Zielscheiben von Zorn und Wut im lokalen Umfeld – Beratungsnetzwerk Hessen bietet gezielte Hilfen für Kommunen an
Kassel 16.06.2020 (pm/red) Anfeindungs- und Bedrohungssituationen nehmen auch in hessischen Städten und Gemeinden zu. Das „Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ intensiviert deshalb sein kostenfreies Angebot, um Kommunen hier gezielt Hilfestellung zu geben.
Kommunen sehen sich derzeit mit vielen Problemen konfrontiert: In und nach der Coronakrise werden sich nicht nur deren ökonomischen Auswirkungen, sondern auch die sozialen und gesellschaftlichen Folgen dort am ehesten zeigen. Unzufriedenheit und entstehende Polarisierungen – siehe die gegenwärtigen sogenannten „Hygienedemos“ mit teilweise populistischer Staatskritik und kruden Verschwörungsmythen – bis hin zu extremistischen Tendenzen mit verbalen und körperlichen Bedrohungen werden auf lokaler Ebene zuerst wirksam und ausgetragen. Auch Probleme beim Thema „Integration von Geflüchteten“ schwelen in der Bevölkerung vor Ort weiter. Hier will das „Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ betroffenen Städten und Gemeinden konkrete Hilfen und Angebote geben.
Lokale Säulen der Demokratie
Hintergrund: BürgermeisterInnen, OrtsvorsteherInnen und andere KommunalpolitikerInnen übernehmen als Schlüsselakteure im Gemeinwesen mit viel Engagement Verantwortung. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag für ein friedliches Miteinander und den Erhalt der Demokratie. Dafür gebührt ihnen Respekt, Anerkennung und Schutz. Das gilt auch für die vielen MitarbeiterInnen in den Verwaltungen. Doch immer häufiger sind kommunalpolitisch Verantwortliche Anfeindungen und Beleidigungen, Einschüchterungen, Bedrohungen oder respektlosem und aggressivem Verhalten bis hin zu unmittelbarer Gewalt ausgesetzt.
Hass und Hetze gegen Mandatsträger
Laut einer aktuellen Umfrage der Zeitschrift „Kommunal“ im Auftrag von „Report München“ vom März 2020 wurden knapp zwei Drittel (64 Prozent) aller Bürgermeister in Deutschland schon einmal beleidigt, beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Vor einem Jahr waren es noch 41 Prozent bei der entsprechenden Umfrage. Und auch Mitarbeiter in der Verwaltung und Gemeindevertreter werden angegriffen. Sechs von zehn sind schon einmal persönlich beleidigt oder bedroht, jeder Fünfte sogar körperlich angegriffen worden. Hass-Briefe und Hass-E-Mails gehören zu ihrem Arbeitsalltag. Dabei betreffen solche Angriffe gegen kommunalpolitische Mandats-, Amts- und Verantwortungsträger*innen nicht nur die einzelne Person und ihre Angehörigen, sondern sie sind zugleich auch Angriffe auf unsere demokratische Kultur und die rechtsstaatliche Ordnung, die sie vertreten.
Verstärktes Hilfsangebot des Beratungsnetzwerks Hessen und der örtlichen Polizei
Mit seinem neuen gezielten Angebot berät und begleitet das Beratungsnetzwerk Hessen kommunalpolitisch Verantwortliche im Umgang mit Anfeindungen und Bedrohungen. Es hilft in akuten Fällen wie auch präventiv, z. B. beim Aufbau von geeigneten Strukturen und Handlungsstrategien zur Verteidigung und Stärkung unserer Demokratie vor Ort.
Es bietet dazu professionelle Unterstützung und Fortbildungsangebote (Schulungen, Workshops, Vorträge etc.) an. Konkret beraten, begleiten und unterstützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Netzwerks interessierte Kommunen bei der Analyse und Einschätzung der vorliegenden Lage sowie der Entwicklung von individuellen Handlungskonzepten oder der Entwicklung von Solidarisierungsprozessen im Gemeinwesen vor Ort.
Darüber hinaus stehen natürlich die örtlich zuständigen Polizeidienststellen bei sicherheitsrelevanten Sachverhalten oder bei Verdacht von strafbaren Handlungen, aber auch im Hinblick auf eine präventive Verhaltens- und Objektberatung als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Polizeiliche Experten für Prävention im politisch-motivierten Kontext sind ebenfalls in allen Polizeipräsidien ansprechbar. So kennen diese studierten Experten polizeiliche, aber auch zivilgesellschaftliche Präventionsangebote und können an sie verweisen bzw. gemeinsam tätig werden. Zivilgesellschaftliche und polizeiliche Beratungs- und Unterstützungsangebote ergänzen sich somit idealtypisch und beispielgebend.
Koordiniert wird die Kommunenhilfe vom Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg als der zentralen Anlauf-, Fach- und Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerks. Verwirklicht wird das Angebot in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden in Hessen, insbesondere mit dem Hessischen Städte- und Gemeindebund, sowie mit dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS). Die Angebote des Beratungsnetzwerks Hessen werden finanziert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ sowie das Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“.