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„Die Wohnung ist leider schon weg, Frau Gülbeyaz“

Marburg 26.02.2019 (wm/red) Die Bremer Sprachwissenschaftlerin Inke Du Bois hat mit ihren Studentinnen einen Test gemacht, dessen Ergebnisse sie inzwischen in einer vielbeachteten Studie zusammengefasst hat. Mit türkischem Akzent, amerikanischem Akzent und hochdeutscher Aussprache haben die Studierenden in vier Stadtteilen Vermieter um einen Termin für eine Wohnungsbesichtigung gebeten. Das nachdenkenswerte Ergebnis: Vorurteile gegenüber Migranten sind Alltag, auch in Bremen.

„Sprachliche Diskriminierung quer durch Stadtteile: Türkische, US-amerikanische und deutsche Namen und Akzente bei der Suche nach städtischen Wohnungen“ ist der Titel der Studie, die Inke Du Bois in englischer Sprache verfasst hat. Mit 300 Telefonaten reagierten ihre Studentinnen auf Wohnungsgebote in Gröpelingen, Walle, Tenever und Schwachhausen. „Wir haben vorher verbindliche Standards festgelegt und systematisch trainiert“, sagt die Lektorin in der Anglistik. So haben sich die Anruferinnen bei Nachfrage als alleinstehende Krankenschwestern mit demselben Einkommen ausgegeben. Auch die Gesprächsführung war festgelegt. Ebenso die Namen: Die Türkinnen meldeten sich bei Vermietern oder Maklern mit Ayse Gülbeyaz. Die Deutschen als Lena Meyer, die Amerikanerinnen hießen Alice McGraw.

„Riesenspaß“ bei der Forschung

„Meine Studierenden hatten bei dieser Forschungsarbeit einen Riesenspaß, sie haben aktiv wichtige Ergebnisse erbracht und zu einem größeren Projekt beigetragen“ bemerkt die Sprachwissenschaftlerin. Während der Telefonate führten die Anruferinnen Forschungstagebücher. „Selbstverständlich habe ich das Projekt in der Ethikkommission der Universität vorgestellt und die Genehmigung bekommen“, sagt sie. „Bei einem positiven Besichtigungsbescheid haben wir außerdem rechtzeitig abgesagt, um niemanden umsonst warten zu lassen.“

Spannende Frage: Was ist herausgekommen?

Die Studentinnen haben innerhalb einer Stunde zeitlich versetzt mit unterschiedlichen Akzenten Vermieterinnen, Vermieter, Maklerinnen und Makler angerufen. Und siehe da: Auch wenn eine Wohnung für eine Türkin schon vergeben war, erhielt die deutsche Krankenschwester wenig später einen Besichtigungstermin. Die wissenschaftliche Analyse der Testergebnisse zeigte innerstädtische Unterschiede: Im prestigeträchtigen Schwachhausen hatten türkisch akzentuierte Anruferinnen deutlich geringere Chancen auf eine Wohnungsbesichtigung. Nur 23, 5 Prozent von ihnen erhielten einen Termin, während 94,7 Prozent der Deutschen eine Wohnung besichtigen konnten. Generell erhielten die Standard-Deutschen in allen Stadtteilen die meisten Besichtigungstermine. Bis auf Tenever, wo Anruferinnen mit türkischem oder amerikanischem Akzent nur ganz leicht unter den Deutschen lagen, „marginal signifikant“.

Namen aktivieren Vorurteile

„Meine Studie sollte aufdecken, dass viele Menschen unbewusste Vorurteile haben, die allein durch das Hören von Namen und Akzent schnell aktiviert werden“, sagt Inke Du Bois. Sie ist Teil eines Forschungsnetzwerks mit der University of Sheffield, wo ähnliche Untersuchungen gelaufen sind. Gemeinsam mit ihrer dortigen Kollegin Nicole Baumgarten hat die Bremer Sprachwissenschaftlerin einen mit 50.000 Euro dotierten Forschungspreis der British Academy erhalten. „Soziolinguistik“ ist ihr Fachgebiet, in dem sie bereits ihre Doktorarbeit verfasste. Die Forschungsergebnisse aus Bremen und Sheffield werden in diesem Herbst im englischen „Journal of Language and Discrimination“ erscheinen.

Auch freundliche Vermieter

„Ich hoffe, dass sich die Positionen allmählich wandeln und unsere Gesellschaft Migrantinnen und Migranten nicht ausgrenzt“, sagt Dr. Du Bois. „Es gab nämlich auch Vermieterinnen und Makler, die gerade gegenüber den alleinstehenden Türkinnen ausgesprochen nett reagiert haben. Das ist ein gutes Zeichen.“

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