Vom Treffen der „Mordlustigen“ im Marburger Ratshaus
Marburg 28.4.2016 (red) Am 22. April fand im Marburger Rathaus einer der Events zur berüchtigt-mörderischen Criminale statt, in der dem Krimi-Genre besondere, nein, genau genommen die einzige Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es ist vielmehr eine Huldigung des Krimi-Genres, die in den letzten 30 Jahren durch die Criminale zur jährlichen Tradition gemacht wurde, aus dem Hintergrund heraus, kriminalistischer Literatur zu größerer Anerkennung und Bekanntheit zu verschaffen. An dem Abend erfreute sich die Veranstaltung guter Besucherzahlen, darunter 26 KrimiautorInnenen, die zum Teil in der neuen Krimi-Anthropologie „SOKO“ ihren Kurzkrimi veröffentlichen.
Im offiziellen Programm startete Kulturdezernentin Dr. Kerstin Weinbach ihre kurze und knackige Ansprache, in der sie unter anderem ihrer Freude über die guten Besucherzahlen bei den zurückliegenden Veranstaltungen, die immer größer werdende Begeisterung hinter dem Event sowie dem Krimi-Genre selbst Ausdruck verlieh. In der Ansprache von Christina Bacher, Herausgeberin der SOKO-Anthologie, stellte sie das Abendprogramm vor und informierte über die Hintergründe zum SOKO, der Criminale, dem Syndikat und den Patenschaften.
Dem ganzen wurde ein humorvoller Anstrich verliehen, denn es galt – wenn man dazu geneigt war – ein „Rätsel“ zu lösen: das Verschwinden der blauen Glaskugel vor dem Rathaus. Dies sorgte bereits für einige Lacher und man wurde in das richtige Mindset versetzt. Schließlich geht es um das Zusammenspiel aus Kriminalistik und Fantasie. Der Fähigkeit in noch so unscheinbaren Vorfällen Inspiration für große kriminalistische Verstrickungen und menschliche Abgründe zu sehen. Nunja, das Beispiel mit der blauen Glaskugel ist dabei natürlich leicht überspitzt, aber es soll zur Veranschaulichung genügen.
Später begann der Sektempfang mit vielen AnsprechpartnerInnen für Interessierte, hauptsächlich in der Gestalt leibhaftiger Krimi-AutorInnen. Dabei waren auch VeranstalterInnen und OrganisatorInnen der Criminale. Parallel dazu gab es eine Ausstellung respektive eine Fotogalerie im unteren Stockwerk. Die Highlights des Abendprogramms waren zweifelsohne die Nominierungen in den Kategorien Kriminalroman, Debut-Kriminalroman und Kurzkrimi für den ‚Glauser‘, der jährlich vom Syndikat verliehen wird. Die Preisverleihung gab es einen Abend später im Cineplex.
Natürlich sollen die bisher in den Raum gestellten und ominös bis schaurig wirkenden Begriffe rund um das Criminale nicht unerläutert bleiben. Das Syndikat zum Beispiel ist nichts wovor man sich fürchten müsste: dahinter verbirgt sich der Zusammenschluss aus Krimi-Autoren, die dann über die Criminale jährlich zusammenkommen. Da es dabei auch jährlich um Preisverleihungen geht, kann man nicht leugnen, dass eine gesunde kompetitive Mentalität zwischen den Autoren vorliegen wird.
Ohne die sogenannten Patenschaften, die man reichlich im Marburger Umfeld finden konnte, wie das AquaMar, das Softwarehouse Inosoft, die Blindenstudienanstalt, die SPD-Geschäftsstelle, hätte es die Criminiale und das Syndikat aber deutlich schwerer. Die Paten stellen unter anderem schaurige Schauplätze zur Verfügung, an denen dann die perfidesten (keine Sorge, fiktiven) Verbrechen stattfinden dürfen. Klingt geradezu nach einer perfekten Kollaboration für das perfekte Verbrechen.
Die Criminale in Zusammenarbeit mit dem Syndikat, ist in Deutschland, Schweiz und Österreich tätig und setzt jährlich einen neuen regionalen Fokus. Dieses Jahr war es Marburg-Biedenkopf. Im nächsten Jahr wird es in Graz sein. Mit welchen kriminalistischen Abgründen man wohl in Zukunft beglückt wird? Es bleibt spannend, Fantasie ist ja schließlich grenzenlos.
Beim Empfang sollte mit einer Bilderpräsentation auf Leinwand im Rathaussaal Anschaulichkeit zur Tatorten hergestellt werden. Leider wurde dies durch schlechte, oftmals viel zu kleine Darstellung, zudem ohne Texterläuterungen, sehr dröge umgesetzt. Krimilesen ist deutlich spannender. Daniel Schulze