Via Verkehrsdebatte zum Antragsstau – Stadtverordnetenversammlung blockiert sich in Debattierlust
Marburg 23.5.2016 (yb) Die Maisitzung der neugewählten Stadtverordnetenversammlung ist als lähmendes, wortreiches Ritual dahingegangen, ein überwiegend kleinteiliges Hauen und Stechen mit überkommenen Positionierungen ohne Antworten auf drängende Fragen und Aufgaben. So konnten keine Stellvertreter/in für Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk gewählt werden. Im Vorfeld hatte es einen diffusen Deal gegeben, der jedoch in einstündiger Sitzungsunterbrechung via Ältestenrat ausgehebelt wurde: Vertagt. Diese Vertagung verschleppt nicht zuletzt Fragen zur Parteienrepräsentanz im Parlament und die Profilierung derzeit unklarer Mehrheitsoptionen.
Danach ging es schleppend weiter. Langatmige Debatte zur Fortschreibung der Nahverkehrsplanung 2016 – 2021, die jedenfalls offenbarte, dass es in und für Marburg an Durcharbeitung und Konzeptionierung zur Lösung der drängenden Verkehrsprobleme fehlt. Seit Monaten hat die Stadt wegen Überschreitung der Grenzwerte die schützen sollenden Restriktionen einer Umweltzone, doch verkehrspolitische Perspektiven tut keiner auf. Weiterso im politischen Stau und Schritttempo ganz und gar ohne Verve oder gar Vision.
Daran änderte auch ein Antrag zur Beförderung von E-Mobilität bevorzugt im ÖPNV in Marburg, sprich im Busverkehr nichts. Alle sind dafür, ein E-Bussystem wurde bereits getestet und alle stimmen schließlich zu. Die 24 veralteten Dieselbusse im Betrieb der Stadtwerke, von denen in der Umweltzone die Marburger Atemluft kontaminiert wird, sprach niemand an. Elektrobusse werden frei von Emissionen fahren. Das dauert noch seine Zeit.
Ein Antrag zum UB-Pakrplatz an der Wilhelm-Röpke-Straße begeisterte und beflügelte die Gemüter. Im Frühjahr hatte das Unipräsidium verkündet dort kein Parkdeck errichten zu wollen. Das konterkariert die städtischen Pläne zur Erhöhung der innenstadtnahen Parkplätze krass. Shaker Hussein (SPD) sieht die Universität angesichts der „Befreiung der Universität von Auflagen der Stellplatzordnung“ weiter in der Pflicht. Joachim Brunnet (CDU) sieht in der „Rücknahme des Bauvorhabens durch die Universität ein Scheitern der Rot-Grünen Verkehrspolitik“. Henning Köster formulierte Grundsatzkritik am Parkplatzbau als Bevorzugung des individuellen Personennahverkehrs. Hanke Bokelmann (FDP) begrüßt den Antrag den Magistrat meinungsbildend für ein Parkdeck tätig werden zu lassen, weil es am Erwin-Piscator-Haus nur fünf Stellplätze geben wird. Hans-Werner Seitz (GRÜNE) sieht in einem Parkdeck UB-Parkplatz ein gemeinsames Projekt von Stadt und Universität.
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zeigte Temperament in seiner Stellungnahme. Ihn verwundere der vermeintliche Wiederholungswert von Parkplatzdebatten in Marburg. Falsch sei es zu behaupten das Erwin-Picator-Haus sei ohne Parkplätze widersprach er und verwies auf Parkhaus Pilgrimstein und weitere in der Nähe, die einschlägig leer stehen würden. Ein vergrößerter UB-Parkplatz müsse mit den anderen Verkehrsträgern, wie Bussen, integriert und erschlossen werden.
Völlig sachlich die Stellungnahme von Bürgermeister Dr. Franz Kahle. Die vorhandenen Parkhäuser und -möglichkeiten in Marburg seien derzeit nicht ausgelastet. Eine angedachte Tiefgarage beim Hörsaalgebäude wäre nicht kostendeckend zu betreiben, laute die Aussage eines erfahrenen Betreibers. Der Antrag unterstütze den Magistrat Gespräche für ein Parkdeck UB-Parkplatz zu führen.
In der Abstimmung kam es zur großen Mehrheit, dagegen votierte die Marburger LINKE und der PIRAT. Mittlerweile war es 21.30 Uhr und Zeit für die Redaktion zu gehen.