Weshalb Trump nicht US-Präsident wird
Marburg 20.8.2016 (pm/red) Donald Trump fehlt es an politischer Intelligenz, Geld und einem schlüssigen Wahlprogramm, lautet das Ergebnis einer aktuellen Analyse. Eine gute Alternative sehen viele aber auch in Hillary Clinton nicht, sagt Amerikanistik-Professor Dr. Daniel Stein von der Universität Siegen. 30 Minuten – genug Zeit für Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, um einen Atomkrieg zu beginnen. „Militärisch haben US-amerikanische Präsidenten fast alle Macht der Welt. Trump könnte im Alleingang innerhalb kürzester Zeit Langstreckenwaffen abfeuern lassen, ohne dass irgendjemand etwas dagegen tun könnte“, sagt Prof. Dr. Daniel Stein vom Lehrstuhl Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft der Uni Siegen und fragt: „Wollen die US-Amerikaner wirklich die Zukunft der Menschheit in die Hände eines Mannes legen, der nicht mit Kritik umgehen kann, ohne ausfallend zu werden?“
Egal ob eine Mauer an der Grenze zu Mexiko oder das Einreiseverbot für Muslime – „Donald Trumps Anhänger sind erschreckend loyal“, meint Stein, langjähriger USA-Experte, der vor kurzem den US-Generalkonsul Michael R. Keller für einen Vortrag an die Uni eingeladen hatte. Trumps Anhänger stehen hinter ihm, selbst wenn er laut darüber nachdenkt, nukleare Waffen einzusetzen. Das Land habe aufgrund seiner immensen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme keine Zeit für political correctness, verlautbart Trump.
Unter dieser Vorgabe stößt er Intellektuelle und Eliten des Landes ebenso wie ethnische Minderheiten, Muslime und Einwanderer vor den Kopf und greift sie an, erklärt Stein. Dazu komme, dass Latinos und Latinas bis Mitte des Jahrhunderts die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung stellen werden. „Der latente Frust über diesen demografischen Wandel wird jetzt öffentlich. Teile der Bevölkerung haben mit Trump die Legitimation gefunden, das zu sagen, was sie schon lange denken.“ Und die Dunkelziffer derer, die es zwar denken, aber sich bisher nicht öffentlich zu Trump bekennen, sei eine Unbekannte.
Es sei bewiesen, dass 75 bis 80 Prozent von Trumps Aussagen nicht der Wahrheit entsprechen. Aber seine Anhänger seien weitgehend resistent gegenüber rationalen Argumenten. Das mache die Sache so gefährlich. „Populistische Lösungsvorschläge sind verlockend, weil sie so simpel klingen. Alles, was man dem entgegensetzen kann, sind komplexe und oft auch unpopuläre Antworten. Klar, dass das nicht immer funktioniert. “
Trump stößt an seine intellektuellen Grenzen
Dass Trump oft beleidigt, provoziert und diskriminiert, sehen viele als Spektakel, Spiel mit der Angst und bewussten Tabubruch. „Das mag teilweise stimmen. Ich glaube aber, dass nicht alles Strategie ist, sondern Trump ganz einfach an seine intellektuellen Grenzen stößt. Er hält es nicht lange durch, seriöse Reden zu halten, bis er wieder etwas politisch gänzlich Unkluges von sich gibt. Das kann strategisch nicht gewollt sein.“ Deswegen glaubt Stein nicht, dass Trump zum Präsidenten gewählt wird.
Nach acht Jahren Obama wären nach dem üblichen Trend die Republikaner wieder an der Reihe. In der Vergangenheit hat sich das meist bestätigt. „Klar, wir müssen Trump ernst nehmen, aber ich glaube er wird sich vor der Wahl selbst sabotieren.“ Und Stein ist sich sicher: „Falls Trump tatsächlich Präsident werden würde, dann wäre er dieser Aufgabe nicht gewachsen.“ Dafür fehle ihm die politische Praxis und die Erfahrung in der Innen- und Außenpolitik, die Hillary Clinton als ehemalige Senatorin und Außenministerin besitzt.
Entscheidung zwischen Pest und Cholera
Das Problem: Für viele sei die Wahl zwischen Trump und Clinton eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Viele sähen Clinton als überambitioniert und machtorientiert an. Der Vorwurf: Sie handele nur aus Kalkül. Alle Frauen stimmen für Clinton? So einfach sei das nicht, sagt Stein. Besonders jüngere Feministinnen stellen sich gegen Clinton und sehen in Bernie Sanders Politik die bessere Alternative. Absurd sei auch: Trump ist dreimal geschieden, offen frauenfeindlich und hat ein junges Model als Ehefrau. „Er bedient alle Klischees. Man sollte meinen, dass vor allem religiöse Gruppen das nicht akzeptieren, aber es scheint ihnen mehrheitlich egal zu sein. Es wäre undenkbar, wenn Clinton dreimal geschieden wäre. Da wird mit zweierlei Maß gemessen.
“ Celebrity, Showmaster und Milliardär – so verkauft sich Donald Trump. Er möchte das Land wie einen Konzern führen, sagt er selbst. Dabei ist fraglich, wie erfolgreich der Geschäftsmann wirklich ist, meint Stein. Im Wahlkampf sei es Usus, dass alle Kandidaten ihre Steuererklärung offenlegen. Trump hat das bisher nicht gemacht. „Das legt nahe, dass er entweder gar nicht so viel Geld besitzt, wie er alle glauben machen will, oder dass niemand erfahren soll, aus welch ominösen Quellen das Geld kommt. Beides wirft kein gutes Licht auf ihn.“
Eingeworbene Spenden entscheiden darüber, was sich die Kandidaten im Wahlkampf finanziell leisten können. Während Clinton Wahlkampfspots veröffentlicht, setzt Trump vor allem auf 24-Stunden Beschallung via Twitter. Der Unterschied: Über Wahlkampfspots könne Clinton wohl überlegt die Menschen ansprechen, die bisher unentschlossen sind. Dafür nimmt sie viel Geld in die Hand. „Über 140 Zeichen auf Twitter kann Trump Kontroversen anstoßen, aber es ist unmöglich, komplexe Themen angemessen zu präsentieren. Trump scheint das Geld für Wahlkampfspots nicht zu haben. Damit gehen ihm viele potentielle Wähler verloren“, so Amerikanistik-Professor Stein abschließend.