Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

14.11.2024 (pm/red) Mit vielfältig intergalaktischen Programmen samt neuer Musikshow können Besucher in Hessens größtem Planetarium ab  1. November 2024 wieder zu fernen Galaxien reisen. Am 23. Oktober haben Wissenschaftsminister Timon Gremmels und Direktor Martin Eberle …

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„Kassel als junge Großstadt“ – Ein Bildband zeigt verschwundene Pracht der Nordhessenmetropole

Kassel 01.12.2019 (yb) Von Kassel ist allgemeinhin bekannt, dass die Stadt zum größten Teil in Zweiten Weltkrieg zerstört worden ist. Im Oktober 1943 wurden die umfangreich vorhandenen Anlagen der Rüstungs- und Kriegsindustrie in Kassel Ziel eines verheerenden Bombenangriffes. Rund 10.000 BewohnerInnen haben dabei ihr Leben lassen müssen und neben den Rüstungs- und Industrieanlagen ist der allergrößte Teil des Stadtgebietes mit einem massiven Bombardement mit Tausenden von Bomben unwiederbringlich zerstört worden.

Diese Zerstörung Kassels ist einher gegangen mit einem mehrfachen Trauma, das die Menschen über  Jahrzehnte begleitet und belastet hat. Neben den menschlichen Opfern und Belastungen ist Kassel damit weitgehend ihr in Jahrhunderten gewachsenes und gestaltetes Stadtbild zerstört und geraubt worden. In sieben Jahrzehnten ist seitdem die Stadt mit siginifikant neuem Stadtbild wieder aufgebaut worden.

Ein gutes Beispiel für gelungenen Wiederaufbau gibt die „Fünfziger-Jahre-Architektur“ in weiten Teilen der heutigen Innenstadt, zum Beispiel in der Treppenstraße, der seinerzeit ersten Fußgängerzone in Deutschland. Zum Wiederaufbau in Kassel hat gehört, dass man in weiten Teilen dem „Leitbild autogerechte Stadt“ gefolgt ist. Es wurden zudem nicht alle Gebäude wieder aufgebaut, deren baulicher Zustand dies durchaus zugelassen hätte. Junge Stadtplaner und Architekten sahen ihre Chance für eine moderne Stadt Kassel und haben dies leidenschaftlich vertreten. Damit zeigt sich Kassel heute in einer Mixtur rekonstruierter Bauwerke und moderner Architektur – ein Stadtbild mit Brüchen, Gegensätzen in Ablesbarkeit einer weitgehenden Zerstörung.

Späte Entdeckung und Wiederkehr der Fotografien von G. F. Leonhardt nach Kassel

Plakat der Leonhardt-Foto-Ausstellung 2019

Es ist ein schwer erklärbares Phänomen, dass ein großer Fundus herausragender Fotografien des Kasseler Fotografen Georg Friedrich Leonhardt (1850 – 1929) viele Jahrzehnte als Teil eines umfangreichen Nachlasses in Kartons und Schubladen erhalten wurde. Unentdeckt, vergessen aber gut verwahrt hat Ulrich Helbing als Urenkel des Fotografen das Erbe seines Großvaters bewahrt und sorgsam zusammen gehalten. Seit 2012 versuchte er erfolglos in Kassel beim Stadtmuseum und Stadtarchiv Interesse dafür zu wecken, wollte den Nachlass seines Großvaters Paul Heidelbach, darunter die etwa 200 Original-Fotografien von dessen Schwiegervater G.F.Leonhardt, zurück nach Kassel geben. Sein Werben blieb jahrelang erfolglos. Es dauerte bis zur 14. documenta im Jahr 2017, die Ulrich Helbing – wie jede der Weltkunstausstellungen zuvor – als gebürtiger Kasseler besuchte. Am Friedrichsplatz begegnete er dem Verleger Hartwig Bambey und man kam ins Gespräch. Beim Besuch im Hause Helbing ein Jahr später war dann das Staunen groß bei dem Verleger, der zur documenta einen umfangreichen Reiseführer für Kassel veröffentlicht hatte. Als Teil des umfangreichen Nachlasses seines Großvaters Paul Heidelbach zeigte Ulrich Helbing die zahlreichen Kassel-Fotografien von Georg Friedrich Leonhardt. Sie waren entstanden in der Zeit zwischen 1890 und 1913, dem Jahr als Kassel seine Tausend-Jahrfeier begangen hat.

