Investitionsrückgang und Beschäftigungsabbau: Angespannte konjunkturelle Situation in Nordhessen und der Region Marburg
Kassel 17.10.2020 (pm) Trotz vielfältiger Maßnahmen zur Stützung der aktuellen wirtschaftlichen Situation verzeichnen viele Betriebe in Nordhessen und dem Kreis Marburg deutliche Umsatzrückgänge über nahezu alle Branchen hinweg. Weite Teile der Wirtschaft spüren die Auswirkungen der Corona-Pandemie, was zu großer Unsicherheit vor allem im Hinblick auf die zukünftigen Erwartungen führt. Insbesondere die konsumtiven Branchen verzeichnen deutliche Rückgänge. Der Klimaindex fällt auf 90,5 Punkte (Jahresanfang 107,0 Punkte, Vorjahr 101,6 Punkte) von maximal 200 möglichen Punkten. Damit liegt er erstmals seit Herbst 2008 (Finanzkrise) unter 100 Punkten und damit unter dem Mittelwert.
„Sorge bereiten uns verschiedene richtungsweisende Indikatoren. Der kräftige Rückgang bei den geplanten Investitionen zum Vorjahr und der prognostizierte Stellenabbau in der Region. Beides deutet auf einen tieferen Einschnitt hin, zumal auch die beschäftigungsintensive Industrie diese Signale aussendet“, sagt IHK-Präsident Jörg Ludwig Jordan. Insgesamt beabsichtigt jedes vierte Unternehmen Stellen abzubauen. Bei der Industrie liegt diese Quote bei fast jedem dritten Betrieb. Dank verbesserter Kurzarbeiterregelungen hätten die Unternehmen bisher die Arbeitsplätze weitestgehend erhalten können.
„Hinsichtlich der aktuellen Umsatzauswirkungen durch die Pandemie zeigt sich ein heterogenes Bild. Immerhin sagen 17,4 % der Betriebe, dass Sie keine Auswirkungen beim Gesamtumsatz erwarten und nur 5,8 % gehen von einem Umsatzrückgang von über 50 % aus. Die Betroffenheit in den einzelnen Branchen ist natürlich unterschiedlich ausgeprägt. Gastronomie, Veranstaltungsdienstleister und Reisebranche sind übermäßig negativ betroffen“, erläutert der IHK-Präsident.
Welche Auswirkungen hat die COVID-19-Pandemie voraussichtlich auf Ihren Gesamtumsatz im Jahr 2020 (Anfang Januar bis Ende Dezember)?
10,1 % Umsatzsteigerung
17,4 % Keine Auswirkungen
16,1 % Rückgang um bis zu 10 %
26,8 % Rückgang um mehr als 10 % bis zu 25 %
15,5 % Rückgang um mehr als 25 % bis zu 50 %
5,7 % Rückgang um mehr als 50 %
8,5 % Derzeit keine Einschätzung möglich
„In den einzelnen Branchen sind die Investitionsgüterproduzenten und die Bauindustrie Lichtblicke. Die Skepsis hinsichtlich der zukünftigen Erwartungen ist aber auch in diesen beiden Branchen spürbar“, ergänzt der Präsident. Nach Ansicht der IHK Kassel-Marburg wird das anstehende Weihnachtsgeschäft für Gastronomie und Handel von besonderer Bedeutung sein. Das Gastgewerbe meldet einen Klimaindex von 52,8 Punkten (Jahresanfang 104,3 Punkte, Vorjahr 110,4 Punkte) – ein historisch schlechter Wert. Der Handel geht mit 97,2 Punkten (Jahresanfang 105,6 Punkte, Vorjahr 122,3 Punkte) in den wichtigen Jahresendspurt.
„Wir müssen einen erneuten Lockdown unbedingt vermeiden. Die Einhaltung von Verhaltensmaßnahmen ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller. Darüber hinaus müssen ideologiefrei Maßnahmen diskutiert werden, die dem Handel und der Gastronomie jetzt nützen können. Das können Heizpilze in der Außengastronomie und verkaufsoffene Sonntage in der Vorweihnachtszeit sein“, merkt der IHK-Präsident an. Er ergänzt: “Es ist schade, dass der Verlustrücktrag vom Bundesrat nicht verlängert wurde. Das hätte allen Firmen erleichtert, liquides Eigenkapital in dieser schweren Zeit sicherzustellen, da die Auswirkungen der Pandemie sich auch deutlich in das Jahr 2021 erstrecken werden.“