Betriebsratswahl am Uniklinikum: Bettina Böttcher kandidiert erneut
140517 (yb) Es gibt Aufgaben und Positionen, deren Bedeutung und Verantwortung viel zu wenig mit positivem Ansehen oder gar Prominenz und guter Bezahlung verbunden sind. Zugleich kommt dem engagierten Wirken der Funktionsinhaber in diesen Positionen eine herausragende Bedeutung zu. Gemeint sind Betriebsräte als Interessenvertretung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In besonderer Verantwortung stehen seit Jahr und Tag die Betriebsratsmitglieder des größten Betriebes in der Region. Für den Betriebsrat des fusionierten und privatisierten Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) stehen vom 20. bis 22. Mai die Betriebsratswahlen vor der Tür. Kandidaten sind dazu von drei Listen nominiert worden. Es gibt eine ‚Freie unabhängige Liste‘, eine Liste vom ‚Marburger Bund‘, in der nicht nur Ärzte sondern auch nichtwissenschaftliche Mitarbeiter kandidieren. Und es gibt als größte und gewichtigste Bewerbung die ver.di-Liste. Derzeit hat der Marburger Betriebsrat am Uniklinikum 25 Sitze, bei der aktuell anstehenden Betriebsratswahl sind 27 Sitze zu vergeben. Dazu gibt es sieben Freistellungen für gewählte Betriebsratsmitglieder, also freigestellt von der Ausübung der berufliche Tätigkeiten etwa als Krankenschwester, Verwaltungsfachangestellter oder BetriebslaborantIn.
Bettina Böttcher ist die Vorsitzendes des Betriebsrates im Uniklinikum Marburg. Sie kandidiert erneut und findet sich ganz oben auf der Liste der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Insgesamt sind derzeit 17 Betriebsratsmitglieder als GewerkschafterInnen der ver.di- Liste gewählt. Für den mit einer Wahlzeit von vier Jahren neu zu besetzenden Marburger Betriebsrat des UKGM kandidieren insgesamt 42 KandidatInnen auf der Gewerkschaftsliste. Zur Vorstellung ihrer Kandidaturen sind Besuche auf den Stationen angesagt. In Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen werben Bettina Böttcher, Dirk Gehrke, Elfriede Achenbach, Björn Borgmann und die anderen BewerberInnen dabei nicht alleine um die Stimmen. Es geht ihnen zugleich um die Ausübung des Wahlrechts zur Betriebsratswahl.
Eine starke Interessenvertretung braucht auch eine möglichst hohe Wahlbeteiligung. Das selbstbewusste Eintreten für die Interessen gegenüber der Geschäftsführung fällt leichter, wenn eine große Wahlbeteiligung mobilisiert worden ist. Die ver.di-Liste 2 „…steht für einen Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz damit Arbeit nicht krank macht“, findet sich auf dem Wahlinfo der ver.di-Liste als Forderung ganz oben. Was für eine Aussage. Die Beschäftigten im Uniklinkum, von Beruf verantwortlich für die Gesundheit ihrer Patienten, müssen um Arbeitsbedingungen kämpfen, die sie selbst nicht gesundheitlich gefährden. Deutlicher geht es nicht.
Forderung nach Personalmindeststandards
Damit ist ein zentrales Problem auf dem Tisch. Es gibt nach wie vor keine gesetzlichen Personalmindeststandards die übergreifend in Krankenhäusern Geltung haben. Bei einem Personalkostenanteil von über 50 Prozent in Kliniken überrascht es wenig, wenn Klinikbetreiber versuchen die Personalkosten zu drücken. Dies gilt verstärkt an Kliniken mit Gewinnorientierung in der Hand von privaten Klinikkonzernen, wie der Rhön Klinikum AG. Bettina Böttcher erläutert im Gespräch, warum sie wieder für den Betriebsrat kandidiert.
„Entlastung statt immer weitere Belastung“, „Personelle Mindeststandards für alle Berufsgruppen“ sind weitere Forderungen, mit denen sie zur Wahl antritt. Als dringende Anliegen finden sich zudem „Gesundheits- und altersgerechte Arbeitsbedingungen am UKGM“. Dazu die „Förderung von Modellen zum gleitenden Übergang in den Ruhestand“. Auf dem Wahlinfo finden sich diese Forderungen als Anliegen der Beschäftigten zum Ausdruck gebracht. Sie sind nicht nur plausibel, sondern sollten selbstverständlich sein, wenn es um eine gute Krankenhausleistung und -versorgung geht.
