Klare Kante und mahnende Worte gegen Rechts – 300 Antifaschisten in der Lutherstraße
Marburg 4.6.2016 – Gleich sechs Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei auf dem Parkplatz der Emil-von-Behring-Schule in der Sybelstraße. Die Staatsmacht ist präsent und ein junger Polizist in schwarzer Uniform zeigt sich gesprächsbereit, kennt das Marburger. und konstatiert anerkennend, dass es in Marburg eine starke Szene mit antifaschistisch Engagierten gibt. Ein starkes Polizeiaufgebot geht mir durch den Kopf und dass es bei den Uniformierten genauso demonkratisch denkende Zeitgenossen gibt. Weiter oben geht es hinter dem Baudenkmal Turnergarten links in die Lutherstraße. Gut 100 Meter oberhalb ebenfalls Polizei, viele männlich, eine Polizistin schwarzgewandet, Sperrgitter vor einer Villa (nicht das Haus der Rheinfranken!) und weitere Dienstfahrzeuge. Es ist noch vor 19 Uhr, dem Zeitpunkt der Kundgebung vor diesem Wohnhaus hinter hohen Sandsteinmauern. In das Haus der Rheinfranken (oberhalb gelegen) ist heute ein Repräsentant der AfD als Redner eingeladen.
Dubravko Mandic, Rechtsanwalt aus Freiburg, ist Vorsitzender des baden-württembergischen Landesschiedsgerichts der AfD und Mitglied im Bundesschiedsgericht der AfD-Jugendorganisation (JA). Innerhalb der AfD gelte Mandic als rechtsradikaler Scharfmacher, hatte die antifaschistische gruppe 5 in ihrem Aufruf zur heutigen Gegenkundgebung mitgeteilt. Langsam kommen die Demonstranten, die in Sorge wegen der rechtsradikalen Umtriebe bei der schlagenden Verbindung der Rheinfranken immer wieder Einhalt gebieten und die Marburger Öffentlichkeit alarmieren. Aus 50 werden 100, 200 und als dann zunächst Musik aus dem Lautsprecherwagen oben am Verbindungshaus schallt sind es gut 300 meistens junge demonstrierende Kundgebungsteilnehmer geworden, die sich in Ruhe und gemeinsamer Entschlossenheit versammlen.
Begrüßungsworte kommen von DGB-Sprecher Immelt, der mahnend vergegenwärtigt, dass vor und im Jahr 1933 schon einmal viel zu viele Menschen lange weggeschaut haben. Danach eine weibliche Stimme aus den Lautsprechern, für die mitveranstaltende Marburger antifaschistische gruppe 5. Sie klärt auf über die Rheinfranken, berichtet von anhaltenden rechtsradikalen und neonazistischen Aktivitäten, zählt Namen verstrickter Personen auf. Jedem der Versammelten wird klar, dass man hier vor einem Hornissennest steht.
10, vielleicht 12 Polizisten hinter dem Sperrgitter hören mit zu. Die allermeisten der Ordnungshüter sind unten in der Sybelstraße geblieben. Kein Bedarf für Repräsentanten der Staatsmacht in Kampfanzügen, mit Helmen und einschlägigen Utensilien am Gürtel. ‚Freitagabend frei, für die Polizei.‘ Gegen 19.30 wird es Zeit für mich zu gehen, in Wetzlar ist Nacht der Galerien. Dort erwarten mich Freunde und ein nun wirklich entspannenderes Angebot.
„Die Demo verlief ausgesprochen ruhig, einmal von guter Mukke und profunden Reden abgesehen. Gegen 21:30 bin ich dann als einer der Letzten ins Barfuß, deshalb auch die späte Mail“ teilt mir ein Bekannter später per Mail mit.
Klare Kante und mahnende Worte gegen Rechts – 300 Antifaschisten in der Lutherstraße sind an diesem Abend als Wächter und Beschützer unserer demokratischen Gesellschaft auf die Straße gegangen. Das ist notwendig, leider. Überflüssig war alleine eine halbe Hundertschaft dorthin beorderte Polizei.
Hartwig Bambey