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14.11.2024 (pm/red) Mit vielfältig intergalaktischen Programmen samt neuer Musikshow können Besucher in Hessens größtem Planetarium ab  1. November 2024 wieder zu fernen Galaxien reisen. Am 23. Oktober haben Wissenschaftsminister Timon Gremmels und Direktor Martin Eberle …

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Die GRÜNEN in Marburg: Diskursiv und verhalten offensiv

Mitgliederversammlung der Marburger Grünen in den renovierten Räumlichkeiten inder Frankfurter Straße. Links stehend Bürgermeister Franz Kahle und rechts sitzend OB-Kandidatin Elke Neuwohner. Sternbald-Foto Hartwig Bamey

Mitgliederversammlung der Marburger Grünen in den renovierten Räumlichkeiten in der Frankfurter Straße am 4. Februar. Links stehend Bürgermeister Franz Kahle beim Beantworten von Fragen und rechts sitzend OB-Kandidatin Elke Neuwohner. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

 Ein Essay von Hartwig Bambey

Marburg 10.02.2015  Die so gerne apostrophierte ’strukturelle Rot-Grüne Mehrheit in Marburg‘ ist und war zweifellos in die Jahre gekommen. Das konstatierte auch der Fraktionsvorsitzender Dietmar Göttling von Bündnis 90/Die Grünen bei einer Mitgliederversammlung der vergangenen Woche. Doch was heißt und vor allem was bedeutet schon ’strukturelle Mehrheit‘. Stecken darin eigene Stärken und signifikante Überlegenheiten gegenüber den anderen (nun einmal im sogenannten ‚Bürgerlichen Lager‘ zersplitterten und zerfaserten) kommunalpolitischen Kräften und Parteien? Einige wenige Wahrnehmungen und Beobachtungen zur CDU im Stadtparlament reichen (leider) bereits, um deren schwache, inkonsistente und vor allem weitgehend führungs- und ideenlose Verfassung zu erkennen. D´accord Wieland Stötzel, der Jurist und vormalige OB-Kandidat hat an Erfahrungen, Statur und Offenheit gewonnen.

Aber der derzeitige Vorsitzende Matthias Range? Jugend, Tapsigkeit und Unerfahrenheit sind nun einmal keine Tugenden an sich und lassen sich durch unreflektierte Rechtslastigkeit schon gar nicht ausgleichen. Philipp Stompfe ist inzwischen doch zurück in der Stadt. Er sollte schleunigst gefragt, gegebenfalls in aller Form gebeten werden (auch als politisches Talent) an seinen/den Platz als Vorsitzender und Fraktionsführer der CDU in der Universitätsstadt zurück zu kehren.

Die unübersebar gewesenen Ermüdungs- und Verschleißerscheinungen der satten Rathausmehrheit von SPD und GRÜNEN im Jahr 2013 – und dann auslaufend im Jahr 2014 – mögen den langen Jahren teilweise geschuldet sein.

Doch sie sind auch Ausdruck wechselnder gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen. So etwa der Hinwendung zu einer ökologischen und ökonomisch getriebenen Energiewende in der CDU als Gesamtpartei, dann bereits verspätet, inzwischen jedoch einigermaßen grundständig, in der Hessischen Landespolitik, nunmehr als Schwarz-Grüne Politik auf der Hessenebene in weiterer Entwicklung.

Reflexartig, antimodern und teilweise berechtigt skeptisch wegen des enormen Tempos und der Wucht von Veränderungen in der Struktur und dem ‚Stadtbild‘ von Marburg an der Lahn und an der Autobahn, artikulier(t)en sich Widerstände gegen sinnvolle und notwendige Maßnahmen, Beispiel 1: Bau von Windkraftanlagen (auch) in Marburg. Beispiel 2: nahverkehrsorientierte Erschließung und Andienung des Gesundheits- und Wissenschaftsstandortes Lahnberge (auch Naherholung und touristisch) durch eine leistungsfähige Seilbahnverbindung.

Die Widerstände und teils skurillen Begründungsmuster reichen in Reihen der SPD, um die es hier nicht weiter gehen soll. Modernisierung, Stadtumbau, strukturelle Anpassungen sind nun einmal per se durchgreifende Eingriffe. Merke: „Der Mensch haßt Veränderung.“ Und er liebt das Vertraute, lässt sich hinzufügen. So kann und sollte es eigentlich nicht verwundern, dass Widerstände gegen je einzelne Bauprojekte sich formieren. Mitunter geriet (und gerät) das jedoch schnell anachronistisch, ja mitunter reaktionär. Beispiel Hirsefeldsteg: Unter die Forderung zum Erhalt des unseligen, disfunktionalen und teuren hölzernen Monstrums haben mehr als 2.000 MarburgerInnen vor wenigen Jahren ihre Unterschrift gesetzt. Jetzt will keiner der Unterschriftsgeber mehr von dieser seiner Ver(w)irrung etwas wissen.

