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BIP-Rückgang um 4,0 Prozent 2020 prognostiziert

Kassel 03.04.2020 (pm/red) Das IMK prognostiziert BIP-Rückgang um 4,0 Prozent 2020 und Wachstum um 2,4 Prozent 2021. Die Corona-Pandemie treibt die Wirtschaft in diesem Jahr in eine tiefe Rezession – sowohl in Deutschland und Europa als auch weltweit. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im Jahresdurchschnitt 2020 um 4 Prozent schrumpfen, so die neue Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Diese Prognose beruht freilich auf bestimmten Annahmen. Inzwischen verlautbart der Bundeswirtschaftminister bereits die Aussage, dass es zu einem Konjunktur- bzw. Wchstumseinbruch in Höhe von 9 Prozent kommen könne.

Dabei könnte es noch schlimmer kommen, wird auch vom IMK mitgeteilt: Voraussetzung für den Rückgang von „nur“ 4 Prozent isei, dass die aktuell herrschenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens in Deutschland ab Anfang Mai wieder gelockert werden – was die Forscher derzeit für realistisch halten. 2021 würde die Wirtschaftsleistung dann wieder um 2,4 Prozent im Jahresmittel wachsen. Das IMK ist optimistisch, dass unter diesen Bedingungen die umfangreichen Stabilisierungsmaßnahmen von Bund und Ländern den Schaden auf dem Arbeitsmarkt zumindest begrenzen können: Die Zahl der Arbeitslosen steigt nach der Prognose in diesem Jahr um durchschnittlich rund 150.000 und 2021 um weitere 100.000 Personen, die Arbeitslosenquote nimmt moderat auf 5,3 und 5,5 Prozent im Jahresdurchschnitt zu (alle weiteren Daten unten).

„Bund und Länder, aber auch die europäische Zentralbank, haben auf vielen Feldern schnell das Richtige getan, um die ökonomischen Folgen dieser dramatischen Krise zu mildern“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. Kurzfristigen Verbesserungsbedarf sehen die Wissenschaftler aber noch an zwei wichtigen Punkten: Erstens sollten das Arbeitslosengeld I und vor allem das Kurzarbeitergeld temporär aufgestockt werden, um die Einkommensverluste von Betroffenen zu begrenzen. Wo möglich, seien dafür tarifliche Regelungen zielführend.

In besonders betroffenen Branchen, in denen Unternehmen einen fast kompletten Umsatzeinbruch und wenig Spielräume hätten, könnte alternativ „über eine Erhöhung der Ersatzleistung aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit nachgedacht werden, möglicherweise auch nach Einkommen gestaffelt, so dass vor allem niedrige Einkommen aufgestockt werden“, schreiben die Wissenschaftler. Zweitens sollten die Euro-Länder gemeinsame Schuldverschreibungen ausgeben, um auch finanziell schlechter ausgestatteten Mitgliedsstaaten des Euroraums eine wirksame Antikrisenpolitik zu ermöglichen.

Insbesondere die Stabilisierung der Kaufkraft durch höheres Kurzarbeitergeld sei sehr wichtig, da die neue Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei, betont Dullien. Verschiebe sich die Lockerung der Kontaktsperre etwa von Anfang Mai auf Anfang Juli, drohe ein mehr als doppelt so starker Einbruch des BIPs wie jetzt vorhergesagt. „Es wird extrem wichtig sein, die Wirtschaft so schnell wie möglich wieder auf Touren zu bringen. Dabei spielt der private Konsum eine entscheidende Rolle, er ist die zentrale Starthilfe für den Konjunkturmotor. Die Menschen sollten also Geld in der Tasche haben, wenn die Läden wieder öffnen“, sagt Dullien.

Kerndaten der Prognose für 2020 und 2021

– Arbeitsmarkt –
Die lange positive Entwicklung bei der Beschäftigung kommt durch die Corona-Pandemie zu einem abrupten Ende. „Ein teilweiser oder sogar vollständiger Stillstand der deutschen Wirtschaft und des Arbeitsmarkts stellen eine nie dagewesene Situation“ mit enormen Risiken dar, schreiben die Experten des IMK. Allerdings stimme das bislang schnelle und abgestimmte Handeln von Regierung und Sozialpartnern hoffnungsvoll, dass der tiefe wirtschaftliche Einbruch nicht in gleichem Maße auf die Beschäftigung durchschlage. Im zweiten und dritten Quartal 2020 werde die Zahl der Erwerbstätigen zwar merklich sinken, im Jahresdurchschnitt sei der Verlust mit 0,1 Prozent allerdings moderat. Im kommenden Jahr geht die Erwerbstätigkeit trotz prognostizierter wirtschaftlicher Erholung noch einmal um 0,3 Prozent zurück, weil der Arbeitsmarkt zeitversetzt reagiert.

