Interview mit Bürgermeister Kahle und Stadtplaner Kulle: „Aufgrund anhaltender Wohnungsnachfrage ist Bedarf auf dem Vitos-Gelände nicht von der Hand zu weisen“
Marburg 140724 (yb) Die Diskussionen zur Wohnungsnot in Marburg gehen weiter und kommen voran. Zugleich gibt es Maßnahmen, die dazu perspektivisch Wirkungen entfalten. Dazu gehört die seitens Vitos und der Stadt Marburg gewollte Erschließung des baumbewachsenen südwestlichen Teils des Vitos-Geländes zur Wohnbebauung. Nach ausführlicher Berichterstattung dieses Vorhabens in das Marburger. vor einigen Monaten ist nunmehr eine lebhafte Diskussion über diese Pläne in Gang gekommen. Dazu hat die Redaktion ein Gespräch mit Bürgermeister und Baudezerneten Dr. Franz Kahle und Stadtplaner Reinhold Kuhle geführt. Die vielschichtigen Aspekte des Vorhabens und des vorliegenden Bebauungsplanentwurfs werden darin weitergehend beleuchtet.
Redaktion: Das Vitos-Gelände oberhalb der Cappeler Straße ist eine historische Gesamtanlage und findet sich als Kulturdenkmal klassifiziert und geschützt. Warum, Herr Bürgermeister Kahle, ist die Stadt Marburg veranlasst, hier einen Bebauungsplan aufzustellen?
Kahle: Das Vitos-Gelände, vielen MarburgerInnen noch als ‚Psychiatrie Cappel‘ geläufig, gehörte über Jahrzehnte dem Landeswohlfahrtsverband (LWV). Der Landeswohlfahrtsverband ist ein Zusammenschluss der hessischen Landkreise und kreisfreien Städte, dem soziale Aufgaben übertragen wurden. Der Sitz des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen ist Kassel mit seiner Hauptverwaltung. Er unterhält weitere Regionalverwaltungen in Darmstadt und Wiesbaden. Der Landeswohlfahrtsverband ist ein Kommunalverband höherer Ordnung in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach grundsätzlichen Änderungen im Bereich der psychiatrischen Versorgung hatte sich der LWV Ende der 90er Jahre entschlossen, die von ihm genutzte Fläche deutlich zu verkleinern und Flächen abzugeben. Daraufhin initiierte die Stadt Marburg gemeinsam mit dem LWV eine umfangreiche Bürgerbeteiligung mit öffentlichen Veranstaltungen und Workshops, bei dem ein Leitbild für die künftige Entwicklung des Gebietes erarbeitet wurde.
Seitdem wurden im Rahmen dieses Leitbildes (Rahmenplan), das auch vom Stadtparlament bestätig wurde, zahlreiche Weiterentwicklungen auf dem Gelände vorgenommen. Auf dem oberen ‚Stadtbalkon‘ (die ehemaligen Apfelobstplantagen) soll dauerhaft keine Bebauung stattfinden. Dort haben inzwischen die Interkulturellen Gärten, der Gesundheitsgarten und das Bildungsgartenprojekt Platz gefunden. Mit einem Altenhilfeprojekt (Aura), der Mosaikschule und zweier Kinderkrippen sind im Randbereich soziale Einrichtungen angesiedelt worden. Der Parkcharakter des Geländes ist dabei erhalten geblieben. Gleichzeitig sind in Abstimmung mit der Vitos GmbH (einer Tochter des LWV, die jetzt das Gelände besitzt) die Zäune und Sperren entfernt worden. Der früher hermetisch abgeriegelte Park kann heute zur Naherholung genutzt werden.
Nunmehr möchte Vitos einen Geländeteil, der im gemeinsam erarbeiteten Rahmenplan für Kliniksneubauten vorgesehen war, nicht mehr für eigene Zwecke nutzen. Aufgrund der Suche nach geeigneten Flächen für innerstädtischen Wohnungsbau haben sich daher Stadt und Klinik vorgenommen, dieses kleine Teilstück des Gesamtgeländes für Wohnungsbau planerisch zu entwickeln.
