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Hautkrebs spürt keinen Druck

Kein Gespür für Druck: Schaltet man die Rezeptoren Plexin-B1 und Plexin-B2 aus, so finden sich in Hauttumoren zahlreiche Krebszellen, die mechanische Kräfte nicht mehr wahrnehmen können und sich unkontrolliert teilen (rot gefärbt). Die Aufnahme eines Gewebeschnitts der Maus zeigt Hautepithelzellen in grün, Zellkerne in blau. Foto AG Worzfeld

Kassel 26.02.2021 (wm) Europaweite Kooperation klärt auf, wie gesunde Stammzellen der Haut mechanische Kräfte wahrnehmen. Krebszellen der Haut haben die Eigenschaft, sich unkontrolliert zu vermehren. Gesunde Stammzellen dagegen „spüren“ den Druck benachbarter Zellen und reduzieren daraufhin ihre Vermehrung. Marburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Pharmakologen Professor Thomas Worzfeld haben diesen Mechanismus nun erforscht. In Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern aus Finnland und Großbritannien konnten erstmals Rezeptoren in den Stammzellen identifiziert werden, die für die Wahrnehmung von mechanischem Druck verantwortlich sind. In untersuchten Tumorzellen fehlten diese hingegen nahezu vollständig. „Die Rezeptoren könnten daher neue Ansätze in der Erforschung der krankhaften Zellteilung von Tumoren liefern“, erläutert Thomas Worzfeld, der die Studie leitete.

In mehrzelligen Lebewesen entstehen spezialisierte Zellen aus Stammzellen, die teilungsfähig sind. Auch Gewebe wie die Haut entwickeln sich durch die Teilung von Stammzellen. „Durch die Zellteilungen nimmt die Zahl der Stammzellen zu. Da ihnen jedoch nur ein begrenzter Platz zur Verfügung steht, komprimieren sich die Stammzellen zunehmend gegenseitig“, legt Worzfeld dar. Die Kompression führt zu einer Hemmung der Zellteilung. Dies sorgt dafür, dass sich die Stammzellen nicht unkontrolliert vermehren. „Wie Stammzellen der Haut mechanische Kräfte wahrnehmen können, war bislang jedoch kaum bekannt“, führt der Hochschullehrer aus.

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nahmen sich Proteine aus der Familie der Plexine vor, die in der Zellmembran verankert sind; sie tragen in vielen Geweben dazu bei, dass Zellen miteinander kommunizieren können. Die Forschungsgruppe schaute sich zunächst beispielhaft an, wie die Haut bei Mausembryonen entsteht: Schaltet man Plexine aus, so können Stammzellen den Druck der Nachbarzellen nicht mehr spüren und es kommt es zu übermäßiger Zellteilung. Die Haut enthält deshalb zu viele Zellen und verdickt sich.

„Unsere Studie zeigt, dass Plexine eine Schlüsselstellung einnehmen, wenn es um die Wahrnehmung mechanischer Kräfte geht, die auf Stammzellen der Haut wirken“, erläutert Erstautor Chen Jiang, der seine Doktorarbeit in Worzfelds Arbeitsgruppe anfertigt. Die Ergebnisse bieten nicht nur neue Einblicke in die Bildung der Haut im Embryo, sondern auch in die Entwicklung von Krebs: In menschlichen Hautkrebszellen liegt viel weniger Plexin-Protein vor als in gesunden Zellen, stellte das Forschungsteam fest. Schaltet man Plexin-Rezeptoren bei Mäusen aus, so können sich Tumorzellen der Haut stärker vermehren. „Unsere Untersuchungen zur Wahrnehmung zellulärer Kompression durch Plexin-Proteine könnten daher für die weitere Erforschung des Wachstums von Hauttumoren medizinisch von Belang sein“, berichten die Autoren,

Der Mediziner Professor Dr. Thomas Worzfeld leitet das Pharmakologische Institut am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg. Neben seiner Arbeitsgruppe beteiligten sich zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität sowie weiterer Forschungsinstitutionen aus der Bundesrepublik sowie Finnland und Großbritannien an der Veröffentlichung. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Juséliusstiftung aus Finnland sowie der Chinesische Stipendienrat unterstützten beteiligte Forscherinnen und Forscher finanziell,

Originalveröffentlichung: Chen Jiang & al.: Mechanochemical control of epidermal stem cell divisions by B-plexins, Nature Communications 2021

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