Aufruf zum Osterspaziergang in Marburg
Zu Ostern machen wir uns erneut auf den Weg: Für Frieden und eine solidarische Gesellschaft.
• Wir wollen eine grundlegende politische Wende, um Kriege, Gewalt und Unterdrückung, Hunger und Massenelend zu beenden.
• Wir fordern eine drastische Umschichtung der öffentlichen Haushaltsausgaben: Anstatt weiterer Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 2% des Bruttoinlandsprodukts (wie innerhalb der NATO festgelegt), fordern wir Abrüstung und damit freiwerdende Geldmittel für Bildung, Gesundheit, Umwelt und Wohnen.
• Wir fordern von der deutschen Politik die Unterstützung des im letzten Jahr von der großen Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten beschlossenen Vertrages zum Verbot von Atomwaffen. Der bereits 2010 getroffene Bundestagsbeschluss zum Abzug der US-Atomwaffen am Standort Büchel muss endlich umgesetzt werden. Alle Pläne zur „Modernisierung“ der Atomwaffen müssen unverzüglich gestoppt werden.
• Wir fordern die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr.
• Wir fordern eine friedliche und soziale Entwicklung der Europäischen Union. Dem stehen deren beschleunigte militärische Integration für weltweite Einsätze entgegen sowie die moralisch zu verurteilende, todbringende Abschottung gegen Flüchtlinge.
• Wir fordern eine Entspannungspolitik gegenüber Russland anstatt Säbelrasseln und Wirtschaftssanktionen.
• Wir fordern Rüstungskonversion und einen Stopp aller (!) Waffenexporte.
• Wir treten der Militarisierung der Gesellschaft und der immer aggressiveren Werbung der Bundeswehr entgegen. Nur mit einer Politik, die auf gewaltfreie Konfliktlösung und internationale Kooperation setzt – anstatt auf Konfrontation und Wirtschaftssanktionen – können auch Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus überwunden werden.
Abrüsten statt aufrüsten ist das Gebot der Stunde. Wir werben dafür, die Erklärung „Abrüsten statt Aufrüsten“ zu unterzeichnen, um massiven Druck auf die Haushaltsberatungen 2019 zu machen. Auf uns, die friedensbewegten Menschen, kommt es an, eine Politik des Friedens durchzusetzen.
Für Erinnerungskultur und Völkerverständigung statt Kriegsverherrlichung und Militarismus
Auch in unserer Stadt gilt: Wahlmandate verpflichten zu Friedens- und Abrüstungspolitik, die dem Hass, Rassismus und Militarismus entgegentritt. Eine Mehrheit im Marburger Stadtparlament aus SPD, Grünen, Linken und Piraten hat im November 2017 erfolgreich das Ansinnen, in Marburg „Zeichen öffentlicher Wertschätzung“ für die Division Schnelle Kräfte anzubringen, verhindert.
Wir setzen uns auch in Marburg für eine Politik der Völkerverständigung ein, die den Opfern von Kriegen und Militarismus ein würdiges Gedenken bereitet. Die rückwärtsgewandte „Kameradschaft Marburger Jäger“ verherrlicht bis heute die Geschichte und die Gewalttaten der ehemals in Marburg stationierten Militäreinheit. Dank einer kritischen Aufarbeitung durch die Marburger Geschichtswerkstatt wissen wir, an welchen Gräueltaten die Marburger Jäger beteiligt waren. Vom Einsatz bei der Niederschlagung der Pariser Commune 1871 über die Beteiligung am Völkermord an den Nama und Herero in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, in den Jahren von 1904 – 1908 zieht sich die Blutspur durch die Geschichte der Marburger Jäger. Es waren Marburger Jäger, die 1914 an dem Kriegsverbrechen gegen die belgische Zivilbevölkerung in Dinant beteiligt waren. Dafür hat sich die Universitätsstadt Marburg bei den Bürger/innen in Dinant entschuldigt. Freiwillige der Jäger haben sich 1918/19 für Grenzschutzaufgaben in Oberschlesien gemeldet. Dort sind bei einer Arbeiterdemonstration am 3. Januar 1919 mindestens 16, wenn nicht 20 Menschen im Gewehrfeuer Marburger Reservejäger umgekommen.
Es gilt, sich der Opfer zu erinnern und ihrer ehrend zu gedenken. Daher begrüßen und unterstützen wir den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, im Schülerpark eine Gedenkinstallation zu Ehren der Opfer der Marburger Jäger zu errichten und einen Kunstwettbewerb mit verschiedenen Künstler/innen auszurichten. Wir erwarten vom Magistrat, dass nach der Bewertung des Kunstwettbewerbs auch zeitnah damit begonnen wird, die Gedenkinstallation im Schülerpark zu realisieren.
Wir wollen Kriegsverherrlichung und Militarismus nicht hinnehmen. Noch immer steht in Marburg-Bortshausen ein Kriegsdenkmal, dort platziert von der genannten ‚Kameradschaft Marburger Jäger’, mit dem die Täter geehrt und die Opfer des deutschen Imperialismus entwürdigt werden. Mit einem hanebüchenen Urteil verhinderte das Gericht den von der Stadt geforderten Rückbau des Steins, trotz anhaltender Proteste seitens einer Bürgerinitiative, verschiedener friedensbewegter Gruppen und eines eindeutigen Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung. Selbst das Hessische Wirtschaftsministerium hatte die Aufstellung als nicht rechtens charakterisiert und die „Beseitigung“ des Steins gefordert. Wir bleiben dabei: Das Kriegsdenkmal muss zurückgebaut werden!