Redaktion: Wer sich das Vitos-Gelände ansieht und dort einmal spazieren geht, kann angenehm überrascht sein. Dort finden sich viele Leitbilder einer Gartenstadt verwirklicht, wie sie sich in Marburg ansonsten nicht noch einmal antreffen lassen. Geht davon nicht gerade für Sie, Herr Bürgermeister – nicht zuletzt als Mitglied der Partei Bündnis 90/die Grünen – ein besonderer Impetus für eine auf Erhaltung und Schutz orientierte Einstellung und Rahmensetzung aus?
Kahle: Wir haben mit der Bürgerbeteiligung und den vor über 10 Jahren erarbeiteten Leitzielen eine hervorragende Grundlage, dieses in Marburg einzigartige Parkgelände auch über die Veränderungen in der Praxis der psychiatrischen Versorgung hinaus zu erhalten. War das Gelände früher abgeriegelt, ist es heute offen zugänglich. Mit zwei Krippeneinrichtungen, zwei Schulen, dem Hospiz und zahlreichen anderen sozialen Einrichtungen ist das Gelände heute wie früher sehr locker bebaut und der alte Baumbestand durch unser Konzept dauerhaft geschützt. Der Stadtbalkon als von Bebauung freizuhaltender Riegel bietet Platz für naturnahe Initiativen und Freizeitflächen. Uns ist es gelungen, alte Gebäudesubstanz zu erhalten und neuen Nutzungen zuzuführen (z.B. die alte Kapelle und Teile der Kliniken). Der Wert des Geländes für die in der Umgebung wohnenden Menschen ist heute höher als früher. Dies wollen wir auch sichern, indem es z.B. dauerhaft keinen regelmäßigen PKW-Verkehr in diesem Gebiet geben soll.
Redaktion: Gibt es nicht derzeit einen Konflikt in Marburg zwischen neuer und älterer Beschlussfassung des Stadtparlaments, Herr Kahle? Im Mai 2003 hat das Parlament ein stadträumliches Strukturkonzept „als Rahmenplan für die Weiterentwicklung dieses Geländes“ beschlossen. Die nicht für Klinikbereiche weiter genutzten Flächen mit einem Anteil von etwa 50 Prozent sollen demnach „als Freiflächen mit einem hohen Erholungs- und Freizeitwert für die Bevölkerung der angrenzenden Stadtteile entwickelt“ werden. Für unbebaute Flächen wurde beschlossen einen Ideenwettbewerb durchzuführen. Wörtlich heißt es im Protokoll: Der Ideenwettbewerb muss vor der Aufstellung eines Bebauungsplanes durchgeführt werden.“ Im Mai 2012 hat die Stadtverordnetenversammlung jedoch beschlossen einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen ohne vorhergehenden Ideenwettbewerb. Die passiert zudem im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Baugesetzbuch. Wie verhalten sich diese beiden Beschlüsse zueinander in ihrer Wahrnehmung Herr Kahle?
Kahle: Wir haben gemeinsam mit Vitos verschiedene Ideenskizzen erarbeitet und die Vorstellungen mit dem Gestaltungsbeirat diskutiert, um so zu einem guten städtebaulichen Entwurf zu kommen. Grundsätzlich hat der Gestaltungsbeirat die Ideen zur räumlichen Abgrenzung eines Baugebietes von dem historischen Parkgelände begrüßt. Auch die Vorstellungen, am Eingang des Geländes einen Baukörper zu errichten, sind grundsätzlich als städtebauliche ‚Adressbildung‘ für das Gelände begrüßt worden.
Es wird jetzt darauf ankommen, die bisherigen Überlegungen im Bebauungsplan festzulegen. Danach wird es im Rahmen von Bauantragsverfahren zu einer Konkretisierung kommen müssen, welche Architektur dort umgesetzt wird. Auch dieses werden wir, wie die bisherigen Schritte auch, in regelmäßigen Abständen den Gremien und in öffentlichen Veranstaltungen vorstellen und Vorschläge einsammeln. Es wird jetzt darauf ankommen, die bisherigen Überlegungen im Bebauungsplan festzulegen.
Danach wird es im Rahmen von Bauantragsverfahren zu einer Konkretisierung kommen müssen, welche Architektur dort umgesetzt wird. Auch dieses werden wir – wie die bisherigen Schritte auch – in regelmäßigen Abständen den Gremien und in öffentlichen Veranstaltungen vorstellen und Vorschläge einsammeln.
