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WATER ! – Eine Ausstellung in Bad Homburg

 

Foto und © Edward Burtynsky, Kumbh Mela # 1, Haridwar, India, 2010

140701 (red) Gastbeitrag von Ursula Wöll. Am 22. Juni begann die online-Bürgerinitiative www.campact.de  Unterschriften zu sammeln gegen die Pläne unserer Regierung, das Verbot des Fracking aufzuweichen. Bereits eine gute Woche später hatten 433000 Leute unterschrieben, aus Sorge um das Grundwasser, das durch Fracking mit Chemikalien verschmutzt wird. Nicht nur das Grundwasser, sondern jedes Wasser auf dieser Erde ist zunehmend bedroht. Doch Leben ohne Wasser ist nicht möglich. Das ist das neue Thema des kanadischen Fotokünstlers Edward Burtynsky. Seine Ausstellung „WATER!“ ist bis zum 31. August im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg zu sehen. „Ein Klagelied auf den Verlust der ursprünglichen Natur“, so charakterisierte er selbst bei seinem Besuch in Bad Homburg die Serie der ausgestellten 32 großformatigen Bilder. Sie zeigen auch die Bedrohung der Meere, denn nur 2,5 Prozent der Wasservorkommen der Erde sind Süßwasser, mit einem Anteil von 30 Prozent Grundwasser. Burtynsky hat die Fotos in neun Regionen dieser Welt aufgenommen, meist aus der Vogelperspektive, etwa aus einem Helikopter.

Doch der Fotograf begreift sich eher als Künstler denn als Dokumentarist. So bearbeitet er seine Aufnahmen farblich nach und komponiert sie sehr ästhetisch, was im Gegensatz zu ihrer traurigen Botschaft steht. Schon in seiner berühmten Serie ‚Oil!‘ ging er nach dem gleichen Prinzip vor. Da war schlicht Profitgier der Ölkonzerne im Spiel, so dass die Fotos mit den grausigen Verschmutzungen ganzer Regionen einfach zu lesen waren. Aber wie soll man etwa eine Draufsicht auf das gigantische Hochhauskonglomerat von Benidorm interpretieren, vor dem sich die Urlauber am Sandstrand drängen? Sie spricht von der Anziehungskraft des Wassers, das zum beliebten Ferienziel wurde. Dem Meer tut dieser Massentourismus gar nicht gut, doch ginge es auch anders, der Natur gemäßer? Auch die Aufnahmen am Ganges, in den Millionen von Indern für ihr rituelles Bad steigen, sind widersprüchlich interpretierbar. Sie zeigen die segensreiche Bedeutung des Wassers, lassen aber auf eine Zerstörung der Flussökologie schließen. Hier gibt es wohl keine Lösung für den Widerspruch zwischen den Interessen der Menschen und denen der Natur.

Foto und © Edward Burtynsky, Colorado River Delta # 2, Near San Felipe, Baja, Mexico, 2011

Andere Großfotos scheinen durch ihre Nachbearbeitung zunächst einmal ziemlich rätselhaft, so die Aufnahme vom Delta des Colorado-Rivers, die fast wie ein grandioses abstraktes Gemälde wirkt. Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass sich die Bearbeitung aber in Grenzen hält. Denn die Einschnitte der verästelten Flussadern sind brottrocken, so dass das Land dazwischen wirklich einfarbig staubgrau ist. Seit vierzig Jahren wird das Delta von keinem Tropfen Wasser des Flusses erreicht. Das einstige Feuchtgebiet wurde zur Wüstenregion, weil das Wasser von der Agrarindustrie zur Bewässerung anderswo abgezweigt wird. (Ganze 70 Prozent allen Frischwassers werden weltweit in der Landwirtschaft verbraucht.) In dem Film „Watermark“ ist die aufgerissene Erde in Nahaufnahme zu sehen, eine alte Frau beschreibt die Zerstörung des Deltas aus ihrer Erfahrung. Schon dieser 90minütige Film ist einen Besuch des Museums wert. Er führt uns auch nach China, wo ganze Landschaften unter neuen Staudämmen verschwinden oder zu den asiatischen „Dörfern“ der Muschelzüchter, die direkt auf dem Meer wohnen.

Ein Meer, das weltweit durch die alten Kreuzfahrt-Pötte und durch Unmengen von Abfall  bereits verdreckt ist. Eine Installation von Juliette Israel thematisiert diese Art der Vergewaltigung der Natur. Die Künstlerin hat tausende von Pet-Plastikflaschen an die Decke des Treppenhauses gehängt. Durch die zarte blaue und grüne Bemalung erinnern sie zunächst an ein friedlich wogendes Meer. Bis man erschrickt, weil man endlich die Aussage kapiert. Aber ist wenigstens in Bad Homburg die Welt noch in Ordnung? Das könnte man denken, wenn man die große, 200 Jahre alte Libanonzeder sieht. Sie steht vor dem Schloss, nur einen Steinwurf vom Museum in der Löwengasse entfernt, und vor ihr werden Teppichbeete mit Wasser besprengt. Erinnert man sich jedoch, wie man durch die ausfransenden Gewerbegebiete in die Stadt  fuhr, entlarvt sich dieser schöne Anblick leider als  Insel  im ‚Meer‘ der Zersiedelung und Betonierung unserer Natur.

Mittwochs von 14-19 Uhr ist der Eintritt für alle frei, ansonsten 5 Euro. —>Informationen, auch über die begleitenden Vorträge und Veranstaltungen, online.

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