwendiger erster Schritt sein. Eine solche Studie überhaupt durchzusetzen wäre zugleich ein erster Erfolg. Doch bekanntlich mahlen die Mühlen umso langsamer je weitergehender es gesamtpolitscher Koordination, Beschlussfassung und Etaisierung bedarf.
Es gibt viel zu tun in Marburg. Die gerade verabschiedeten örtlichen Beschlüsse sind dafür zwar grundlegende Voraussetzung aber zugleich sind es lediglich kleine erste Schritte.