Redaktion: Was sind die Hintergründe und Motive des jüngeren Aufstellungsbeschlusses aus 2012, zumal im beschleunigten Verfahren, Herr Bürgermeister?
Kahle: Vitos und der LWV benötigen die Flächen zukünftig nicht mehr für eigene Bauten. Noch vor 10 Jahren war der LWV der Meinung, dass er die Flächen als ‚Reserve‘ benötige. Da diese Flächen auch nach unserer Grundsatzplanung für Bebauung vorgesehen waren, liegt es aufgrund des Mangels an Wohnraum in Marburg nahe, dass wir diese Flächen nun als Wohnungsbauflächen entwickeln. Zum Teil soll hier nach unserer Vorstellung auch preisgebundener Wohnraum (Sozialwohnungen) entstehen.
Redaktion: Was ist Gegenstand und Geltungsbereich des aktuellen Bebauungsplanentwurfes, Herr Kulle?
Kulle: Der Geltungsbereich des aktuellen Bebauungsplanes, für den die Stadtverordnetenversammlung 2012 den Aufstellungsbeschluss gefasst hat, umfasst den südwestlichen Teil des Vitos-Geländes im Bereich Cappeler Straße/Friedrich-Ebert-Straße, der diese Fläche noch 2003 auf der Grundlage des stadträumlichen Strukturkonzeptes als potentielles Erweiterungsgebiet der Klinik vorgesehen hat. Dieser Teil des Klinikgeländes, auf dem bereits ein Klinikgebäude steht, wird zukünftig im Rahmen einer weiteren Klinikkonzentration nicht mehr benötigt, was die Universitätsstadt Marburg gemeinsam mit Vitos dazu veranlasst hat, den bereits erwähnten, einstimmig gefassten Aufstellungsbeschluss zur Entwicklung eines Wohngebietes zu fassen.
Redaktion: Wie viele Wohngebäude und Wohneinheiten und mit welcher Eigenart / Auslegung können danach dann gebaut werden?
Kulle: Das gemeinsam mit dem Gestaltungsbeirat erarbeitete städtebauliche Konzept sieht ca. 150 Wohneinheiten in 14 Gebäuden vor. Vorgesehen ist im zentralen Bereich eine lockere villenartige, der Struktur des Vitos-Geländes angelehnte Einzelhausbebauung und entlang der Friedrich-Ebert-Straße vermehr eine Zeilenbauweise. Insgesamt sieht das Konzept einen 50 Prozent-Anteil geförderten Wohnungsbaus vor.
Redaktion: Wie verhält sich Vitos als Gesellschaft des Landes Hessen in dieser Sache? Gehen von der derzeitigen Eigentümerin Impulse oder Druck aus, eine möglichst intensive Wohnbebauung zu eröffnen, um einen höheren Verkaufspreis erzielen zu können?
Kahle: Nein! Von Vitos geht kein Druck aus. Vitos und Universitätsstadt Marburg haben sich im Verfolgen einer gemeinsamen Umsetzung des stadträumlichen Strukturkonzeptes dazu entschlossen, das Gelände in Richtung Wohnungsbau als gut verträgliche Ergänzung des Klinikgeländes zu entwickeln. Das Konzept sieht auch keine überzogene städtebauliche Dichte vor. Ganz im Gegenteil. Die städtebauliche Konzeption sieht hier für einen innerstädtischen Standort eine eher locker, mit den ‚Parkstrukturen‘ des historischen Vitos-Geländes gut verträgliche Bebauung vor.
Redaktion: Der Kernbereich des Bebauungsplanentwurfs ist derzeit ein größeres Waldstück. So wird dies jedenfalls von zwei Fachkundigen gesehen, die diesbezügliche Einwendungen zum Erhalt der dort in Jahrzehnten gewachsenen Baumbestände geltend machen. Geht die Stadt Marburg ebenfalls von der Existenz von Wald dort aus, Herr Kahle?
Kahle: Die Frage, ob es sich bei diesen Flächen im rechtlichen Sinne um Wald handelt oder nicht, ist nicht von der Stadt Marburg zu entscheiden. Wenn es sich um Wald im rechtlichen Sinne handelt, so ist Voraussetzung für eine Bebauung, dass dort gerodet, also der Wald entfernt werden darf. Dies ist nur dann zulässig, wenn Ersatzforstflächen zur Verfügung gestellt werden. Es muss also an anderer Stelle gegebenenfalls Wald aufgeforstet werden.
