Naomi Beckwith als Künstlerische Leiterin der documenta 16 vorgestellt

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Vortrag über Kriegsverbrechen im Ersten Weltkrieg am 13. November

Marburg 8.11.2014 (pm/red) Die systematischen Terrorhandlungen und (kriegs-)Verbrechen des sogenannten ‚Islamischen Staats‘ (IS) im Irak und in Syrien erschüttern heute viele Menschen in Deutschland und Europa. In der Reihe ‚Der Erste Weltkrieg – Veranstaltungen zum Gedenkjahr 2014‘ wird am 13. November der Blick auf Verbrechen in Europa vor 100 Jahren gerichtet. Der Marburger Politologe und Historiker Dr. Wolfgang Form referiert über die ‚Die fehlgeschlagene Ahndung deutscher Kriegsverbrechen nach dem Ersten Weltkrieg‘ im Café am Grün.

Am Ende des Ersten Weltkrieges waren sich die Siegermächte einig, die in Europa begangenen Gräueltaten nicht ungesühnt zu lassen, darunter das Massaker von Dinant in Belgien. Der Versailler Vertrag hielt fest, dass der Deutsche Kaiser und führende Männer des Militärs und der Verwaltung als Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden sollten. Die Alliierten recherchierten jeder für sich nach potentiellen Kriegsverbrechern und stellten Anklagelisten für nationale und gemeinsame (internationale) Gerichte zusammen.

Auf deutscher Seite wollte man diese Entwicklung mit allen zur Verfügung stehenden diplomatischen und politischen Mitteln stoppen. Deutschland schaffte es, die Alliierten davon zu überzeugen, dass sie selbst mit rechtsstaatlichen Mitteln – nun war Deutschland schließlich zur Demokratie und wollte eine welthistorische Chance erhalten – die eigenen Kriegsverbrechen ahnten könnte. Am 18. Dezember 1919 wurde das Gesetz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen und Kriegsvergehen veröffentlicht.

Parallel zu den Regelungen in Deutschland wurden auf der Pariser Friedenskonferenz die Weichen für eine inhaltliche Definition von Kriegsverbrechen gestellt. Als das wohl wichtigste Ergebnis der Beratungen war eine völkerrechtlich anerkannte Auflistung, was alles als Kriegsverbrechen angesehen wurde. Diese Übersicht diente den Alliierten im Zweiten Weltkrieg als Blaupause für die Ahndungsstrategien deutscher und japanischer Kriegsverbrechen.

Die weitere Entwicklung in Deutschland war vom Schutz deutscher Kriegsverbrecher vor Strafverfolgung geprägt. Von über 1.000 von den Alliierten vorgeschlagenen Fällen kamen ganze 9 vor das Reichsgerichts. Eines der bekanntesten Verfahren behandelte den Untergang des Lazarettschiffes Llandovery Castle. Bemerkenswert war die Argumentation der Richter in diesem Fall: Zum einen wurde – dies wird auch heute noch in der völkerstrafrechtlichen Literatur und in Urteilen der Ad-hoc Tribunale  thematisiert – festgehalten, dass nicht jeder Befehl eines Vorgesetzten befolgt werden muss.

Zum anderen fanden die Richter einen Weg, die Angeklagten zu einer möglichst geringen Strafe zu verurteilen, die keine unehrenhafte Entlassung aus dem Militärdienst nach sich gezogen hätte. Der Vortrag fokussiert zum einen auf die Ahndungsbemühungen der Alliierten, die politische und diplomatische Gegenwehr seitens Deutschlands sowie in einem Ausblick auf die Auswirkungen auf das sich entwickelnde Völkerstrafrecht.

Wolfgang FormReferent Dr. Wolfgang Form ist Politikwissenschaftler und Historiker und Mitbegründer des renommierten ‚Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse‘ an der Philipps-Universität Marburg. Er arbeitet als Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissenschaft und am Zentrum für Konfliktforschung der Universität. Seine Forschungsgebiete sind Entwicklung des Völkerstrafrechts, sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen und Filmaufnahmen von Hauptkriegsverbecherprozessen und Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg. Zu seinen Veröffentlichungen gehört zuletzt:
Wolfgang Form/ Theo Schiller/ Karin Brandes (Hrsg.): Die Verfolgten der politischen NS-Strafjustiz in Hessen – Ein Gedenkbuch. Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen Band 65,3. Marburg 2012, 2. erweiterte Auflage.

Die Veranstaltung ‚Die fehlgeschlagene Ahndung deutscher Kriegsverbrechen nach dem Ersten Weltkrieg‘ am Donnerstag, 13. November, findet statt im Cafe Am Grün, Am Grün 30. Beginn um 20.30 Uhr, Eintritt frei.

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