Expansive Geldpolitik der EZB zum Überleben im Euroraum weiter notwendig
Marburg 5.1.2017 (pm/red) Die deutsche Wirtschaft bleibe 2017 in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld auf Wachstumskurs. Der moderate Aufschwung dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dringender Handlungsbedarf für die Finanz- und die Wirtschaftspolitik bestehe: Die stark expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei auch im neuen Jahr unbedingt nötig. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seinem Jahresausblick zu den wirtschaftspolitischen Herausforderungen 2017.
Ein Ausstieg aus dem großflächigen Ankauf von Wertpapieren, wie ihn etwa die Mehrheit der „Wirtschaftsweisen“ im deutschen Sachverständigenrat (SVR) fordert, würde große Risiken mit sich bringen. Zugleich sollte die Fiskalpolitik durch erhöhte öffentliche Investitionen über einen langen Zeitraum dringend benötigte Impulse für die Wirtschaft im Euroraum setzen. Das gelte insbesondere für Deutschland, aber nicht nur: Um ein ausreichend großes Volumen zu erreichen, müssen auch wirtschaftlich schwächere Euro-Länder mehr investieren können. Aus diesem Grund sollten die fiskalischen Regeln aktuell großzügig ausgelegt werden. Mittelfristig ist eine Reform der starren und engen europäischen Fiskalregeln erforderlich.
„Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den vergangenen 12 Monaten nicht gerade verbessert. Der Brexit und der Präsidentenwechsel in den USA sorgen für große Verunsicherung. Positive Entwicklungen wie die wirtschaftliche Stabilisierung in vielen Schwellenländern können dadurch leicht überlagert werden“, sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Um so wichtiger ist, dass die Wirtschaftspolitiker in Deutschland und bei seinen europäischen Partnern umsetzen, worüber sich abstrakt eigentlich alle einig sind. Wir müssen massiv in unsere Zukunft investieren, und das heißt: vor allem in Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz und die Arbeitsmarktintegration, nicht nur von Flüchtlingen. Der Investitionsstau in Deutschland lässt sich nicht über Nacht auflösen“, betont Horn. „Wir reden hier über eine Aufgabe für 10 bis 15 Jahre. Aber das muss auch kein Nachteil sein. Denn damit vergrößern wir unsere Wachstumschancen auf kurze und längere Sicht. Wir müssen nur endlich die Bemühungen verstärken und dranbleiben.“
Privater Konsum hält deutsche Wirtschaft auf Wachstumskurs
In seiner aktuellen Konjunkturprognose geht das IMK davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2017 um durchschnittlich 1,2 Prozent wachsen wird nach 1,8 Prozent im Vorjahr. Die Abschwächung erklärt sich in erster Linie durch die größere Zahl an Feiertagen, die in diesem Jahr auf einen Wochentag fallen, die konjunkturelle Dynamik hat sich kaum vermindert. Zum moderaten Aufschwung trägt vor allem der private Konsum im Inland bei. Der deutsche Export behauptet sich, kann aber angesichts recht schleppender Auslandsnachfrage per Saldo keinen Wachstumsbeitrag leisten. Wirtschaftliches Sorgenkind bleiben die Investitionen: Obwohl viele Unternehmen stark ausgelastet sind, scheuen sie die Anschaffung neuer Ausrüstungen.