Von der Entdeckung der Leonhardt-Fotografien zur Ausstellung in Kassel

66 Fotografien wurden mit der ersten Leonhardt-Ausstellung großformatig in Rahmen mit erläuternden Bildunterschriften gezeigt. Dazu gab es in einer Vitrine Originale zu sehen. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Es bedurfte keiner großen Überzeugungsarbeit des Verlegers, Ulrich Helbing war sofort einverstanden die herausragenden Fotografien für eine (erste) Fotoausstellung in Kassel zur Verfügung zu stellen. Gedacht, gestaltet und gemacht – vom 5. September bis 25. Oktober 2019 wurde eine erste Auswahl von 66 Fotografien in einer Fotoausstellung in Kassel präsentiert. Die Kasseler Sparkasse stellte dafür ihre Galerie in ihrem Fünfziger-Jahre-Gebäude in der Wolfsschlucht zur Verfügung. Die Ausstellung wurde ein signifikanter Publikumserfolg. Sehr viele Menschen aus Kassel und Umgebung kamen als Besucher, weshalb die ursprüngliche Präsentationszeit um zwei Wochen verlängert wurde.

Leonhardt als fotografischer Chronist des alten Cassel

G.F. Leonhardt hatte zwischen 1883 und 1898 ein Fotostudio in Kassel, dazu einen Verlag für Ansichtskarten, hier das Logo für Studio Leonhardt.

Anstelle eine Kataloges hat der Sternbald Verlag die Ausstellung zum Anlass genommen einen Bildband mit den Fotografien von Georg Friedrich Leonhardt herauszugeben. 105 Fotografien, und damit deutlich mehr als in der Ausstellung gezeigt wurden, sind dafür ausgewählt worden. Damit gelingt es ein weitgehendes Portrait der Kassel in der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg zu zeigen. Der Fotograf Leonhardt erweist sich in seinen hinterlassenen Fotos geradezu als Chronist der Stadt mit den Mitteln der Fotografie. Es gab zahlreiche Fotografen in dieser Zeit in Kassel, doch von keinem sind auch nur annähernd viele Fotos überliefert und bekannt. Es kann als Phänomen, ja als Entdeckung gelten, dass im Werk von Leonhardt ein dergestalt umfassendes Abbild der jungen Großstadt Kassel auszumachen ist. Die nachgelassenen Fotografien als Teil des Heidelbach-Nachlasses sind ein wahrer Silberschatz, in dem sich in herausragender Art und Weise die Stadt dokumentiert findet.

Das Foto aus dem Jahr 1890 zeigt den damaligen Friedrich-Wilhelmsplatz. Darin den heutigen Scheidmannplatz als „Nachfolger“ wahrzunehmen fällt schwer.

Für den Bildband konnte der renommierte Kunst- und Fotohistoriker Wolfgang Kemp als Autor eines ausführlichen Beitrags gewonnen werden. Kemp bespricht zahlreiche Fotografien und stellt sie dabei sowohl in einen stadtgeschichtlichen Zusammenhang, wie er die fotografischen Eigenarten von Leonhardt betrachtet. Der illustrierte Essay gibt dem Bildband eine zusätzliche inhaltliche Dimension indem der Frage nachgegangen wird, in welcher Weise der Fotograf die oftmals in seinen Fotos abgebildeten Personen als „Figuranten“ oder „Statisten“ bis hin zu „Maßstabsmenschen“ in den Aufnahmen kunstvoll platziert und damit inszeniert hat oder ob er sie einfach nur abgebildet hat.

Im Jahr 1901 entstand diese Totalansicht des Friedrichsplatzes von G.F. Leonhardt.

Mit dem Titel „Kassel als junge Großstadt“ präsentiert dieser Bildband zum größten Teil unkannte und unveröffentlichte Fotografien der Stadt. Insofern wird das Bild der Stadt Kassel mit diesem Buch deutlich geöffnet und erweitert. Es finden sich Fotos aus dem Bereich der Fulda, von Straßen und Szenierien in der Altstadt, Karlsaue, Schöne Aussicht, Weinberg, Ständeplatz, Bahnhof, Hohenzollernviertel, Wilhelmshöher Allee und aus demn Bergpark Wilhelmshöhe, mithin ein weites Spektrum an Örtlichkeiten, die bisher in der Abbildung der Stadt aus der Zeit vor weit mehr als 100 Jahren gefehlt haben.

Wie sich die Ansichten wandeln und doch dabei in Grundzügen ähnlich bleiben, zeigt das Leonhardt-Foto von Rathaus und Oberer Köngisstraße aus dem Jahr 1912.

Der Bildband hat das Format 21 x 24 cm mit 128 Seiten Umfang. Als gebundenes Buch mit Fadenheftung präsentiert er die Fotos in vorzüglicher Druckqualität. Alles Fotos finden sich in Bildunterschriften hinsichtlich Aufnahmezeitpunkt und Örtlichkeit erläutert. Hinzu kommen Texte zum stadtgeschichtlichen Zusammenhang sowie eine Vita des in diesem Buch entdeckten und vorgestellten ungewöhnlichen Fotografen G.F. Leonhardt.

Der Bildband „Kassel als junge Großstadt“ ist im örtlichen Buchhandel und beim Verlag zum Ladenpreis von 24 Euro erhältlich (ISBN 978-3-924296-61-2).

 

 

 

 

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