Konstituierung mit Schönheitsfehlern – Stadtverordnetenversammlung Marburg wählt Magistrat
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Marburg 23.4.2016 (yb) Wer in Marburg eine einfache und reibungslose Sitzung zur Konstituierung der Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl vom 6. März erwartet hatte, konnte am Freitag einige Spitzen und Spannungen erleben, wobei rund 75 Minuten ausreichten, um die Arbeitsbefähigung für das Parlament und den Magistrat herzustellen. So lagen den neu Gewählten zwei Dringlichkeitsanträge vor. Marburger Linke, GRÜNE und SPD wollten – in scheinbarer Einigkeit – eine Goodwill-Botschaft bezüglich der laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auf die Tagesordnung setzen lassen und scheiterten. CDU und FDP/MBL votierten dagegen und es fehlte denn an den notwendigen 40 Stimmen. Ein zweiter Dringlichkeitsantrag von den GRÜNEN und der Marburger Linken wollte die Zahl der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder von 10 auf 13 erhöhen, womit eine den Stimmanteilen der Kommunalwahl entsprechende Repräsentanz – für die GRÜNEN und LINKE dann je zwei Magistratsmitglieder – im Magistrat zustande kommen würde. Dagegen votierten alle anderen, also SPD/BfM, CDU, FDP/MBL und der PIRAT. Es reichte deutlich nicht für eine Veränderung im Magistrat und auch eine beantragte Verschiebung des Tagesordnungspunkts Magistratswahl wurde abgeschmettert. Anders als die neue Sitzordnung in der neuen Stadtverordnetenversammlung – mit einer großen linken Seite mit Marburger Linke, GRÜNE, SPD und BfM und einer kleinen rechten Seite mit CDU, FDP und MBL – den Anschein erwecken könnte, existieren derzeit drei Blöcke. Die regierungswillige SPD in Stimmgemeinschaft mit den Bürgern für Marburg stellt 21 Mandate und befindet sich in deutlicher Minderheit. Sie wird von links von der Marburger LINKEN und den GRÜNEN flankiert, während die rechte und tatsächlich oppositionelle Flanke von der erstarkten CDU mit der FDP und der Marburger Bürgerliste besetzt ist.
Eine neue Uneinigkeit in der Marburger Stadtpolitik offenbarte sich weiter und deutlich bei der Wahl der neuen Stadtverordnetenvorsteherin als Nachfolgerin für Heinrich Löwer (SPD), der dieses Amt 18 Jahre innehatte und jetzt als einfacher Stadtverordneter weitermacht. Unbestritten und als einzige Kandiatin war Marianne Wölk (SPD) nominiert. Da eine Fraktion geheime Wahl beantragt hatte, waren Stimmzettel auszufüllen. Deren Auszählung ergab 47 Jastimmen und 12 Neinstimmen, mithin keine einstimmige Wahl, wie eigentlicher parlamentarischer Usus. Als Schriftführer wurde Lothar Sprenger und als stellvertretende Schriftführerin wurde Melanie Drusel einstimmig gewählt.
Keine Uneinigkeit gabe es hinsichtlich der Satzung zu den Auschüssen des Stadtparlaments, die auf 13 Mitglieder erhöht worden ist und damit eine proportionale Beschickung eröffnet. In den Wahlvorbereitungsausschuss, Haupt- und Finanzausschuss, Bau- und Planungsausschuss, Schul-, Kultur-, Sport- und Bäderausschuss, Sozial-, Jugend- und Gleichstellungsausschuss und in den Umwelt-, Energie- und -Verkehrsausschuss entsenden die Parteien von ihnen zu delegierende Mitglieder entsprechend ihrer Stärke im Parlament.
Als letzter wichtiger Tagesordnungspunkt stand die Wahl der 10 ehrenamtlichen Magistratsmitglieder an. Dazu gab es sechs Listenvorschläge bis hin zum PIRATEN Michael Weber, der damit seine Unabhängigkeit auch von Marburger LINKE und den GRÜNEN artikulierte. Für die Listen wurde eine Stimmabgabe ausgezählt, die exakt der Zahl der jeweiligen Stadtverordneten entsprach. Als ehrenamtliche sind in den Magsitrat gewählt worden:
Marburg startet mithin ohne eine Regierungskoalition. Die SPD hat sich mittels einer Zählgemeinschaft mit der BfM zwar eine Mehrheit im Magistrat gesichert, derzeit erscheint alles andere offen oder besser unklar.
Die CDU ist nunmehr mit 16 Stadtverordneten vertreten. Die FDP hat drei Mandate, zu der sich als Zählgemeinschaft Dr. Herrmann Uchtmann gesellt hat. Die Marburger Linke sitzt mit 8 Stadtverordneten deutlich erstarkt und die GRÜNEN haben noch 9 MandatsträgerInnen. Dr. Michael Weber wurde als PIRAT wiedergewählt.
Klar ist derzeit in Marburg lediglich, dass es einen Nachtragshaushalt braucht, um Gewerbesteuerausfälle bzw. Rückzahlungsforderungen in zweistelliger Millionenhöhe zu kompensieren und etaisieren. Dazu wird die sehr hohe Investitionsquote im städtischen Haushalt längerfristig deutlich zu reduzieren sein, wogegen Einschnitte in freiwillige Leistungen im Sozial- und Kulturbereich, wie Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies betonte, nach Möglichkeit vermieden werden sollen.