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Vorträge, Workshops, Exkursionen zum Hexenjahr in Marburg

Kassel 27.02.2020 (pm/red) Weit mehr als 100 Menschen verbindet das Thema Hexenglaube und Hexenverfolgung in Marburg. Sie haben an dem vielfältigen Programm zum Themenschwerpunkt des Jahres 2020 „Andersartig. Hexen.Glaube.Verfolgung“ mitgewirkt, das am 15. März in der Marburg gestartet wird. Eine 140 Seiten starke Broschüre dazu wurde im im Historischen Rathaussaal vorgestellt.

Wer hätte gedacht, dass es eine so rege Beteiligung am Schwerpunkthema Hexenglaube und Hexenverfolgung geben würde, als die Stadtverordnetenversammlung 2018 die Rehabilitierung der Opfer der Hexenverfolgung beschloss? „Wir sind wahrlich beeindruckt, dass sich so viele Marburger BürgerInnen zu diesem Thema einbringen“, sagte Oberbürgermeister und Kulturdezernent Dr. Thomas Spies. „Mit dem Themenschwerpunkt ,Andersartig.Hexen.Glaube.Verfolgung‘ in Marburg wollen wir dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte von möglichst vielen Seiten beleuchten – schon allein um sicher zu stellen, dass sich die Vergangenheit niemals mehr wiederholt“, erklärte das Stadtoberhaupt.

Es haben sich bereits mehr als 100 Menschen aus der ganzen Stadt an der Aufarbeitung beteiligt. Und dabei sind noch nicht all diejenigen gezählt, die täglich in den Einrichtungen bei der Realisierung der Projekte helfen: die Mitglieder, Vorstände und Kassenwarte von Vereinen und Initiativen oder die Mitarbeitenden der beteiligten Einrichtungen wie der Stadt Marburg, der Evangelischen Kirche, der Philipps-Universität, des Hessischen Staatsarchivs, der Archivschule Marburg und des Cineplex. Der Start zur Veranstaltungsreihe „Andersartig.Hexen.Glaube.Verfolgung“ bedeutet für sie nicht das Ende der Beschäftigung mit dem Thema – er läutet den Erinnerungsprozess eigentlich erst richtig ein. Denn dass dieses „alte“ Thema der Frühen Neuzeit heute irgendwie noch aktuell, vielschichtig und emotional aufgeladen ist, zeigten die Vorbereitungen im vergangenen Jahr.

Seit 2019 versammelte Dr. Christine Amend-Wegmann, Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur, zusammen mit dem Fachdienst Kultur ganz unterschiedliche Menschen um sich, um das Thema aus verschiedenen Perspektiven auszuleuchten: sei es gestalterisch-kreativ, wie es der Verein FrauenKunstGeschichte oder das Marburger Kammerorchester tun, oder fachlich-wissenschaftlich, wie es die Beiträge der Archivschule oder der Universität sind. „Ich bin Dr. Spies sehr dankbar, dass er das Thema dem Fachdienst Kultur und dem Gleichberechtigungsreferat zur Gestaltung anvertraut hat“, betonte Dr. Elke Therre-Staal, die das Thema zusammen mit Elke Neuwohner angeregt hatte. „

Und danke den vielen Menschen, die sich mit Herzblut engagieren und dieses Programm zusammengestellt haben“, ergänzte Neuwohner. Bereits im Februar stimmen zwei Ausstellungen im Hessischen Staatsarchiv Marburg auf das Jahr ein: „Zauberei ist des Teufels selbs eigen Werk“ beschäftigt sich mit der Geschichte der Hexenverfolgung in Hessen. Die Porträtausstellung „Hexenjagden“ des Ethnologen Dr. Felix Riedel zeigt mit modernen Hexenjagden in Ghana eindrücklich, dass Ausgrenzung und Denunziation von Menschen heute noch brandaktuell sind.

Am 15. März setzt dann das Hexenjahr mit einem Gottesdienst ein. In der Lutherischen Pfarrkirche werden die Universitätsstadt Marburg und die Evangelische Kirche der Opfer der Hexenverfolgung offiziell gedenken.  „Die evangelische Kirche weiß sich für die Abgründe ihrer Geschichte verantwortlich – und zugleich der Aufklärung tief verbunden“, sagte Burkhard zur Nieden, Dekan des Evangelischen Kirchenkreises Marburg. Verantwortungsübernahme und Gedenken sollen auch zum Abschluss am Buß- und Bettag, 18. November, im Mittelpunkt stehen. In einem zweiten Gottesdienst mit anschließendem Konzert der Kölner Musikerin Maria Jonas soll namentlich an die Opfer erinnert werden. Zwischen diesen Eckdaten spannt sich ein ganzes Kaleidoskop an Veranstaltungen: zwei Ringvorlesungen, fünf musikalische Angebote, Vorträge, Workshops und Seminare, eine wissenschaftliche Tagung, Ausstellungen, Installationen, Kinofilme, Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Führungen und Exkursionen.

Besonders ist, dass auch BürgerInnen im Rahmen der Vorträge ihre Ergebnisse im Historischen Rathaussaal präsentieren – unter einem Wandgemälde, das ein Strafgericht aus der Zeit der Hexenverfolgung in Marburg darstellt. Dort wird auch der Historiker Dr. Ronald Füssel aus seiner Studie darüber lesen, was in Marburg wirklich geschah: etwa, dass der Hexenturm  tatsächlich ein historisch verbürgter Ort des Geschehens war. Im Gedenken daran wird am Hang unterhalb des Turmes ein Ringelblumenfeld vom Fachdienst Stadtgrün gesät.

Überhaupt werden die Ringelblume und andere „Hexenkräuter“ das ganze Jahr über im Stadtbild auftauchen – als Symbol für ein Wissen, das vermeintlichen Hexen seit jeher zugeschrieben wurde. Denn dass die Verwendung von allerlei Kräutern zur Zauberei gehört, weiß schon der Volksmund. Damit beschäftigt sich denn auch die Veranstaltungsreihe „Magie der Kräuter“. Sie startet im April mit dem Marburger Frühling und begleitet das Hexenjahr botanisch. „Wir haben mit so viel Interesse anfangs nicht gerechnet. Aber das zeigt: Das Hexenjahr und das Thema Hexenverfolgung spiegelt so vieles, das unsere Gesellschaft auch heute bewegt“, sagte Ruth Fischer, Leiterin des Fachdienstes Kultur.

Mit all diesem will das Themenjahr „Andersartig.Hexen.Glaube.Verfolgung“ zum Nachdenken und Weiterforschen anregen. Die Broschüre ist nach ihrer Vorstellung an den bekannten Stellen in Marburg und beim Fachdienst Kultur erhältlich.

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