Die Zahl der Arbeitslosen steigt 2020 um etwa 150.000 Personen, so dass im Jahresdurchschnitt rund 2,42 Millionen Menschen ohne Job sein werden. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,3 Prozent. Für 2021 erwartet das IMK, dass die Arbeitslosenzahl um weitere 100.000 Personen im Jahresdurchschnitt zunimmt. Die Quote steigt auf 5,5 Prozent.

– Außenhandel –
Auch die meisten wichtigen Handelspartner durchlaufen 2020 durch die Corona-Pandemie eine tiefe Rezession, an die sich laut IMK-Prognose 2021 aber eine gewisse Erholung anschließt. So sinkt das BIP in der gesamten EU in diesem Jahr um 4,0 Prozent, im kommenden Jahr steigt es um 1,8 Prozent. In den USA schrumpft die Wirtschaft 2020 um 3,1 Prozent, 2021 wächst sie dann wieder um 2,0 Prozent, in Japan liegen die Werte bei -3,3 und 0,7 Prozent. Die chinesische Wirtschaft wird nach der IMK-Prognose in diesem Jahr stagnieren (minimale BIP-Zunahme um 0,1 Prozent), 2021 dann um 9,0 Prozent zulegen. Die weltwirtschaftliche Krise trifft die deutschen Ausfuhren in diesem Jahr schwer. Das IMK rechnet mit einem Rückgang der Exporte um 6,7 Prozent. Die Importe brechen ebenfalls ein und nehmen um 5,5 Prozent ab. Im kommenden Jahr erholt sich der Außenhandel dann wieder, ohne dass die Verluste zunächst vollständig wettgemacht werden: Die Exporte nehmen im Jahresmittel 2021 um 4,0 Prozent zu, die Importe um 5,2 Prozent.

– Investitionen –
Auch die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen brechen infolge des Corona-Schocks ein und sinken 2020 um 4,4 Prozent im Jahresdurchschnitt. 2021 nehmen sie dann um 3,0 Prozent zu. Die Bauinvestitionen bleiben in der Krise relativ robust, wobei Wohnungsbau und öffentliche Vorhaben zulegen, während der Wirtschaftsbau lahmt. Unter dem Strich nehmen die Bauinvestitionen 2020 um jahresdurchschnittlich 2,8 Prozent und 2021 um 2,4 Prozent zu.

– Einkommen und Konsum –
Die verfügbaren Einkommen gehen im Jahresdurchschnitt 2020 real um 1,4 Prozent zurück. 2021 nehmen sie um 1,2 Prozent zu. Die realen privaten Konsumausgaben schrumpfen laut IMK in diesem Jahr sogar um durchschnittlich 2,0 Prozent, weil neben den Einkommensrückgängen die zeitweilige Schließung von Gastronomie, Geschäften und Dienstleistungseinrichtungen durchschlägt. Die Sparquote steigt in diesem Jahr um 0,5 Prozentpunkte (auf 11,4 Prozent) und sinkt in 2021 wieder auf das Niveau von 2019. Für das kommende Jahr prognostizieren die Ökonomen bei den privaten Konsumausgaben dann eine reale Zunahme um 1,6 Prozent

– Inflation und öffentliche Finanzen –
Die Verbraucherpreise steigen etwas langsamer als 2019 und bleiben weit unter der Zielinflationsmarke der EZB: 2020 und 2021 nehmen sie um 1,1 bzw. 1,2 Prozent zu.

Die Ausgaben der Sozialversicherungen steigen in der Krise, Bund und Länder reagieren auf den tiefen wirtschaftlichen Einbruch in diesem Jahr mit umfangreichen finanziellen Hilfsmaßnahmen. „Dieser expansive finanzpolitische Kurs ist der Situation angemessen und zur konjunkturellen Stabilisierung auch absolut notwendig“, schreiben die Experten des IMK. Da 2020 auch die Steuereinnahmen voraussichtlich um ungefähr ein Prozent zurückgehen, ergibt sich nach acht Jahren mit Überschüssen ein gesamtstaatliches Budgetdefizit von gut 93 Milliarden Euro oder 2,8 Prozent des BIP.

Allerdings wird bei diesen Zahlen ein großer Teil der von der Bundesregierung und den Landesregierungen auf den Weg gebrachten Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen und Selbständige wie Steuerstundungen und Soforthilfe noch nicht berücksichtigt, weil keine ausreichenden Details über die Programme vorliegen. Unter Beachtung dieser Maßnahmen wird das gesamtstaatliche Defizit eher in der Größenordnung von 5 Prozent des BIP liegen. Im kommenden Jahr wird sich die erwartete konjunkturelle Belebung positiv auf die öffentlichen Haushalte auswirken. Es bleibt aber zunächst bei einem Defizit von dann 86 Milliarden Euro oder 2,5 Prozent des BIP. Eine Neuverschuldung ist angesichts einer zuvor stetig gesunkenen Schuldenstandsquote und sehr niedriger Zinsen kein Problem, betonen die Forscher.

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