Linolschnitte von Philipp Hennevogl in der Brüder-Grimm-Stube
Kassel 23.06.2020 (pm/red) „Das Geheimnis lüften“ – unter diesem Titel stellt Philipp Hennevogl Linolschnitte bis zum 7. August in der Brüder-Grimm-Stube aus. Die Schau ist eigentlich Begleitprogramm der diesjährigen Sommerakademie, die wegen Corona ausfallen muss. Der Fachdienst Kultur hat trotzdem alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Ausstellung unter veränderten Bedingungen stattfinden zu lassen und sich dabei einen ganz besonderen Leckerbissen überlegt.
„Das Kunstwerk ist eine imaginäre Insel, die rings von Wirklichkeit umbrandet ist“, eröffnet Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies mit einem Zitat von José Ortega Y Gasset die Ausstellung „Das Geheimnis lüften“. Sie zeigt vom 23. Juni bis zum 7. August in der Brüder-Grimm-Stube Linolschnitte des Berliner Künstlers Philipp Hennevogl. „Die Insel der Kunst ist im Moment von furchtbaren Zeiten umgeben und fast wäre uns diese abhandengekommen“, verwies der Kulturdezernent darauf, dass die Sommerakademie das erste Mal seit ihrem Bestehen ausfällt.
Die Ausstellung war ursprünglich als Begleitprogramm zur 43. Marburger Sommerakademie geplant, die aber coronabedingt ausfallen muss. „Die Pandemie mit ihren Folgen ist die Wirklichkeit, die unser Leben derzeit umbrandet. Aber dennoch, und dem zum Trotz“, so Spies, „muss es auch Inseln geben, die uns zur Ruhe kommen lassen, uns Kraft und Inspiration geben. Und zu diesen Inseln gehören auch die künstlerischen Arbeiten Hennevogls, auf die wir keinesfalls verzichten wollten.“ Deswegen hat der Fachdienst Kultur ein Konzept entwickelt, um in den kommenden sieben Wochen ein wenig vom berühmten ‚Sommerakademie-Feeling‘ mit Analogem und Digitalem in die Gegenwart zu retten.
„Neu ist, dass unsere Sommerakademie – die wohl älteste ihrer Art in Deutschland – durch die Krise den Schritt in die Digitalität gewagt hat“, erläutert Britta Sprengel, Leiterin der Sommerakademie. „Weil unsere Teilnehmer*innen und Dozent*innen so traurig über die Absage ihres jährlichen Kreativurlaubs waren, haben wir uns – zusammen mit den beiden neuen Künstlerischen Leiterinnen, Ana Laibach aus Mannheim für den bildenden und Selina Senti aus Berlin für den darstellenden Bereich, – kurzerhand entschlossen, einen kleinen Teil des Programms ins Internet zu verlagern.“ Derzeit werden Videoanleitungen, morgendliche Übungsanleitungen, kreative Impulsgeber, Tipps oder Links mit Infos und Kurzfilmen zu den Künstler*innen erstellt, die ab dem 20. Juli auf der Homepage der Sommerakademie zu finden sein werden. Die Angebote sind kostenlos – manches ist exklusiv für die Teilnehmer*innen, manches für alle zugänglich. „Ein geplantes ,Familienalbum‘ sammelt Selfies und Fotos aller Beteiligten, so dass eine – wenn auch virtuelle – Verbindung trotz Corona möglich bleibt. Ein Abstecher auf unsere Webseite lohnt sich also“, so Sprengel.
Dort finden sich auch Fotos und Audiopodcasts, mit denen Philipp Hennevogl seine Bilder und sein Schaffen vorstellt. Ausgangspunkt jedes Werks ist für Hennevogl zunächst die Fotografie, die dann in einen Linolschnitt transformiert wird. Anders als erwartet führt dies jedoch nicht zu einem schlichten Realismus, sondern der Bezug zum Realen wird auf frappierende Art und Weise unterlaufen. „Das große Thema meiner Arbeiten ist das Drama des Zufalls“, sagt Philipp Hennevogl. Zu sehen sind die großen Register der Kunstgeschichte: Stillleben, Porträts, Landschaften, Architekturen. Diese geraten zu Vexierbildern, in denen das Dargestellte zu oszillieren beginnt: es schwingt zwischen Realismus und Abstraktion, zwischen Fläche und Linie. Somit stehen sie in einer Tradition, in der sie zugleich eine ganz eigenständige Position einnehmen. Denn es geht in Philipp Hennevogls Werken um das Sehen selbst. „Wenn die Motive mich anspringen, dann habe ich gleich eine Vorstellung, wie das in meiner Kunst aussehen soll“, so Hennevogl.
Wer nicht ins Internet gehen möchte, um Hennevogl zu erleben, soll jedoch nicht ausgeschlossen bleiben. „Bei der Planung der Ausstellung mussten wir uns die Fragen stellen: Wie machen wir sie trotz der Corona-Pandemie zugänglich? Welche Möglichkeiten finden wir, sichere Ausstellungsbesuche zu ermöglichen?“, erzählt Ariadne Hohndorf vom Fachdienst Kultur. Dafür hat sich der Fachdienst ein besonderes Bonbon ausgedacht. „Weil ja auch die Vernissage in der Nacht der Kunst ausfallen muss, möchten wir Museumsfreund*innen ein ganz ungewöhnliches Erlebnis anbieten: die Minivernissage mit Lieblingsmensch. Bis zum 19. Juli kann von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 18 Uhr ein Zeitfenster bei uns per E-Mail gebucht werden, in dem man sich ganz exklusiv zu zweit die Ausstellung anschauen kann“, berichtet Hohndorf von der außergewöhnlichen Idee. Der Eintritt ist frei. Durch die Ausstellung führt dann die Stimme des Künstlers Philipp Hennevogl via Audioguide in dieser privaten halben Stunde, in diesem Privatissimum. Der Fachdienst Kultur hält außerdem für die zwei „Lieblingsmenschen“ eine kleine Überraschung bereit.
Vom 21. Juli bis zum 7. August ist die Ausstellung dann von Dienstag bis Sonntag in der Zeit von 13 bis 18 Uhr ohne Voranmeldung für alle geöffnet.