Ein Bett auf dem Biedenkopfer Marktplatz – Frauennotruf Marburg stellt die „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ vor
Kassel 15.09.2020 (pm/red) Am Freitag den 18. September will der Frauennotruf Marburg e.V. auf dem Wochenmarkt in Biedenkopf auf das Projekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ aufmerksam machen. Eine Schlafzimmerkulisse inklusive Bett, Nachttisch, Teppich und Stehlampe werden auf dem Markplatz in Biedenkopf stehen. Damit wollen die Frauen vom Frauennotruf Marburg e.V. irritieren und mit den Passanten/innen ins Gespräch kommen. Über die Themen, die sonst ungern besprochen werden. Es geht beispielsweise über den weit verbreiteten Irrglauben, die meisten Vergewaltigungen passierten draußen im Freien und würden vor allem durch Fremde verübt. Das Gegenteil sei der Fall, wird informiert.
Die meiste sexualisierte Gewalt passiert im Privaten- Zuhause, z.B. im scheinbar sicheren Rückzugsort des eigenen Schlafzimmers, wird mitgeteilt. Die Täter seien in den wenigsten Fällen Fremde, sondern Freunde, Bekannte, Ex- Partner, Ehemänner, Dates, usw. Mit diesen und vielen anderen Mythen rund um das Thema Vergewaltigung möchte der Frauennotruf Marburg e.V. aufräumen.
Die Beratungsstelle bietet Beratung zu den Themen sexualisierte Gewalt und Stalking. Betroffene, Menschen des sozialen Umfelds und Fachkräfte finden dort Unterstützung. Das Projekt Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung Gleichzeitig möchte der Frauennotruf Marburg e.V. mit der Aktion auf das Angebot der „Medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigung“ im Landkreis Marburg – Biedenkopf aufmerksam machen. In Kooperation mit dem Uniklinikum Marburg (UKGM) und dem Gesundheitsamt Marburg- Biedenkopf wurde eine Struktur geschaffen um Betroffenen nach einer Vergewaltigung sensible medizinische Akutversorgung auf Wunsch auch mit vertraulicher Spurensicherung anzubieten, ohne dass dafür eine Anzeige bei der Polizei gemacht werden muss.
Damit sind juristisches und medizinisches Vorgehen von einander entkoppelt. Ziel der Open Air Bettaktion ist es, das Angebot einem weitläufigeren Publikum bekannt zu machen und die Struktur nachhaltig im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu festigen. Betroffene können sich nach einer Vergewaltigung Tag und Nacht an das UKGM (Standort
Marburg) wenden und dort sofortige medizinische Unterstützung erhalten. Wenn von den Frauennotruf Marburg e.V. – Neue Kasseler Str. 1 – 35039 Marburg Beratung bei Vergewaltigung,
Belästigung & Stalking 06421-21438 frauennotruf-marburg@gmx.de. www.frauennotruf-marburg.de
Wenn von Betroffenen gewünscht, werden dabei DNA-Spuren gesichert, die dann für ein Jahr rechtssicher aufbewahrt werden. Diese Sachbeweise können in einem möglicherweise angestrebten Gerichtsverfahren essentiell sein. Viele Betroffene einer Vergewaltigung trauen sich nicht ins Krankenhaus oder in eine niedergelassene Arztpraxis zu gehen, aus Angst, dort
würde gegen ihren Willen die Polizei gerufen werden. Denn Betroffene wollen nicht unbedingt immer eine Anzeige machen oder sind aufgrund fehlender Informationen direkt nach dem Tatzeitpunkt unentschlossen.
„Eine angemessene medizinische Versorgung hat oberste Priorität. Sie sollte möglichst zeitnah erfolgen. Die betroffenen Frauen haben ein Recht auf Versorgung von Verletzungen und auf Antworten zu ihren Gesundheitsfragen, z. B. ob sie Medikamente benötigen“, erklärt Dr. Malin Jansen, Oberärztin der Gynäkologie im Universitätsklinikum Marburg. Das Modell der Medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigung nimmt den Betroffenen den Druck sich sofort für eine Anzeige entscheiden zu müssen. Betroffene werden außerdem von den Ärztinnen und Ärzten auf das Beratungsangebot des Frauennotruf Marburg e.V. hingewiesen.
„Wenn eine medizinische Untersuchung unkompliziert und ohne Sorge, dass die Polizei involviert wird, in einem Krankenhaus durchgeführt werden kann, nimmt dies enormen Druck aus der Situation und gibt den Frauen das Gefühl, die Kontrolle über sich und ihren Körper wiederzugewinnen, Gleichzeitig werden wichtige Spuren gesichert, die nur 72 Stunden nach der Tat
aufgenommen werden können.“, weiß Rebekka Jost vom Frauennotruf Marburg e.V.
Medizinische Soforthilfe als Teil der Istanbul-Konvention
Seit April 2017 wird die „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ durch die finanzielle Unterstützung des Landkreises Marburg- Biedenkopf und der Stadt Marburg vom
Frauennotruf Marburg e.V. in Kooperation mit dem Gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf umgesetzt. Damit ist im Landkreis eine verlässliche Versorgungsstruktur für Betroffene von
Vergewaltigung geschaffen, welche den Anforderungen der Istanbul- Konvention (Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
und häuslicher Gewalt) entspricht. Weitere Informationen zum Projekt unter www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de oder www.frauennotruf-marburg.de oder telefonisch unter der 06421-21438.