Stelldichein im Marburger Bahnhof – Abschluss der Bauarbeiten
Marburg 23.12.2014 (pm/red) Bürgermeister Franz Kahle ist am 22. Dezember mit zahlreichen Beteiligten im Marburger Hauptbahnhof zusammengekommen, um den Abschluss der Bauarbeiten am Bahnhofsvorplatz bekannt zu geben. „Wir freuen uns, dass das große Bauvorhaben über die letzten Jahre gemeinsam in sehr enger Abstimmung mit den Gesellschaften der Deutschen Bahn, insbesondere mit DB Netz, so gut geklappt hat“, betonte Bürgermeister und Baudezernent Dr. Kahle. Susanne Kosinsky, Leiterin des Regionalbereichs Mitte der Deutsche Bahn (DB) Station & Service AG, Roland Meuschke, Leiter Bahnhofsmanagement DB, Baudirektor Jürgen Rausch, Thomas Engelbach, Leiter des Fachdienstes Tiefbau, Dorte Hitz, Fachdienst Tiefbau, der Leiter der Straßenverkehrsbehörde Harald Schröder, Michael Hagenbring, Straßenverkehrsbehörde, der Stadtverordnete Dr. Hermann Uchtmann und Stadtmarketingkoordinator Jan-Bernd Röllmann machten sich gemeinsam mit dem Bürgermeister ein Bild von der neu geschaffenen Situation vor Ort.
„Wir freuen uns auch, dass mit der Geschäftswelt, insbesondere mit dem Werbekreis Nordstadt und den ansässigen Geschäftsleuten letzten Endes alles in guter Abstimmung geregelt werden konnte“, hob Kahle weiter hervor. Ganz abgeschlossen seien die Arbeiten noch nicht, es fehlten noch die Wartehallen und das Verkehrsinformationssystem. „Die Wartehallen werden im Januar montiert, das Verkehrsinformationssystem wird im Frühjahr installiert werden“, erläuterte der Baudezernent.
Mit der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes sei mit dem Abschluss der Tiefbauarbeiten ein Verkehrsprojekt zu Ende gebracht, das 1998 begonnen wurde, so Kahle weiter. Der Baudezernent dankte allen Beteiligten, vor allem auch den Baufirmen und freute sich, dass die gesamte Baustelle gerade auch in Anbetracht des hohen täglichen Aufkommens an Passagieren, unfallfrei geblieben sei. Der Bürgermeister betonte: „Mit der Umgestaltung des Bahnhofes und des Bahnhofsvorplatzes als Gemeinschaftsaufgabe zwischen der Universitätsstadt Marburg und der Deutschen Bahn, hat unsere Stadt nun ein neues Entree, das sich sehen lassen kann. Wir hoffen, dass unsere Planungen auch in der Praxis gut angenommen werden.“
Baudirektor Jürgen Rausch fügte hinzu: „Der Bahnhof ist komplett barrierefrei. Die vielen Details haben wir in enger Abstimmung mit dem Behindertenbeirat erarbeitet. So sind beispielsweise Orientierungshinweise in Brailleschrift auf den Handläufen oder das Leitsystem in der Halle genau durchgeplant worden.“ Als vor 10 Jahren der ganze Prozess begonnen habe, so Rausch weiter, habe man festgestellt, dass es das Wichtigste sei, die Schnittstelle zwischen städtischem Verkehr, zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Bus, mit dem Auto und dem schienengebundenen Verkehr für 15.000 Menschen am Tag zu verbessern.
Durch Umverteilung der räumlichen Situation und viele Leiteinrichtungen könnten die Fahrgäste künftig viel entspannter und deutlich sicherer als vorher den Bahnhofsvorplatz überqueren, so Rausch weiter. „Durch die Entzerrung der Verkehre werden ebenso die Abläufe zwischen Radfahrern, Fußgängern, dem Auto- und Busverkehr deutlich optimiert“, betonte der Baudirektor.
In den vergangenen Jahren sind über 30 Millionen Euro in den Umbau und die Sanierung des 1909 eingeweihten Bahnhofsgebäudes, den Umbau der Bahnanlagen und die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes investiert worden. Diese Investitionen stellen nicht nur eine deutliche Aufwertung des Bahnhofsbereichs dar, sondern steigern auch die Attraktivität des Nordviertels. Täglich frequentieren rund 15.000 Personen den Bahnhofsbereich.
Bereits Ende 2003 wurde die Idee geboren, aus der Sanierungsnotwendigkeit der Bahnstation ein Pilotprojekt „Barrierefreier Bahnhof“ zu machen. Am 21. Juni 2004 konnte, angeregt durch den Bundestagsabgeordneten Sören Bartol, zwischen der Deutsche Bahn (DB) Station & Service AG, der Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV) und der Universitätsstadt Marburg ein Kooperationsvertrag zur Verbesserung der Nahverkehrsinfrastruktur durch den barrierefreien Ausbau des Bahnhofes Marburg abgeschlossen werden. Der Vertrag regelt im Wesentlichen die planerische Vorarbeit für einen barrierefreien Ausbau und die anteilige Finanzierung der Planungskosten durch die Vertragspartner.