Bereits im Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan ist darauf hingewiesen worden, dass große Teile des Plangebietes aufgrund ihrer Flächengröße als Wald einzuschätzen sind und hierfür gesonderte forstrechtliche Verfahren nötig werden. Diese Verfahren werden derzeit vorbereitet.
Redaktion: Im Kontext der Diskussionen um Wohnungsnot in Marburg, besonders hinsichtlich der Schaffung und Gewährleistung von bezahlbaren Wohnungsangeboten in der Stadt, lässt sich das Vitos-Gelände als Flächenressource und sogar als Filetstück betrachten. Wäre eine Erhaltung dieses Geländes als Wald für Freizeit, Erholung und als Klimalunge vor diesem Hintergrund überhaupt vertretbar, Herr Bürgermeister?
Kahle: Wir haben in der Tat einen Konflikt zwischen der starken Nachfrage nach (innerstädtischen) Wohnflächen und dem Erhalt unserer Grünstrukturen. Daher muss immer sehr sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Bebauungsplans vorliegen. Im Bereich des Vitos-Geländes ist es nach der mit der Bürgerschaft vor über 10 Jahren entwickelten Leitidee unsere Überzeugung, dass wir in unmittelbaren Übergang vom Vitos-Gelände zum Stadtbalkon und zum Richtsberg eine große intakte Grün- und Waldzone haben. Diese sollte nach unserer Meinung auch dauerhaft von jeder Bebauung frei bleiben.
Redaktion: Welche Verfahrensschritte im B-Planverfahren sind geleistet, welche stehen laut Fahrplan bevor, Herr Kulle? Wann liegt Baurecht vor in Gestalt eines gültigen Bebauungsplans?
Kulle: Wir befinden uns immer noch am Anfang des planungsrechtlichen Verfahrens. Im Frühjahr ist erst die erste Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Baugesetzbuch (BauGB) sowie einen erste Beteiligung der Behörden durchgeführt worden.
Für den notwendigen Offenlagebeschluss durch die Stadtverordnetenversammlung werden derzeit die Ergebnisse dieser Beteiligung geprüft und weitere vorbereitende Schritte, wie das bereits erwähnte forstrechtliche Verfahren, betrieben. Eine Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung ist damit nicht vor dem Herbst 2014 möglich. Der eigentliche Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes könnte danach in 2015 gefasst werden.
Redaktion: Welche stadtplanerischen Ziele und Konflikte sind in dem aktuellen B-Planentwurf artikuliert und aufgenommen, Herr Kulle?
Kulle: Die wesentlichen Planungsziele sind bereits im Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan festgelegt und hier an anderer Stelle bereits dargelegt. Es ist die Reaktion auf einen Umstrukturierungsprozess bei Vitos, ein Reagieren auf den anhaltenden Nachfragedruck in der Wohnungsfrage und eine sinnvolle Weiterentwicklung des Vitos-Geländes mit all seinen auch freiraumplanerischen Qualitäten für die umliegenden Wohnquartiere.
Redaktion: Was für eine Architektur soll dort zum Tragen kommen? Ist dort sozialer Wohnungsbau vorgesehen mit der Errichtung barrierefreier Wohnungen?
Die Frage der Architektur ist derzeit noch nicht zu beantworten. Vergleichbare Diskussionen, wie z. B. zu den Wohnbauprojekten der GWH zeigen aber, dass die Universitätsstadt Marburg mit Unterstützung des Gestaltungsbeirates zu guten und anspruchsvollen Lösungen kommt. Im sozialen Wohnungsbau sind derzeit ca. 75 Wohneinheiten vorgesehen, die natürliche in Fragen der Grundrissgestaltung und damit der Errichtung barrierefreier Wohnungen mit dem ‚Runden Tisch barrierefreies Bauen‘ abgestimmt werden.
Redaktion: Können dort in Marburg tätige öffentliche Wohnungsbaugesellschaften zum Zuge kommen? Ist es möglich dass ein (oder mehrere) Privatinvestoren das Gelände exklusiv erwerben und bebauen?