Hinzu kommen die Möglichkeiten und sich verändernden Bedingungen öffentlicher und veröffentlicher Kommunikation. Es hatte nur eine Tageszeitung in der Universitätsstadt Marburg. Diese wurde Teil eines Medienkonzerns, wurde daraufhin ein Stück weit modernisiert, doch zugleich boulevardisiert. Der Versuch des Aufbaus einer zweiten unabhängigen Tageszeitung (Marburger Neue Zeitung) wurde nach 13 Jahren zum 30. September 2010 eingestellt. Unsere Verfassung will keine Wirtschaftsmonopole zulassen, staatliches Handlen verhindert und verbietet dies möglichst mittels Kartellbehörde. Zugleich gibt es im eminent wichtigen Mediensektor – nicht alleine in Marburg – eine Monopolkonstellation. Davon geht strukturell nicht gerade eine belebende, vom journalistischen Wettstreit (und Wettbewerb) getragene Wirkung aus. Das ist so in Marburg und wirft Schatten.

Die unübersichtlichen Entwicklungen im Bereich digitaler Medien sind derzeit noch befeuert von dem Boom sogennanter ‚Social Media‘ namens ‚Facebook‘, ‚Twitter‘ und Kompagnie. In der Lebenswirklichkeit ist als Folgewirkung davon eine wachsende Atomisierung – Auflösung molekular verbundener Strukturen und Kommunikationsträger – zu verzeichnen. Wo bleibt dabei die Polis, das Gemeinwesen und das gemeinsame Leben vor Ort? Kann damit eine vielseitige, am besten allseitige Informiertheit und darauf aufbauend adäquates (kommunal-)politisches Bewußstein entstehen?

Wir Marburger streiten uns eben gerne, mitunter auch mal zänkisch, nicht ganz selten schlecht informiert und gerne mit vorgefassten Einstellungen. Möchte man meinen. Zulässig ist das. Allemal. Aber ist das hinreichend und zukunftsweisend?

Als etwa 35 Mitglieder der GRÜNEN am vergangenen Mittwoch in ihren ansehnlich renovierten und ausgeleuchteten Räumlichkeiten in der Frankfurter Straße zusammen saßen, beraten haben, einvernehmlich ihre Oberbürgermeisterkandidatin unterstützt hatten, blieb Zeit und Raum für Inhaltliches. Ein sachverständiger Stadtverordneter informierte über den Stand der Planungen zum Bau von zwei Windkraftanlagen auf dem Lichter Küppel auf den östlichen Lahnbergen, nahe zum Frauenberg. Die versammelten Marburger GRÜNEN hörten zu und stellten nach dem mediengestützten Referat Fragen. Diese wurden ausführlich beantwortet.

Die Stadtwerke Marburg würden die Windkraftanlagen errichten und betreiben: Windstrom, klimafreundlich, für mehrere Tausend Haushalte in der Universitätsstadt. Dass es darum in der breiten Öffentlichkeit Auseinandersetzungen, kritische Fragen auch hinsichtlich der ‚Naturverträglichkeit‘, geben kann, ist normal, ja sogar wünschenswert.

Was machen die Marburger GRÜNEN? Wie gehen Sie damit um? Sie tun es. Sie gehen mit kritischen Einwendungen um. Sie wollen in der Sache die BürgerInnen befragen. Ist das schlecht? Ist es durchsichtiges Taktieren, wenn der Termin der Oberbürgermeisterwahl am 14. Juni 2015 zugleich dafür genutzt werden soll, eine WählerInnenbefragung zur Nutzung (und vorhergehender streng regulierter Planung und dann Bau) von Windkraftanlagen stattfinden lassen zu wollen?

Die Redaktion dieses Online-Magazins ist nach internen Diskussionen zu zwei Schlagworten gekommen: Diskursiv und (verhalten) offensiv – Richtung Wählerinnen und Wähler. Ist das schlecht? Was anderes als demokratisch ist denn eine Abstimmung oder Befragung des Souveräns ?

Verhält sich die ’strukturelle Rot-Grüne Mehrheit in Marburg‘, die viele Marburger nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2016 erneut in der Stadtverordnetenversammlung kommen sehen, ignorant und klimapolitisch falsch. Wer will denn noch teuren Atomstrom oder schmutzigen aus Kohlekraftwerken (mit einer Energieausbeute von gerade mal 40 Prozent)?

Die SPD befragt in dieser Woche ihre Mitgliedschaft zur Nominierung des Landtagsabgeordneten Thomas Spies als ihren Kandidaten für die Wahl des neuen Oberbürgermeisters/Oberbürgermeisterin. Die CDU hat mit Dirk Bamberger einen kommunalpolitischen Neuling und damit ‚unverbrauchten‘ Kandidaten ins Rennen geschickt. Dieser kommt recht gut an beim Wahlvolk, nach allem, was man hört.

Personalentscheidungen sind grundlegend und Personalisierung gehört dazu. Doch enthebt es niemanden von der Notwendigkeit sachliche Grundlagen und Zusammenhänge zu beachten, sich zu informieren. Der Mensch haßt Veränderung. Die Universitätsstadt Marburg ist jedoch einer Fülle von Veränderungen unterworfen. Einfach ist das alles nicht. Weder für die GRÜNEN, noch für alle anderen. Immerhin spricht inzwischen niemand mehr Bürgermeister Franz Kahle die Bereitschaft zur Diskussion samt vorhergehender Information der BürgerInnen ab.
Es ist spannend geworden – und ein Stück weit diskursiv, in der alten und unübersichtlich gewordenen Stadt Marburg.

 

 

 

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