Am 30. März 2006 fand eine ‚Bahnhofskonferenz Marburg‘ statt, bei der die Weiterentwicklung des Bahnhofs und seines direkten Umfeldes mit Vertretern des Verkehrsministeriums, der Hessischen Straßenverkehrsverwaltung, der DB AG, dem RMV, der Gemeinnützigen Wohnungsbau GmbH Marburg (GeWoBau) und der Stadt Marburg besprochen wurden. Auf Basis der Ergebnisse der Bahnhofskonferenz schlossen die Beteiligten DB AG, RMV, GeWoBau und die Universitätsstadt Marburg am 4. Juli 2006 einen Bahnhofsentwicklungsvertrag, um die angrenzenden Bereiche des Bahnhofs in ihrer Gesamtheit und umfassend zu verbessern sowie den Bahnhof Marburg zu modernisieren.
Die Vertragspartner dokumentierten mit dem Bahnhofsentwicklungsvertrag dieses gemeinsame Bestreben und vereinbarten eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Ziel, eine Verbesserung des Bahnhofs Marburg vorrangig für deren mobilitätseingeschränkte Nutzer zu erreichen. Die Verbesserungsmaßnahmen setzen sich aus den 3 Modulen ‚barrierefreier Ausbau des Bahnhofs Marburg‘, ‚Umstrukturierung des Empfangsgebäudes‘ sowie ‚Bahnhofsumfeld mit Neubau des Ortenbergstegs und Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes‘ zusammen.
Im Dezember 2007 wurde in einem ersten Schritt der Bau- und Finanzierungsvertrag über die Verbesserung der Nahverkehrsinfrastruktur durch den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs Marburg (Lahn) zwischen DB Station & Service, der DB Energie, dem Rhein-Main-Verkehrsverbund sowie der Universitätsstadt Marburg unterzeichnet.
Am 29. Mai 2008 setzten Oberbürgermeister Egon Vaupel und Vertreter der Bahn-Immobilientochter DB Services Immobilien ihre Unterschriften unter zwei Kaufverträge. Sie bildeten die Grundlage dafür, dass das Empfangsgebäude modernisiert und damit ein weiteres Element des Mitte 2006 abgeschlossenen Bahnhofsentwicklungsvertrages umgesetzt wird. Die GeWoBau erwarb von der Bahn die beiden Obergeschosse des Empfangsgebäudes. Zudem kauften die Stadtwerke Marburg das Nachbargrundstück, auf dem sie bereits seit 1992 ein Parkdeck betreiben. Die Einnahmen aus diesen beiden Immobiliengeschäften ermöglichen es der Bahn, das Erdgeschoss des Empfangsgebäudes auszubauen und aufzuwerten.
Im Dezember 2009 konnte mit der Sanierung und Umstrukturierung des unter Denkmalschutz stehenden Bahnhofsgebäudes begonnen werden. Mit einem Investitionsvolumen von rund 6,5 Millionen Euro hat die GeWoBau im Marburger Hauptbahnhof auf drei Etagen und einer Nutzfläche von insgesamt 1.800 Quadratmetern 39 barrierefrei erreichbare Studentenwohnungen geschaffen. Ein Hostel mit 28 Betten wird dort inzwischen betrieben.
Die Empfangshalle im Erdgeschoss des Marburger Bahnhofs wurde durch die DB saniert. Es wurden neue Serviceschalter und eine zeitgemäße Toilettenanlage eingebaut sowie eine Fahrgastinformationstafel, ausreichend Schließfächer und ein Wartebereich eingerichtet. Ein Branchenmix von Metzger und Bäcker über Zeitschriften bis hin zu einem Schnellrestaurant rundet das Angebot ab. Die Kosten für die Modernisierung der Empfangshalle betragen rund 5 Millionen Euro. Bahn-Chef Rüdiger Grube hat am 29. Mai 2013 das modernisierte Empfangsgebäude des Marburger Bahnhofs offiziell eingeweiht.
Am 7. Dezember 2010 erfolgte der erste Spatenstich zur Modernisierung und zum barrierefreien Ausbau der Verkehrsstation mit Bahnsteigen und Unterführung. Bei dieser Maßnahme sind die drei Bahnsteige auf 55 Zentimeter erhöht worden, um einen stufenfreien Einstieg in die meisten Züge zu ermöglichen. Zudem wurden drei Aufzüge von der Unterführung zu den Gleisanlagen gebaut. Die Bahnsteigdächer sind erneuert worden und die Unterführung sowie die Bahnsteigausstattung wurden modernisiert. Hierbei sind insbesondere die Belange der vielen blinden und sehbehinderten Reisenden in Marburg berücksichtigt worden.
