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Steuer- und Transfersystem: Laufende Umverteilung vor allem über die Sozialversicherungen

Marburg 20.02.2015 (pm/red) Das deutsche Steuer- und Transfersystem sorge dafür, dass die Nettoeinkommen der Bürger deutlich gleichmäßiger verteilt sind als die Markteinkommen. Ein Großteil der Umverteilung finde über das Sozialversicherungssystem statt. Allerdings gehe dabei der größere Teil der staatlichen Leistungen nicht an finanziell bedürftige Haushalte. „Es wird zwar ordentlich umverteilt in Deutschland, aber abgesehen von der Grundsicherung fließen viele Transfers auch an Mittelschichtbürger oder sogar an Wohlhabende“, fasst Steuerexperte Stefan Bach die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zusammen.

Jährlich 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Transferleistungen
Deutschland gilt im internationalen Vergleich als ein Land mit einem hohen Maß an Einkommensumverteilung – vor allem wegen seiner breit ausgebauten sozialen Sicherungssysteme. Diese bekämpfen nicht nur Armut, sondern sichern auch den Lebensstandard im Alter oder bei Krankheit und Arbeitslosigkeit. Daher gehen sie auch an Bürger, die keinen Anspruch auf Grundsicherung haben. Staatliche Transferleistungen sind der größte Budgetposten im Staatshaushalt, jährlich werden dafür etwa 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegeben.
Stefan Bach, Markus Grabka und Erik Tomasch vom DIW Berlin haben die Wirkungen der staatlichen Umverteilungspolitik mit Hilfe der Daten der Haushaltserhebung „Sozio-oekonomisches Panel“ für das Jahr 2011 untersucht. Inwieweit wird durch das Steuer- und Transfersystem Einkommensungleichheit reduziert, und wie zielgenau sind die Transferleistungen? Betrachtet wurde nur die rein monetäre Umverteilung, die sozialen Sachleistungen wie beispielsweise öffentliche Gesundheitsleistungen waren nicht Gegenstand der Untersuchung. 

Nach Transfers, Steuern Sozialbeiträgen verfügbare Haushaltseinkommen gleichmäßiger als die Markteinkommen
Die Forscher haben die Bevölkerung nach der Höhe der jährlichen Haushaltsnettoeinkommen aufsteigend sortiert und in zehn gleich große Gruppen (Dezile) eingeteilt. Erwartungsgemäß war die Ungleichheit der Markteinkommen – also sämtliche Erwerbs- und Vermögenseinkommen – am höchsten; der Gini-Koeffizient, ein international anerkanntes Maß für die Messung der Ungleichheit, liegt hier bei 0,5. Nach Transfers, Steuern und Sozialbeiträgen fällt die Verteilung der verfügbaren Haushaltseinkommen deutlich gleichmäßiger aus als die Verteilung der Markteinkommen, so dass hier der Gini-Koeffizient auf einen Wert von 0,29 sinkt. Durch die Umverteilung steigen bei den unteren Eink0mmensgruppen die verfügbaren Einkommen gegenüber den Markteinkommen, bei den oberen Dezilen sinken sie zunehmend. „Per Saldo bekommt die ärmere Hälfte der Bevölkerung etwas vom Staat, während die reichere Hälfte an den Staat bezahlt“, so Stefan Bach.

Gesetzliche Rentenversicherung trägt wenig zur Umverteilung bei
Den größten Anteil an den staatlichen Transferleistungen hat – gesamtwirtschaftlich gesehen – die Gesetzliche Rentenversicherung. Sie trägt aber längerfristig vergleichsweise wenig zur Umverteilung bei, soweit die Bürger in der Vergangenheit äquivalente Beiträge für die Leistungen gezahlt haben. Insoweit ist lediglich der aus Steuermitteln (Bundeszuschüssen) finanzierte Anteil der Leistungen für die Umverteilung relevant.

Kindergeld leistet kaum Umverteilungswirkung zwischen Einkommensschichten
Eine hohe Umverteilungswirkung haben die staatlichen Grundsicherungsleistungen wie Hartz IV oder Grundsicherung im Alter, die den Bedürftigen zugute kommen. Sonstige Transfers wie familienbezogene Leistungen, insbesondere das Kindergeld, werden unabhängig von der finanziellen Bedürftigkeit gewährt, sondern breit über alle Einkommensgruppen gestreut. Sie lösen deshalb kaum Umverteilungswirkungen zwischen Einkommensschichten aus.

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