Warum man mit 50 nochmal mit kleinen Kindern anfängt
Marburg 8.7.2016 (pm/red) Ellen (49 Jahre) erzählt, wie sie gefragt wurde, warum sie sich das Lernen und die Arbeit mit Kindern „in ihrem Alter noch antue“. Sie ist Teilnehmerin der Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin von Arbeit und Bildung e.V. Ihre klare Antwort ist: „Ich lerne, weil es mich interessiert und weil ich mir damit einen Jugendtraum erfülle.“ Seit der Schulzeit arbeitete sie als Verkäuferin und im Büro. Durch ihre eigenen Kinder hat sie ehrenamtlich zahlreiche Aufgaben an Kindergarten und Schule übernommen. Schon damals erfüllte sie diese Arbeit mit Freude, sagt sie.
Auch Gudrun (52 Jahre) hat nach 22 Jahren Büroarbeit ihren Wunsch nach einer Arbeit mit Kindern in die Tat umgesetzt. Freunde fanden ihren Schritt bewundernswert, erzählt sie stolz. „Am Anfang war das Lernen ungewohnt und schwer. Mit der Zeit aber habe ich den Fortschritt an mir selbst gesehen. Das hat mich bestätigt.“ So ging es auch Tanja (44 Jahre), für die der Neuanfang mit etlichen organisatorischen Hürden verknüpft war. Auch sie ist sicher, heute auf dem richtigen Weg zu sein. „Täglich freue ich mich auf die Arbeit und die neuen Lerninhalte.“
Die 18 Frauen und 2 Männer im Alter zwischen 27 und 52 Jahren nehmen an einer drei-jährigen Umschulung zum/r staatlich anerkannten Erzieher/in teil. Sie haben kürzlich ihre Aufnahmeprüfung an der Käthe-Kollwitzschule bestanden und damit den ersten Abschnitt der dualen Ausbildung geschafft. Seit August letzten Jahres lernen sie im wöchentlichen Wechsel von Theorie und Praxis die Grundlagen der Erziehungslehre.
Für den praktischen Teil arbeiten die Umschüler/innen an zwei Tagen in der Woche in Kindertagesstätten, manche auch in Schulbetreuungen oder helfen im Unterricht mit lernbehinderten Kindern.
Die Gruppe ist bunt gemischt und bringt vielfältige berufliche Hintergründe und Lebenserfahrungen mit. Emrah zum Beispiel (36 Jahre), er hat als Cutter beim Fernsehen gearbeitet, dann viele Jahre als Verkäufer von Medien-Produkten. Er hat festgestellt, dass er mit Kindern gut umgehen kann: „Früher habe ich nur wenig Lob bekommen für meine Arbeit. Wenn man mit Kindern arbeitet, bekommt man so viel zurück, das ist toll und so echt.“ Die Grundschullehrerin Elena nimmt den langen Ausbildungsweg in Kauf, da ihre Ausbildung hier nicht anerkannt wurde. Für sie kein Grund für Negativstimmung: „Ich profitiere sehr von der Deutschförderung und dem Erlernen der unterschiedlichen pädagogischen Ansätze hier in Deutschland, die anders sind als in meinem Heimatland.“
Sonja (31 Jahre) mit einer kleinen Tochter sieht ihre Erwartungen erfüllt: „Wir bringen alle unsere Lebenserfahrungen mit und sind eben keine 16 mehr. Wir wurden vom Pädagogenteam optimal vorbereitet und auch in den jeweiligen Einrichtungen klappt die Zusammenarbeit sehr gut. Da die Ausbildung in Teilzeit angeboten wird, habe ich am Nachmittag Zeit für mein eigenes Kind.“
Die Pädagogen von Arbeit und Bildung e.V. Monika Forneck und Ulrich Preis freuen sich über die motivierte Gruppe: „Unser Anliegen ist es, die erwachsenen Menschen durch ein möglichst wenig verschultes System nah an die Praxis und mit intensiven Fallbesprechungen an die Themen heranzuführen. Dabei kommt ihnen ihre Lebenserfahrung sehr zugute.“
Die Umschüler/innen wechseln nun zur Fachschulausbildung an die Käthe-Kollwitz-Schule, wo sie in den kommenden zwei Jahren ihre Ausbildung vollenden werden.
Bereits das sechste Mal bietet Arbeit und Bildung e.V. diese Umschulung an, die von der Agentur für Arbeit Marburg und dem KreisJobCenter Marburg-Biedenkopf gefördert wird und nach wie vor auf großes Interesse stößt. Kontakt und weitere Informationen: Volkhard Wolff, Abteilungsleiter Arbeit und Bildung e.V., wolff@arbeit-und-bildung.de