Die Maßnahme konnte unter finanzieller Beteiligung von Bund, Land, DB AG, RMV und Stadt umgesetzt werden. Die Kosten für den barrierefreien Ausbau der Verkehrsstation belaufen sich auf rund 12 Millionen Euro.
Nach vielen Jahren der Planung und Diskussion konnte am 5. Oktober 2010 mit dem ersten Bauabschnitt zur Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes begonnen werden. Dieser erste Bauabschnitt umfasste die Verkehrsumlegung über die Ernst-Giller-Straße einschließlich der Flächen unter der Hochstraße B 3, der Mauerstraße und der Neuen Kasseler Straße.
Der 2. Bauabschnitt, mit dem am 21. Februar 2012 begonnen werden konnte, umfasste die Sanierung der Elisabethbrücke, der Stützbauwerke der B 3, die Auf- und Abfahrtrampen der B 3 sowie den Ausbau des Knotenpunktes Bahnhofstraße/Ernst-Giller-Straße/Krummbogen inklusive des Straßenabschnitts Krummbogen bis zur Tankstelle.
Mit den Arbeiten des heute nahezu abgeschlossenen 3. Bauabschnittes konnte am 1. Juli 2013 begonnen werden. Dieser Abschnitt beinhaltet den Ausbau des Bahnhofsvorplatzes, die Kiss-and-Ride-Anlage in der Neuen Kasseler Straße sowie Restarbeiten in der Neuen Kasseler Straße.
Mit der Fertigstellung des neuen Bahnhofsvorplatzes sind entlang der Bebauung großzügige Randbereiche entstanden, die den dort ansässigen Geschäften und Einrichtungen wesentlich verbesserte Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen. Zwischen den 10 neuen Bäumen werden insgesamt 12 Stellplätze für Personenkraftwagen angeordnet. Die 6 Bushaltestellen im Bereich der Mittelinsel werden im Uhrzeigersinn angefahren, um die vielen Fahrgäste auf der Mittelinsel aufzunehmen beziehungsweise aussteigen zu lassen.
So werden die Räume in diesem sehr stark frequentierten Bereich optimal genutzt. Insgesamt ist eine sehr großzügige Platzgestaltung entstanden, die für den Radverkehr, den Fußgängerverkehr und den Busverkehr deutlich bessere und sicherere Verhältnisse als in der Vergangenheit ermöglicht. Der Kraftfahrzeugverkehr ist nach wie vor auf dem Bahnhofsvorplatz möglich. Allerdings kann dieser nur über die Neue Kasseler Straße an- und abgefahren werden. Die Geschwindigkeit für den Kraftfahrzeugverkehr ist auf 20 Kilometer pro Stunde beschränkt.
Die Bauarbeiten rund um den Bahnhofsvorplatz beinhalteten zusätzlich die Erneuerung von Leitungen (Gas, Wasser, Strom, Abwasser, Internet) und der Beleuchtung sowie die Kampfmittelüberwachung, den Neu- und Umbau von Lichtsignalanlagen, sowie Maßnahmen zur Lärmvorsorge an den angrenzenden Gebäuden.
Die Arbeiten konnten weitgehend termingerecht zum Ende des Jahres 2014 abgeschlossen werden. Anfang des kommenden Jahres werden auf der Mittelinsel noch zwei große Wartehallen errichtet. Danach können die 6 Bushaltestellen durch die städtischen Busse in Betrieb genommen werden.
Drei Bauabschnitte mit über 11 Millionen Euro Gesamtkosten
Die Gesamtkosten aller drei Bauabschnitte zur Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes belaufen sich auf über 11 Millionen Euro. Hiervon entfallen rund 1,7 Millionen Euro auf die Stadtwerke Marburg, rund 1,5 Millionen Euro für die Auffahrt der Bundesstraße B 3 auf Hessen Mobil. Die Gesamtmaßnahme wird mit Mitteln aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) nach derzeitigem Stand mit rund 2,8 Mio. Euro sowie aus Städtebaufördermitteln in Höhe von voraussichtlich 700.000 Euro für die Gehwegbereiche bezuschusst.
Insgesamt ist das Ziel erreicht worden, den Bahnhofsvorplatz attraktiver für Anlieger und die vielen Passanten zu gestalten. Insbesondere die barrierefreie Nutzung aller Einrichtungen bis hin zu den Bahnsteigen konnte aufgrund der intensiven Abstimmung mit dem Behindertenbeirat sichergestellt werden.
Die Stadt Marburg und die DB Station & Service AG wollen nach Abschluss aller Baumaßnahmen im Frühjahr 2015 zur endgültigen Fertigstellung und Inbetriebnahme der Verkehrsstation, des Empfangsgebäudes und des Bahnhofsvorplatzes ein großes Bahnhofsfest veranstalten. Alle an der Finanzierung, Planung und am Bau Beteiligten sollen dazu eingeladen werden.|<|