Katharina Fondis präsentiert Malerei als visuelle Ethnographie
Marburg 04.05.2015 yb) Eine bemerkenswerte Kunstausstellung mit Werken von Katharina Fondis gibt es im TTZ (Technologie- und Tagungszentrum) zu sehen. Die Masterabsolventin am Institut für Bildende Kunst der Philipps-Universität zeigt zahlreiche meist großformatige Arbeiten mit dem verheißungsvollen Titel „Die Reise in den Augen. Vom Mosaik der Prägungen“. In den Malereien aus der Abschlussarbeit zum Thema ‚Biografie und Raum‘ findet sich eine spannende Auseinandersetzung mit der Biografie von Menschen, die selbst oder deren Eltern migriert sind, darunter auch der eigenen Biografie der jungen Künstlerin. Identität, Erinnerungen und Verortungen finden sich auf der Leinwand thematisiert, Personendarstellungen erzählen und verweisen auf Kindheit, Werdegang und ethnologische Herkunft und Zugehörigkeit.
„Kunst existiert nicht im luftleeren Raum, ganz für sich allein“, sagt Katharina Fondis und sieht „intensive Wechselwirkungen zwischen allen wissenschaftlichen Disziplinen und der Kunst.“ Sie ist im Begriff ein Doppelstudium in Europäischer Ethnologie und in Bildender Kunst in Marburg abzuschließen. In ihrem geisteswissenschaftlichen Studium hat sie sich mit Dialektologie, Minderheitenforschung und mit Biographieforschung auseinandergesetzt. Gesellschaftliche Prozesse zu verstehen und nachvollziehen zu können mündete bei ihr ein in Erkenntnissprozesse, die sie mit Hilfe und den Mitteln der Kunst, konkret der Malerei, bearbeitet und auf die Leinwand bringt. Das gelingt ihr in beeindruckender Weise.
Auch in vielen Titeln der ausgestellten Werke gibt Katharina Fondis bereits eindeutige Verweise. ‚Ich bin Kirgisin I’, ‚Ich bin Kirgisin II’, ‚Passkontrolle‘ oder ‚Sie sind doch Estin!‘ finden sich als Bezeichnungen. ‚Asien trifft auf Europa – Neyfeld am Ural‘ oder ‚Karlsruhe am Schwarzen Meer‘ sind Titulierungen mit deutlichen Verweisen.
Für die junge Künstlerin ist ihre Malerei zu einem auch von der eigenen Biografie getragenen weitgehendem Ausdrucksmittel geworden. Ihre Bilder geben Zeugnis „von einer künstlerischen Auseinandersetzung als Übersetzung ins Bildliche“, wie M.A. Daniela Gernand bei der Ausstellungseröffnung formulierte. Sie seien angelegt „im Spannungsfeld zwischen Subjektivität und ethnologischer Zugehörigkeit.“
Den Hintergrund der „emotionalen und biographischen Landkarten und Portraits“, so Fondis eigene Beschreibung und Einordnung ihrer malerischen Sujets, gibt ihre Herkunft aus Kirgisistan, wo sie 1984 als Nachfahrin deutscher Einwanderer geboren wurde. Nach der Ausreise der siebenköpfigen Familie 1992 folgte der Schulbesuch und Abitur in NRW in 2004. Nach einen freiwilligen Sozialen Jahr im Kulturbereich studierte sie ab 2005 an der Philipps-Universität, zunächst Deutsche Sprache und Literatur. Ab 2009 begann sie das Masterstudium Europäische Ethnologie und ab 2011 parallel dazu das Masterstudium Bildende Kunst. Seit 2011 Kunstprojekte und Ausstellungsbeteiligungen. Man darf gespannt sein.
Die Ausstellung ‚Die Reise in den Augen. Vom Mosaik der Prägungen‘ im TTZ kann werktags von 8 bis 18 Uhr besucht werden. Präsentation im Foyer, Bistro Südseite und im 1. OG: 27. April bis 12. Juni 2015.
Sternbald-Fotos Hartwig Bambey
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