Debatte um gemeinschaftliches Wohnen in Marburg
Marburg 17.10.2014 (pm/red) Eine zweite Informationsveranstaltung zu alternativen Wohnprojekten hat im Marburger Rathaus unter dem Motto ‚Wohnprojekte in Marburg. Gemeinsam Wohnen heute und 2025‘ für einen gefüllten Historischen Saal gesorgt. Eingeladen hatten der Verein ‚Gemeinschaftlich Wohnen in Marburg‘, der sich für Projekte einsetzt, in denen Menschen unterschiedlichen Alters, behindert und nicht behindert, zusammenleben und sich gegenseitig Unterstützung und Hilfe geben können. Mit eingeladen hatten die Stabsstelle Altenplanung, die städtische Fachstelle für Wohnberatung, die Vereine GeWiM Gemeinschaftlich Wohnen in Marburg und FORUM Gemeinschaftliches Wohnen.
Das Thema Wohnen ist in der Stadt hoch angesiedelt“, betonte Stadtrat Roland Stürmer bei der Begrüßung. Marb urg investiere in den sozialen Wohnungsbau und stelle, wenn möglich, auch Grundstücke für Initiativen zur Verfügung. Zunächst gaben engagierte BürgerInnen und Institutionsvetrtreter kurze Stellungnahmen ab. Die städtische Sozialplanerin Monique Meier verwies darauf, dass in Marburg der demografische Wandel wegen der vielen Studierenden zwar noch nicht sichtbar sei, jedoch auch hier wesentlich weniger Kinder geboren werden als früher. Es gebe sehr viele Singles und Alleinstehende. „Die Sozialstruktur wird sich immer mehr verändern und die Menschen suchen Alternativen“, sagte Meier.
Bernd Gökeler von der Lokalen Agenda betonte, dass Wohnen mehr als nur vier Wände bedeute. Es gehe darum, sich wohlzufühlen. Ideen für alternative Wohnformen brauchten deshalb Unterstützung, so seine Meinung – und zwar in Alt- und Neubau.
Krystyna Heidenreich, die sich ehrenamtlich im Projekt ‚Wohnen für Hilfe‘ des Studentenwerks engagiert, setzt sich dafür ein, dass ältere Menschen, die freie Zimmer haben und nicht auf Mieteinnahmen angewiesen sind, diese Studierenden kostenfrei oder günstiger überlassen. Diese würden als Gegenleistung beispielsweise im Garten oder im Haushalt helfen. Leider, so bedauerte Heidenreich, gebe es zu wenige Angebote der älteren Menschen. Viele würden sagen: „Mir kommt kein Fremder ins Haus.“
Manfred Morawitz von der Wohnungsbaugesellschaft Wohnstatt berichtete vom Projekt Wohnen für Generationen (WoGe) in Weidenhausen. 1997 wurde es realisiert. Die Stadt Marburg hatte das Grundstück der alten Gerberei günstig zur Verfügung gestellt und das Projekt unterstützt. Wichtig seien bei der Umsetzung eine zentrale Lage und bezahlbare Mieten. Eine große Rendite sei nicht zu erzielen.
Wohnen für Generationen im Mietobjekt, gemeinschaftliches Wohnen als Eigentümer wie es in der Ockershäuser Allee, wo ebenfalls ein städtischen Grundstück zur Verfügung gestellt wurde, sowie das Genossenschaftsmodell des Mietshäusersyndikats waren als bestehende Projekte dann Thema von drei Workshops.
Eine abschließende Podiumsdiskussion beleuchtete, wie sich gemeinschaftliches Wohnen in Marburg in den nächsten zehn Jahren entwickeln kann und soll. Morawitz, Stefan Herbes von der Wohnungsgesellschaft mbH Hessen (GWH) und Matthias Knoche für die städtische Gemeinnützige Wohnungsbau GmbH Marburg-Lahn (GeWoBau) berichteten.
Laut Morawitz wird in ein bis zwei Jahren von der Wohnstatt eventuell ein weiteres Projekt gestartet. Wie Herbes hervorhob, gebe es aber angesichts des angespannten Wohnungsmarktes derzeit auch keine finanziellen Anreize, alternative Projekte umzusetzen.
Stefan Funk von der Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsbau-Genossenschaft verwies darauf, dass die Genossenschaft mit ihren Häusern eigentlich bereits ein Mehrgenerationenprojekt sei.
Moderatorin Brigitte Bohnke verwies auf Anregung aus dem Plenum darauf, dass es vor allem darum gehe, ein grundsätzliches Umdenken zu erreichen. Die Stadt Marburg habe immer gerne unterstützt, ihre Grundstücke seien aber begrenzt.
Stadtplaner Reinhold Kulle forderte ein generelles Umdenken auch in der Bevölkerung. Wohneigentum verpflichte auch, viele Ältere wohnten alleine in großen Häusern, die sie nicht mehr nutzen könnten, die aber durchaus für gemeinschaftliches Wohnen geeignet wären. „Wir brauchen mehr Verantwortung in der Nachbarschaft“, so Kulles Forderung.