Bürger für Mehrheit – BfM hat Zählgemeinschaft mit SPD beschlossen
Marburg 5.4.2016 (yb) Während es im Verhältnis von Rot-Grün offenbar regressiv zugeht, haben sich die Marburger Sozialdemokraten die Bürger für Marburg (BfM) als Zählgemeinschaft an die Seite geholt. So lauten die neuesten Nachrichten. In der heutigen OrtsPresse findet sich die Information zu lesen, dass die „Zählgemeinschaft perfekt“ sei, so jedenfalls die Überschrift. Die Bürger für Marburg hätten am Montag mit großer Mehrheit beschlossen das Angebot der SPD für eine Zählgemeinschaft anzunehmen, wird zunächst mitgeteilt. Dass dies Unsinn – jedenfalls maßlos übertriebenes Headlining – ist, gibt es dann im zweiten Satz des Berichts zu lesen. „Details der Zusammenarbeit sollen in der kommenden Woche verhandelt werden“, wird berichtet. Zunächst einmal also Mehrheitsbildung und sei sie noch so bescheiden. Die Inhalte sollen später folgen. Dass dies Sinn macht und machtpolitische Folgen hat, ergibt sich bei der Wahl der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder. Über die Konstruktion einer „Listenverbindung“ können SPD und BfM gemeinsam fünf ehrenamtliche Magistratsmitglieder entsenden. 5 Ehrenamtliche und 2 Hauptamtliche (der SPD) im Magistrat ergeben eine absolute Mehrheit in der Stadtregierung, wo derzeit insgesamt 13 StadträtInnen Sitz und Stimme haben. Dann stört es nicht einmal, dass Bürgermeister Franz Kahle (GRÜNE) womöglich nicht mitstimmt.
Damit ist also ein erster Schritt getan, jedenfalls verkündet. Wie es weiter gehen kann im Sinn qualifizierter Mehrheiten in der Stadtverordnetensersammlung ist völlig offen. Denn dort reichen die 18 Sitze der SPD und drei Sitze der BfM hinten und vorne nicht. Für eine absolute Mehrheit der 59 Stadtverordneten braucht es nun einmal 30 Stimmen. Dies haben die GRÜNEN im Blick und erhoffen und erwarten eine Ansprache von der SPD. Bisher gibt es allerdings ein vergebliches Bemühen von den GRÜNEN.
In deren Reihen hatte man als Schritt zur Annäherung vorgeschlagen bei der Wahl von Ortsvorstehern ein gemeinsames Vorgehen von SPD und GRÜNEN zu praktizieren. Hintergrund dafür ist, dass die GRÜNEN in den neu zu bildenden Ortsbeiratsbezirken Altstadt, Campusviertel und Südstadt jeweils die meisten Stimmen und Ortsbeiratmitglieder erzielen konnten. Damit beanspruchen sie in diesen drei Bezirken den/die Ortsvorsteher/in zu stellen. Zu deren Wahl wünschen sie sich die Stimmunterstützung der Sozialdemokraten und haben angeboten die SPD wiederum dort zu unterstützen und einen SPD-Ortsvorsteher mitzuwählen, wo diese die Mehrheit erzielt hat.
So was nennt man allgemeinhin Politik der kleinen Schritte. Wenn es funktioniert. Das tut es allerdings nicht. Denn die SPD-Vorsitzende Monika Bibusch hat dem Vorschlag der GRÜNEN eine Abfuhr erteilt. Sie verweist auf die Zuständigkeit der jeweiligen Ortsbeiratsmitglieder, die selbst wüssten, was zu tun und zu lassen für sie am besten sei.
So sind die GRÜNEN ein weiteres Mal bei der SPD abgeblitzt. Stellt sich die Frage, wie diese damit umgehen. Weiter zu Kreuze kriechen und auf die vergangenen Zeiten einer Koalition schielen, sei es um den Preis politischer Selbstaufgabe? Ob die GRÜNEN Konsequenzen aus den Machstpielen der SPD ziehen, ist derzeit nicht absehbar. Die mit den BfM machbare Magistratsmehrheit ist ein kleines Vehikel. Dies kann den Karren der Stadtpolitik nicht wirklich bewegen.
Die parteipolitische Situation erscheint auf der Vorderbühne für das Publikum einigermaßen verworren und unübersichtlich. Das kann nicht so bleiben. Schon für den wegen hoher Gewerbesteuerausfälle anstehenden Nachtragshaushalt braucht es eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, die am 22. April konstituiert wird.
Dass und wie die Marburger SPD mit gerade einmal noch 31,3 Prozent Wählerstimmen und 18 Mandaten – bei einer Wahlbeteiligung von deutlich unter 50 Prozent – derzeit den Verhandlungsdiskurs bestimmt, erscheint bemerkenswert „selbstbewußt“. Ob die Sozialdemokraten dabei die Stadt Marburg als ihr politisches Besitztum begreifen und ob sie die anderen politischen Kräfte als willfährige und lästige Mehrheitsbringer betrachten, ist unklar. Es kömmt bei CDU, GRÜNE und LINKE darauf an, was diese mit sich selbst machen lassen und wo ihre Grenzen zur Selbstaufgabe oder ein positives politisches Prinzip liegen.
Es bleibt spannend in Marburg.