Kulle: Derzeit interessieren sich mehrere Wohnungsbaugesellschaften auf dem Gelände entsprechend der Bebauungsplankonzeption sozialen Wohnungsbau zu errichten. Hier müssen aber noch Gespräche und Verhandlungen mit dem Eigentümer geführt werden.
Für die offene Villenbebauung kämen auch private Investoren in Frage. Ein exklusiver Erwerb aller Flächen ist jedenfalls derzeit nicht angedacht, obliegt allerdings dem Eigentümer. Die Universitätsstadt Marburg geht eher von einer abschnittweisen Realisierung aus.
Redaktion: Welche Interessenten sind der Stadt Marburg als Herrin im Baurechtsverfahren bekannt? Sind von dieser Seite Wünsche und Vorstellungen artikuliert worden, Herrr Kulle? Der B-Planentwurf weist eine überraschende Detaillierung hinsichtlich der Art der Bebauung aus (Bauweise und -körper und deren Anordnung).
Kulle: Die Detaillierung der Planung ist allein städtebaulich motiviert.
Redaktion: Es sind bereits Einwendungen zu dem Entwurf des Bebauungsplanes artikuliert worden. Können, zumal in dem zur Anwendung kommenden beschleunigten Verfahren, alle wichtigen stadtplanerischen Aspekte mit besonderem Blick auf die Diskussionen zur Wohnungsnot überhaupt gebührenden gewürdigt werden?
Kahle: Sowohl in der öffentlichen Informationsveranstaltung als auch im eigentlichen Beteiligungsverfahren sind relativ wenige Einwendungen vorgebracht worden. Ausnahme ist das Thema ‚Behandlung der Waldfläche‘. Aber hierauf ist bereits an anderer Stelle eingegangen worden. Zu einem anderen Thema ‚Lage eines im Gebiet liegenden Bolzplatzes‘ finden nach der Sommerpause weitere Gespräche statt. Wir gehen davon aus, dass die Stadtverordnetenversammlung die stadtplanerischen Aspekte mit besonderem Blick auf die Diskussion zur Wohnungsnot gebührend würdigen wird.
Redaktion: Was halten sie von Alternativvorschlägen auf nahe gelegene unbebaute Flächen oberhalb des Vitos-Areals oder in der Rentmeisterstraße, wo es einen großen von Wohnbebauung umzingelten Acker gibt?
Kulle: Die unbebauten Flächen, z. B. in der Rentmeisterstraße standen in den letzten Jahren wiederholt im Fokus und wären durchaus geeignet, entsprechenden Wohnungsbau aufzunehmen. Zumal hier bereits Baurecht existiert. Allein hier steht die Eigentumsfrage entgegen.
Die als Alternative diskutierte Fläche oberhalb des Vitos-Areals kommt allerdings nicht in Frage, da dieser sogenannte ‚Stadtbalkon‘ gemäß den Zielsetzungen des stadträumlichen Strukturkonzeptes von jeglicher Bebauung freigehalten werden soll.
Redaktion: Derzeit sind zwei Großprojekt in Sachen Wohnungsbau in Vorbereitung. In der neuen Kasseler Straße wollen Privatinvestoren eine Reihenbebauung für über 200 Wohneinheiten hinstellen. Die GWH will rund 300 Sozialwohnungen am unteren und oberen Richtsberg und im Waldtal neu bauen. Dazu gibt es 24 Millionen Euro Landesförderung und 4,5 Millionen Euro städtischer Komplementärmittel. Zusammen genommen ist das bereits eine ganze Menge an Wohnungsneubau. Gehen davon Rückkoppelungen auf die städtischen Planungen für das Vitos-Gelände aus?
Derzeit gehen wir davon aus, dass aufgrund der anhaltenden Wohnungsnachfrage – gerade auch im Bereich des sozialen Wohnungsbaues und bereits vorliegender Zwischenergebnisse der INWISS-Studie – ein Bedarf auch auf dem Vitos-Gelände nicht von der Hand zu weisen ist.
Vielen Dank für das Gespräch und ihre Antworten, Herr Bürgermeister Kahle und Herr Kulle.
—>Beitrag Worauf es bei dem Vitos-Gelände für Wohnungsbau ankommt