Bürgerinitiative fordert Tempolimit für Stadtautobahn – Offener Brief an Verkehrsminister Tarek AL-Wazir
Marburg 140807 (yb) Mitten in den Sommerferien startet die Bürgerinitiative Stadtautobahn eine neue Initiative für ein weitergehendes Tempolimit auf der Stadtautobahn. Im Stadtbereich der B3a zwischen Wehrda und Cappel fordert die Bürgerinitiative (BI) Tempo 80 km/h als Limit für PKW und Tempo 60 km/h als Obergrenze für LKW. Damit greift die BI Stadtautobahn ihre eigenen Forderungen wieder auf und konfrontiert den neuen Hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung damit. Vor der Landtagswahl war dies ein Ressort der FDP. Nunmehr trägt mit Tarek AL-Wazir ein Mitglied der GRÜNEN die ministerielle Verantwortung.
Die BI Stadtautobahn „ermuntert“ den Minister Tarek AL-Wazir „die hinlänglich bekannte Lärmbelastung der Marburger Bürger durch die B3 schnell und signifikant zu verringern.“ Dabei bezieht sie sich nicht alleine auf die entsprechende Beschlusslage der Stadtverordnetenversammlung. Es ist überhaupt nicht lange her, dass die Marburger Landtagsabgeordnete der GRÜNEN, Angela Dorn, genau die Forderung nach Höchstgeschwindigkeit 80/60 km/h sich zu eigen gemacht hat und Richtung Hessischer Landesregierung artikuliert hat. Das war vor der Wahl. Jetzt wird Hessen von einer Schwarz-Grünen Koalition regiert.
Insofern kommt die neuerliche Initiative der BI Stadtautobahn folgerichtig und zu einem angemessenen Zeitpunkt. Im Schreiben an den Verkehrsminister werden Zusammenhänge und Hintergründe benannt. Dazu gehört auch zu benennen, dass eine Umsetzung bisher „am Widerstand des Regierungspräsidenten und von Hessen Mobil“ gescheitert ist. Angesicht der Kostenneutralität eines Tempolimits, was die Zeit der Passage um allenfalls zwei Minuten verlängern würde, wird der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass ein Tempolimit nunmehr Wirklichkeit werden kann.
Im Schreiben (Text wird unten vollständig veröffentlicht) artikuliert die Bürgerinitiative, dass Warten auf weiteren Einbau von ‚Flüsterasphalt‘ ebensowenig Abhilfe gegen die Lärmbelästigung leisten kann, wie die ferne Hoffnung auf eine Tunnelführung im Zusammenhang einer eventuellen Bundesgartenschau Marburg im Jahr 2029.
So kann dieser Vorstoß niemanden überraschen. Unbedingt richtig ist es bei dem Verkehrsminister der GRÜNEN damit vorstellig zu werden. In der Vergangenheit war das zuständige Ministerium von der FDP geführt, die dem Wahn des freien Tempos für freie Bürger angehangen haben. Nunmehr weiß die BI sogar die heimische Landtagsabgeordnete der GRÜNEN Angela Dorn auf ihrer Seite. So dar man gespannt sein, wie der GRÜNE Verkehrsminister auf die Initiative reagieren wird. Der Brief ist mit Datum 22. Juli 2014 nach Wiesbaden gesendet worden, örtliche Addressaten sind MdL Angela Dorn, Oberbürgermeister Egon Vaupel, Bürgermeister Dr. Franz Kahle und die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Marburg.
An den
Hessischen Minister
für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden
Sehr geehrter Herr Minister, 22.07.2014
in den 60ger Jahren wurde die durch Marburg führende Bundesstraße B3a dem Zeitgeist entsprechend im Innenstadtbereich autobahnähnlich ausgebaut. Die „Stadtautobahn“ ist nach Süden hin an das Autobahnnetz in Gießen angebunden, endet aber nach Durchquerung der Stadt an ihrem nördlichen Stadtrand in normal ausgebaute Bundes- und Landstraßen.
Die Folgen des autobahnähnlichen Charakters der B3a im Stadtgebiet Marburg sind, neben der Zerstörung der Lahnauen als Naherholungsgebiet und der Trennung innerstädtischer Verbindungswege, massive Schadstoffemission und – wegen der spezifischen Tallage – Lärmemissionen in weiten Bereichen des Stadtgebiets. Die Bürgerinitiative B3a Stadtautobahn bemüht sich seit Jahren, diesen negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Die Errichtung von Schallschutzwänden ist nur eingeschränkt erfolgversprechend, die „Stadtautobahn“ führt im Stadtbereich durch das enge Lahntal, so dass Lärmschutzwände die Reflexionen auf die anliegenden Hügel verstärken könnten. Der Magistrat hat im Zuge der Bewerbung um die Bundesgartenschau eine Tunnelverlegung der Stadtautobahn vorgeschlagen, die potentielle Umsetzung einer solchen Maßnahme wird allerdings noch viele Jahre ins Land gehen lassen.
Die Bürgerinitiative B3a Stadtautobahn bittet seit Jahren darum, ungeachtet der oben beschriebenen langfristigen Planungen und der Hoffnung auf Flüsterasphalt bei zukünftigen turnusgemäßen Straßenbelagsarbeiten, in einem ersten Schritt die Geschwindigkeit auf der B3a im Stadtbereich für PKW von jetzt 100 km/h auf 80 km/h und für LKW von jetzt 80 km/h auf 60 km/h zu reduzieren. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme, die praktisch kostenneutral umzusetzen wäre (und übrigens bei einer Tunnelführung sowieso notwendig wäre). Die Durchfahrtzeiten durch den Bereich der Marburger Innenstadt würden sich um ca. 2 Minuten verlängern, eine sicherlich auch für AutofahrerInnen annehmbare Einschränkung. Der Magistrat der Stadt Marburg und die Stadtverordnetenversammlung haben sich ebenfalls für eine solche Maßnahme ausgesprochen.
Die Umsetzung einer wie oben vorgeschlagenen Geschwindigkeitsbegrenzung scheiterte bislang am Widerstand des Regierungspräsidenten und von Hessen Mobil. Beide ziehen sich auf Berechnungen des Verkehrsaufkommens und theoretische Kalkulationen der Lärmemissionen zurück, deren Gültigkeit für die spezifische Topographie in Marburg von vielen Expertinnen und Experten allerdings angezweifelt wird. Von juristischer Seite wird außerdem immer wieder darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen durchaus Spielraum lassen, auch bei geringen theoretisch berechneten Lärmreduktionen durch Geschwindigkeitsbegrenzungen diese umzusetzen.
Sehr geehrter Herr Minister, auch veranlasst durch die stets unterstützende Haltung der Marburger Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Frau Angela Dorn, bitten wir Sie nun, die beschriebene Angelegenheit zu prüfen und die kurzfristige Umsetzung einer Geschwindigkeitsreduktion durch die nachgeordneten Behörden zu veranlassen. Die stark betroffenen Marburger Bürgerinnen und Bürger würden das als eine große Erleichterung empfinden.
Mit freundlichen Grüßen, im Auftrag der Bürgerinitiative
Dr. Ulrich Wagner