Viele Ankündigungen und leere Worte von Landesregierung
„Wir sind beim UKGM noch lange nicht da, wo wir hinwollen“ sagte Ministerpräsident Volker Bouffier bei einem Besuch in Marburg vor einem guten Jahr. Dem stimmt Bettina Böttcher nur zu und vergegenwärtigt die Zeit vor der Landtagswahl 2013. „Es gab einen ‚Letter of Intent‘ als abgestimmte Verlautbarung der Landesregierung mit dem Klinikbetreiber. Geschehen ist bis heute nichts“ merkt die Betriebsratsvorsitzende an. Das Land Hessen wollte mehr Einfluss nehmen auf das UKGM. Dazu sollten zwei Sitze vom Land im Aufsichtsrat besetzt werden. Bis heute bloße Ankündigungen und leere Worte, teilt Böttcher mit.
„Es wurden mehr als 50.000 Unterschriften mit Forderungen zur Zukunft des Klinikums gesammelt und der Landesregierung übergeben. Lässt sich noch deutlicher zum Ausdruck bringen, dass dies ein Anlieger sehr vieler Menschen aus der Region ist?“ fragt Böttcher. Helga Scherer und Hans Mehrbrodt und viele mehr im Klinikbündnis sind auf die Straße gegangen und haben ihre Sorgen in die Öffentlichkeit getragen. „Wo hat es denn gesundheitspolitische Montagsandachten gegeben? Hier in der Marburger Elisabethkirche.“
Seitdem sei viel Zeit vergangen. Doch an den Problemen im sogenannten „Leuchtturmprojekt des Landes Hessen“ habe sich nichts geändert. Enttäuscht ist Bettina Böttcher insbesondere von den GRÜNEN. „Die sind jetzt Teil der Landesregierung. Aber von ihnen kommt nichts. Dabei haben sie doch im Marburger Stadtparlament die Probleme am UKGM mit auf die Tagesordnung gesetzt und Resolutionen verabschiedet„, sagt sie und das Bedauern und ihre Enttäuschung ist nicht zu überhören.
Beschäftigte sehen sich im Stich gelassen
„Schwierigkeiten werden nicht dadurch überwunden, dass sie verschwiegen werden“ fügt sie hinzu. Sie und alle Beschäftigten am UKGM fühlen sich im Stich gelassen. Vor der Wahl in Hessen gab es viele wohlgesetzte Worte und Ankündigungen. Doch geschehen sei auch bei Schwarz-Grün bis heute nichts. „Ich erwarte von der Landesregierung, insbesondere von den GRÜNEN, dass etwas passiert. Wir brauchen quantitative und qualitative Personalmindeststandards am UKGM“ lautet Böttchers klare Forderung. Hessen könne nicht auf den Bund verweisen, schließlich gebe es alleine in Hessen ein privatisiertes Uniklinikum. Dafür sei das Land gefordert.
Zugleich sagt sie mit Blickrichtung Geschäftsführung und Klinikeigner Rhön: „Führungsverantwortung in einem Unternehmen kann nicht alleine Ergebnisverantwortung heißen“. Die Betriebsratsvorsitzende Böttcher lässt sich nicht auf die Unterscheidung zwischen „patientennahen Bereichen“, also der Pflege und anderen Arbeitsaufgaben ein. Wenn bei der Reinigung oder bei der Sterilisation nicht ordentlich gearbeitet würde, hätten wir und die Patienten doch sofort Probleme. Deshalb sieht sie in der Ausgliederung dieser Funktionsbereiche nur einen weiteren Versuch Kosten zu drücken mit dem Ergebnis verschlechterter Arbeitsbedingungen für die Betroffenen bei schlechterer Bezahlung.
„Mit dem Gang an die Wahlurnen unserer Betriebsratswahlen geben die Kolleginnen und Kollegen auch ein Zeichen an die Geschäftsführung. Sie artikulieren damit, dass sie einen starken Betriebsrat wollen und brauchen“ lautet Bettina Böttchers Resüme.
Der erfahrenen Betriebsratvorsitzenden und ihren KollegInnen am UKGM ist eine erfolgreiche Wahl unbedingt zu wünschen. Das beharrliche Eintreten nicht alleine für ordentliche Arbeitsbedingungen am UKGM liegt zudem im Interesse der Menschen an einer guten Krankenhausversorgung in der Region. Auf den Betriebsrat am Uniklinikum Marburg wartet weiter viel verantwortungsvolle Arbeit und Engagement. Es ist erfreulich, dass dafür diese starke Frau wieder kandidiert.